Saurer Regen begünstigt das Waldsterben
"Der Wald stirbt", titelt der "Spiegel" im November 1981: Lichte Kronen und gelbe Nadeln breiten sich in deutschen Mittelgebirgen aus. Schwefelhaltigen, sauren Regen macht der Bodenkundler Bernhard Ulrich im Artikel für die Waldschäden verantwortlich. Der saure Regen werde innerhalb weniger Jahre Deutschlands Wälder töten.
Es beginnt die bis dahin größte Umweltdebatte der Bundesrepublik, die Politik gerät wegen des Waldsterbens unter Druck. 1983 beschließt die schwarz-gelbe Bundesregierung das Maßnahmenpaket "Rettet den Wald": Entschwefelungsanlagen für Industriebetriebe, Katalysatoren für Autos und einen jährlichen Waldschadensbericht.
Doch das Waldsterben, Schreckensvision eines Jahrzehnts, tritt nie ein. Waren die Prognosen also hysterisch?
Warnungen vor einem Waldsterben waren berechtigt
Damals zumindest seien die Warnungen wegen der Waldschäden nachvollziehbar gewesen, sagt Roderich von Detten, der an der Universität Freiburg zum Waldsterben forscht: Anfang der 1980er Jahre ließen sich Art und Ausbreitung der Baumschäden schwer einordnen. Sie waren zwar aus dem Erzgebirge bekannt – aus unmittelbarer Nähe von Kohlekraftwerken.
Plötzlich aber wurden auch Bäume in Wäldern mit vermeintlich sauberer Luft gelb. Die Gefahr des Waldsterbens wirkte damals so groß, dass Forstwissenschaftler es als ihre gesellschaftliche Verantwortung sahen, darauf aufmerksam zu machen. Plötzlich, sagt von Detten, seien sie auch als moralische Instanz gefragt gewesen.
Haben ihre Warnrufe das Schlimmste verhindert? Schwer zu sagen: Kein Waldstück in Deutschland ist seit den 1980er Jahren weiter den alten Bedingungen ausgesetzt gewesen – es fehlt also ein Vergleich. Als "Medienmärchen" bezeichnen Kritiker deshalb das Waldsterben, denn trotz der Waldschäden lebe er Wald ja schließlich noch.
Doch können auch sie nicht bestreiten, dass das schnell verabschiedete Maßnahmenpaket den Bäumen gut getan hat.
Schwefeldioxid Emissionen sinken
Seit 1990 haben sich die Schwefeldioxid Emissionen um rund 90 Prozent reduziert. Die Böden sind weniger sauer, der Wald hat sich erholt. Wenigstens zum Teil: Die Nadelbäume wachsen zwar wieder dichter und grüner.
Dafür aber geht es den Laubbäumen heute schlechter als Mitte der 1980er Jahre. Der Wald ist nicht gestorben – gesund aber ist er noch lange nicht.