Hirnrissige Idee, kopfloses Handeln – fehlt der Kopf, könne nichts Intelligentes passieren, meinen wir Menschen. Doch Fadenwürmer oder Quallen finden sich auch ohne Hirn zurecht. Ihnen reichen einige Neuronen. Und anscheinend können Lebewesen auch ganz ohne Nervenzellen lernen, wie Physarum polycephalum zeigt.
Forscher haben jetzt nachgewiesen, dass der Schleimpilz sich sogar "merken" kann, wo es etwas zu fressen gibt.
Zwar sind auch einzelne Zellen des Pilzes lebensfähig. Doch die Stärke von Physarum macht die Kooperation von vielen Zellen aus, die sich zu einer Art Superzelle verbinden. So kann dieser Organismus Hunderte Quadratzentimeter überwuchern. Zwischen den Zellen bilden sich unterdessen Verbindungsgänge für den Stofftransport. Und deren Durchmesser "speichert" den Forschern zufolge Informationen über das Futterangebot an einer bestimmten Stelle. Und zwar auch dann noch, wenn das Futter längst verdaut ist.
"Im Gehirn speichern wir Informationen, indem wir zwischen einzelnen Neuronen Verbindungen stärken oder schwächen", sagte Karen Alim von der Technischen Universität München (TUM) gegenüber Livescience. Jeder zusätzliche Impuls könne eine bestehende starke Verbindung weiter stärken. Ein ähnlicher - wenn auch vereinfachter - Prozess forme auch die "Erinnerung" von Schleimpilzen.
Schon seit Jahren ist der hirnlose, aber gewitzte Pilz im Fokus der Forschung.
Der Japaner Atsushi Tero etwa ließ den Schleimpilz auf einer Petrischale wachsen, die nach dem Vorbild der Region Tokio modelliert war. Der Pilz wuchs zu einem Netzwerk heran, das nahezu identisch mit dem Schienennetz der Stadt war – die effizienteste Lösung.
Die Französin Audrey Dussutour legte dem Pilz Futter hinter Hindernisse. Physarum „lernte“, dass es sich lohnte, das Hindernis zu überqueren. Wuchs ein neuer Schleimpilz mit einem zusammen, der den Parcours gemeistert hatte, verhielt sich der gesamte Organismus, als „wisse“ er die Lösung. Wie dieser Wissensaustausch funktioniert, kann Dussutour noch nicht erklären.