Unter Forschenden gilt die Mekong-Region als biologische "Wundertüte". Jedes Jahr entdecken sie in Kambodscha, Laos, Myanmar, Thailand und Vietnam bislang unbekannte Tier- und Pflanzenarten. Einem aktuellen WWF-Report zufolge wurden allein im Jahr 2020 eine Säugetierart, 35 Reptilien, 17 Amphibien, 16 Fische und 155 Pflanzen entdeckt. In der rund 800.000 Quadratkilometer großen Region konnten seit 1997 mehr als 3000 neue Arten klassifiziert werden.
Auf die neuen Spezies stoßen die Wissenschaftler*innen nicht immer zuerst in freier Wildbahn. Ein orange-brauner Molch mit auffälligen "Teufels"-Hörnern fiel einem aufmerksamen Forscher in einem 20 Jahre alten Reisemagazin über Thailand auf. Er machte sich auf die Suche – und wurde im Norden des Landes fündig.
Das nun wiederentdeckte Säugetier dagegen, ein Langur, war zunächst nur aus dem Natural History Museum in London bekannt. Der Abgleich mit dem 100 Jahre alten Museumsexemplar zeigte: Was einem Team von WWF und Fauna und Flora International (FFI) in die Fotofalle getappt war, war ein Vertreter der für ausgestorben gehaltenen Art Trachypithecus popa.
Einzigartiger Hotspot der Artenvielfalt
Die Region Greater Mekong gilt mit ihren bis 5000 Meter hohen Gebirgen, Trockenwäldern, Feuchtgebieten und Mangroven, mit hohen Jahresniederschlägen und einem feuchtheißen Klima als einer der wichtigsten Hotspots der Artenvielfalt weltweit. Weite Teile der Region sind bis heute schwer zugänglich.
Dennoch ist der Lebensraum auch der nun neu entdeckten Arten bedroht. Seit den 1970er Jahren wurden rund 1,2 Millionen Hektar Wald jährlich gerodet, zudem sind am Mekong und seinen Nebenflüssen rund 150 Wasserkraftanlagen geplant. Eingriffe in die Lebensräume sensibler Spezies sind einer der wichtigsten Gründe für das weltweite Artensterben.
"Viele Arten könnten aussterben, bevor wir überhaupt von ihrer Existenz erfahren", sagt Thomas Ziegler, Kurator am Zoologischen Garten Köln. "Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit."