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Rotationsgeschwindigkeit erhöht
Es war das fünftstärkste Beben, das den Heimatplaneten seit Beginn der Messungen erschüttert hat. Fast 800 Menschen verloren durch das Erdbeben am Samstag in Chile ihr Leben, Plünderungen und Chaos folgten.
Auch auf Erdachse und Erdrotationsgeschwindigkeit hatte das Beben Auswirkungen. "Da in Chile eine sehr große Masse an Erdkruste in Richtung Erdinneres versetzt wurde, wirkt sich das verstärkend auf die Rotationsgeschwindigkeit der Erde aus", erklärt Dr. Robert Dill, Geophysiker am Geoforschungszentrum Potsdam. Das Phänomen geht auf den "Pirouetteneffekt" zurück: Streckt eine Eiskunstläuferin bei der Drehung um ihre eigene Achse ihre Arme aus, wird sie langsamer. Zieht sie sie nah an den Körper, wird sie schneller.
Die Erde dreht sich seit Samstag also etwas schneller um sich selbst. Beunruhigend? Nein. Solche Schwankungen beobachten Geophysiker häufig. Außerdem wird dadurch der Erdentag nur um etwas mehr als eine millionstel Sekunde verkürzt, wie der NASA-Physiker Richard Gross errechnete.
Generell beobachten Geologen, dass sich die Rotation der Erde um ihre eigene Achse stetig verlangsamt: Die Gezeiten bremsen sie nämlich aus. Grund hierfür sind die ständigen Verschiebungen der Wassermassen durch die Anziehungskraft des Mondes. Aus diesem Grund wird in manchen Jahren an Silvester eine Schaltsekunde zwischengeschoben – um die Atomuhren an die astronomische Zeit anzugleichen.
Durch das Beben von Samstag hat die Erde dagegen wieder ein wenig Geschwindigkeit aufgeholt. So wenig allerdings, dass es wohl keine Auswirkungen auf künftige Schaltsekunden hat. "Das ist zusammengerechnet ungefähr eine halbe Millisekunde im Jahr", rechnet Dr. Stefan Weyers, Physiker in der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt Braunschweig, vor. Kein Grund also, eine ganze Schaltsekunde auszulassen.
Auch die Lage der Erde im Weltraum veränderte sich
Das Beben wirkte sich auch auf die Position der Erdachse aus. Nicht die geographische Erdachse, also die gedachte Verbindung zwischen Nord- und Südpol, wurde verschoben, sondern die Erdrotationsachse. Sie verläuft wenige Meter daneben. Auch dies ist eine Folge der Verschiebung der riesigen Erdmassen, die durch die Reibung an der Grenze von Südamerikanischer und Nazca-Platte verursacht worden war.
Um rund acht Zentimeter hat sich die Erdachse seit Samstag verschoben. Das ist noch etwas mehr als die Verschiebung nach dem verheerenden Beben im Jahr 2004 vor Sumatra.
Doch auch dieser Effekt ist weder beunruhigend noch außergewöhnlich. Denn: "Derlei Effekte werden zum Beispiel durch jahreszeitlich bedingte Phänomene ausgeglichen", erklärt Dr. Robert Dill. Schmelzen auf der Nordhalbkugel im Frühjahr beispielsweise die Schneemassen, findet ebenso eine Verschiebung großer Massen – diesmal Wasser-, nicht Erdkrustenmassen – auf der Erde statt. Diese wirkt sich genauso auf die Rotation des Erdballs aus – und das Jahr für Jahr.