Im Jahr 2009 sorgte der Harvard-Physiker Alex Wissner-Gross mit einer Hochrechnung für Furore: Eine einzige Google-Suchanfrage, so war in der „Sunday Times“ zu lesen, verbrauche so viel Energie wie das Erhitzen von Wasser für eine Tasse Tee. Wissner-Gross beteuerte später, der Wert stamme nicht von ihm. Er und seine Kollegen hätten lediglich errechnet, dass eine Sekunde im Internet rund 20 Milligramm CO2 erzeuge.
Trotzdem entbrannte um den Tee-Vergleich sofort ein heftiger Streit – der bis heute nicht beigelegt ist. Denn exakte Werte für einzelne Handlungen im Internet lassen sich kaum errechnen. Klar ist aber: Der Stromverbrauch unseres digitalen Lebensstils ist erstaunlich hoch.
Das zeigen Berechnungen eines Experten des Freiburger Öko-Instituts. Das Ergebnis: Wir erzeugen allein durch den Kauf von Geräten, durch deren Nutzung und durch die Nutzung des Internets rund 0,85 Tonnen CO2-Äquivalente (CO2e – das sind alle Klimagase zusammengenommen, umgerechnet auf die Klimaschädlichkeit von CO2).
Das entspricht annähernd dem Wert, den laut Umweltbundesamt jeder Mensch auf der Erde maximal verursachen dürfte: weniger als eine Tonne. Zum Vergleich: Die Deutschen verursachen jährlich im Schnitt zwölf Tonnen, ein Bangladeshi ein Zwanzigstel davon.
Herstellung von Geräten besonders klimaschädlich
Den größten Anteil an der CO2-Bilanz des digitalen Lebensstils hat demnach die Herstellung von Fernseher, Laptop, Smartphone, Sprachassistent und Co.: rund 346 Kilogramm CO2e pro Jahr. Das Klima-Schwergewicht ist hier der Flachbildfernseher, für dessen Produktion das Öko-Institut eine Tonne CO2e veranschlagt. Umgerechnet auf die Nutzungsdauer von einem Jahr macht das 200 Kilogramm. Hinzu kommen 156 Kilogramm CO2e pro Jahr allein durch den Stromverbrauch für den Fernseher.
Den größten Einzelposten in der Aufstellung macht allerdings ein Verbrauch aus, der in unserer Stromrechnung gar nicht auftaucht – sondern bei den Betreibern von Rechenzentren anfällt. Ungefähr 213 Kilogramm CO2e pro Kopf und Jahr verursacht demnach allein die Nutzung deutscher Server-Infrastruktur.
Suchanfragen relativ unbedeutend in der Klimabilanz
Auch auf die Frage nach dem Energieverbrauch einer Google-Anfrage geht Energieexperte Jens Gröger ein. Seine Abschätzung: „Nutzen wir die Suchmaschine mit 50 Suchanfragen pro Tag, so verursacht dies CO2-Emissionen in Höhe von 26 Kilogramm pro Jahr.“ Selbst wer jeden Tag eifrig googelt, verursacht damit also nur einen relativ unbedeutenden Anteil an der digitalen Klimabilanz.
Der Experte vom Öko-Institut betont, dass es sich nicht um genaue Berechnungen handele – sondern um Größenordnungen. Sein Resümee fällt dennoch eindeutig aus: "Unser digitaler Lebensstil ist in der vorliegenden Form nicht zukunftsfähig."
Ob sich durch die Digitalisierung von Alltag und Wirtschaft auch Energie- und CO2-Einsparungen erzielen lassen – das lässt die Berechnung offen.