Die Hexenverfolgung beginnt um 1430
Nirgendwo in Europa sterben so viele Menschen durch die Hexenverfolgung wie im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation. Während des Dreißigjährigen Krieges erreichen die Hinrichtungen einen Höhepunkt. Allerdings: Einen konkreten Zusammenhang zwischen Kriegsgeschehen und Verfolgung gibt es nicht.
Der Glaube an Geister und ihre Verbindung zu den Lebenden ist so alt wie die Menschheit. Doch fühlt sich insbesondere die Kirche des Mittelalters von Zauberern und Ketzern bedroht. Die Jagd auf "Hexen" beginnt um das Jahr 1430. In Prozessen werden vor allem Frauen beschuldigt, einen Pakt mit dem Teufel geschlossen zu haben und mit ihm zu buhlen. Als Leitfaden für die Verhöre dient der 1486/87 erschienene "Hexenhammer" des Dominikanermönches Heinrich Institoris.
Zwischen 1580 und 1650 brennen mehr "Hexen" als je zuvor
Wohl der Schock der Reformation sorgt ab 1520 für eine ruhigere Phase. Doch zwischen 1580 und 1650 brennen mehr Hexen als je zuvor, lodern allerorten die Scheiterhaufen.

Die Welt gerät aus den Fugen. Eine "kleine Eiszeit" bringt Mitteleuropa Missernten, Teuerungen, Hunger und Seuchen. Während des Dreißigjährigen Krieges leben die Menschen zudem in ständiger Angst vor Mord und Plünderung. Existenznöte, Neid und Habgier sind allgegenwärtig.
Und der Kaiser als oberster Richter und Beschützer ist meist fern. Die rund 300 einzelnen Herrschaftsgebiete seines Reiches - Fürstentümer, Grafschaften und Reichsstädte - agieren weitgehend autark (Die Stände stehen dem Kaiser in den wichtigen Reichsgremien wie etwa dem Reichstag gegenüber. Das Heilige Römische Reich deutscher Nation lässt sich nur im Konsens zwischen Kaiser und Reichsständen regieren).
Wer unbequem ist, wird denunziert, verurteilt, hingerichtet
Tatsächlich aber veranlassen weder die Landesherren noch die katholische Kirche die meisten Verfolgungen im römisch-deutschen Reich, sondern lokale Eliten. Sogenannte "Hexenausschüsse" nutzen die Prozesse zur Demonstration und Sicherung ihrer Macht: Wer ihnen unbequem ist, wird denunziert, verurteilt und hingerichtet. Katholiken, Protestanten, es macht keinen Unterschied. Besonders eindrücklich schildert Hermann Löher, ehemaliger Schöffe zu Rheinbach, in seinem Werk "Hochnötige Unterthanige Wemütige Klage Der Frommen Unschültigen" diese Prozesspraxis.
Allein der großen kurkölnischen Hexenverfolgung fallen im Rheinland ab 1626 mehr als 1000 Menschen zum Opfer, 1631 erreicht die Welle Rheinbach, ebbt dort zwar bald wieder ab, flammt in der zweiten Hälfte der 1630er Jahre aber noch einmal gefährlich auf. Hermann Löher gerät nun selbst unter Verdacht und rettet sich durch Flucht nach Amsterdam. Im Exil verfasst er die "Wehmütige Klage".
Auch der Westfälische Frieden setzt dem Wahn 1648 kein Ende. Erst 1775 wird die letzte angebliche Hexe auf deutschem Boden zum Tode verurteilt.