Eine wochenlange Hitzewelle hatte die Wälder an der Westküste der USA völlig ausgetrocknet. Dann wirbelten trockene und böige Föhnwinde durch die Bundesstaaten Kalifornien, Oregon und Washington - eine Serie von Blitzeinschlägen entfachte Waldbrände entlang der Küste. Bald fraßen sich die Flammen durch die schier unendlichen Wälder und gerieten völlig außer Kontrolle.
Auf Satellitenbildern ist gut zu erkennen, wie dichte Rauchschwaden aus dem Waldgebiet fast die gesamte Südwestküste der USA überziehen. Die Flammen lassen verbrannte Erde und obdachlose Menschen zurück. Hunderte Häuser brannten völlig ab, Tausende Menschen fliehen vor den Flammen. In Oregon seien sogar fünf Städte größtenteils zerstört worden, zitiert der Spiegel Gouverneurin Kate Brown.
„Seht ihr, wie Kalifornien jetzt aussieht?“, schreit ein Mann, den die New York Times zitiert. „Es regnet Asche, wirklich, es regnet Asche! Wir können nicht mal mehr atmen! Schaut euch den Himmel an, lasst die Welt wissen, was hier in Kalifornien passiert.“
Der Himmel, in den der Mann starrt, ist feuerrot. Nicht am Horizont, sondern überall scheint Rauch zu stehen; so dicht, man könnte ihn mit dem Messer schneiden.
Welches Ausmaß die Brände erreicht haben, machen Aufnahmen des Earth Observatorium der NASA deutlich. Wenn Sie den weißen Balken über unten stehende Abbildung ziehen, wird deutlich: Was aus dem All aussieht wie normale Wolken über dem Pazifik, sind gigantische Rauchschwaden vom Festland. Die eingefärbten Bereiche beschreiben dichte Aerosolwolken - je röter, desto dichter. Die rot eingezeichneten Punkte an der US-Westküste markieren Feuerausbrüche seit dem 9. September.
Die Stadt schimmert feuerrot
Die Westküsten-Metropole San Francisco ist von dieser verheerenden Zerstörung verschont geblieben. Die Silhouetten der Golden Gate Bridge und der Bay Bridge jedoch verschwinden seit Tagen in ebenjenem orange-rotem Rauch, so scheint es - vom Festland aus lässt sich die weltberühmte Gefängnisinsel Alcatraz kaum mehr erspähen.
In den Straßen San Franciscos jedoch kann man meist unbeschwert atmen, an manchen Tagen riecht es nicht einmal nach Rauch. Die Stadt leuchtet dennoch orange und rot. Wie kann das sein?
Die Erklärung liegt in der Luft: Vom Pazifik strömen kalte, feuchte Luftmassen auf das Festland, dort können sie sich über Wochen festsetzen. Dicht über der Erdoberfläche bildet die kalte Meeresluft eine relativ stabile Luftschicht, die sich nicht mit anderen vermischt, wird sie nicht durch Winde aufgewirbelt.
Rauchgeschwängerte Luftmassen ziehen über die klare Meeresluft
Der dichte Rauch, der von den Brandherden im Inland aufsteigt, wird von leichten Winden Richtung Küste getragen, zieht über die kalte Luft und setzt sich dort fest. Die Partikel der oberen, rauchgeschwängerten Luftschicht sind dafür verantwortlich, dass alles unter ihnen orange leuchtet - weil sie das Licht der Sonne besonders streuen.
Das Sonnenlicht in seiner puren Form empfinden wir als weiß, obwohl es aus der gesamten Bandbreite der elektromagnetischen Wellen in unterschiedlichen Längen besteht. Diese Wellenlänge entscheiden darüber, wie wir Licht wahrnehmen, das bei uns auf der Erde ankommt. Auf dem Weg dorthin kollidiert es mit Gasmolekülen wie Sauerstoff und Stickstoff und verändert seine Richtung - das Licht wird gestreut.
Kurzwellige, als blau wahrgenommene Lichtstrahlen werden von den Sauerstoff- und Stickstoffmolekülen besonders häufig abgelenkt - weshalb uns ein klarer Himmel strahlend blau erscheint.
Moleküle weit überhalb der Stadt streuen das Sonnenlicht
Die größeren Rauchpartikel der Waldbrände streuen weitaus mehr Wellenlängen des Sonnenlichts - auch das uns grün und violett erscheinende - und verteilen diese in der Atmosphäre. Die langen Wellenlängen des Lichts, die es durch die Rauchschicht geschafft haben, nehmen wir als rot und orange wahr. Das Sonnenlicht wird also auf dem Weg in die San Francisco Bay gebrochen und erscheint dort - auch in der kalten, klaren Luft des Pazifiks - als leuchtendes Inferno. So ist auch erklärbar, warum San Franciscos Bürger frei atmen können, obwohl sie scheinbar inmitten dichter Rauchschwaden stehen.
Wirbeln jedoch Winde die Pazifik-Luftmassen wieder auf, sinkt die verrauchte Luft Richtung Erdboden und macht das Atmen schwer - es regnet Asche.