Grüne Eisberge, die durch das abgelegene Südpolarmeer treiben? Obwohl Seefahrer und gar Wissenschaftler in den letzten Jahrzehnten immer wieder von Sichtungen dieser Art sprachen und entsprechende Bilder von ihren Expeditionen mitbrachten, galten die grünen Eisriesen lange als Legenden. Doch eine neue Theorie belegt nicht nur ihre Existenz, sondern liefert auch gleich einen möglichen Grund für ihr schillerndes Aussehen.
Im Fachmagazin "Journal of Geophysical Research Oceans“ erschien kürzlich ein Artikel zur möglichen Entstehung der grünen Eisberge. Federführend war Steve Warren von der University of Washington in Seattle. Er hatte das grüne Eis bereits 1988 mit eigenen Augen gesehen. Ebenfalls Teil des wissenschaftlichen Teams war Mark Curran, auch der australische Glaziologe hatte in der Vergangenheit grüne Eisberge in der Antarktis beobachten können. Sie wussten also, dass das grüne Eis keine Fata Morgana war, nur den Grund für die sonderbare Färbung konnte ihnen niemand nennen. Und so versuchten sie, ihn selbst zu ergründen.
Algen waren die falsche Annahme
Normalerweise erscheinen Eisberge weiß oder blau. Im Eis eingeschlossene Luftbläschen streuen einfallendes Licht und sorgen für eine weiße Farbe. Blau schimmert das Eis hingegen, wenn es sehr kompakt ist und keine oder nur wenige Bläschen beinhaltet. In diesem Fall wird ein Teil des Lichts durch das Eis absorbiert - die meisten farbigen Wellenlängenanteile werden geschluckt, die blauen nicht.
Aber wie können einige Exemplare dann deutlich grün erscheinen? In früheren Annahmen ging man davon aus, dass der Einschluss organischen Materials, zum Beispiel Algen, für den ausgefallenen Farbton verantwortlich sei. Doch für die deutliche smaragdgrüne Färbung wurde zu wenig organisches Material gefunden.
Eisenoxide ist das Lösungswort
Warren und sein Team sind sich inzwischen sicher, die Entstehung der grünen Riesen entschlüsselt zu haben. Ihr Lösungswort: Eisenoxide. Ihrer Theorie zufolge ist ein blauer Eisberg die Grundvoraussetzung. An dessen Unterseite siedeln sich über die Zeit organische und anorganische Verbindungen an, die durch weitere Eisschichten nach und nach eingeschlossen werden.
Damit der Eisberg am Ende grün schimmert, müssen sich unter diesen Verbindungen bestimmte Eisenoxide befinden. Diese stammen von zermahlenem Gestein vom antarktischen Festland. In Kombination mit dem bestehenden Blauton sorgt das zermahlene Gestein, was für sich eher gelb oder rötlich schimmert, für das sagenumwobene Grün. Sichtbar wird dieses Phänomen allerdings nur, wenn der Eisberg umkippt und mit der angereicherten Unterseite aus dem Wasser ragt. Letzteres erklärt auch, warum das grüne Eis eher selten gesichtet wurde und lange Zeit als Seemannsgarn galt.