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Peru Was die mystischen Bilder der Nasca zu bedeuten haben

Nasca, Umrisse
Die Bodenbilder der Nasca sind oft hunderte Meter lang
© Kevin Schafer/ Getty Images
Die Wüste nahe der südlichen Küste Perus gleicht einer gigantischen Leinwand: Über Jahrhunderte hinweg haben mehrere Völker, darunter die Nasca, hier riesige Bilder in den Boden gegraben. Wahrscheinlich wollten die Menschen ihre Götter besänftigen und um Wasser bitten. Denn der Leben spendende Regen blieb in der Region häufig aus

Ein Hai liegt in der Wüste, ein Wal, ein Kondor. Riesige Tierfiguren leuchten im Sand, mit oft kilometerlangen Umrissen – Bodenbilder, geschaffen vor rund 2000 Jahren. Die heiligen Bilder der Nasca. Deren Kultur blüht von 200 v. Chr. bis 600 n. Chr. an der Südküste Perus: in den Flusstälern des Río Grande de Nasca und Río Ica. An den Gewässern gedeiht in guten Jahren eine üppige Vegetation, dank eines technisch ausgefeilten Bewässerungssystems aus Kanälen und Tunneln.

Nasca-Kultur: Das Volk hinter den Linien

Nahe der Pampa de Nasca, einer subtropischen Wüste, wachsen Mais, Bohnen, Maniokknollen, Avocados und Baumwolle. Die Nasca essen zudem Fische, Wale und Muscheln aus dem Pazifik. Sie leben in kleinen Siedlungen, die Häuser stehen auf oftmals künstlichen Terrassen an Hängen. Niedrige, verputzte Mauern aus luftgetrockneten Lehmziegeln tragen Dächer aus Strohmatten.

Die Menschen stellen prächtige Keramiken her und weben kunstvolle Kleider. Männer und Frauen tragen filigranen Schmuck aus Muschelschalen und gemusterte Tuniken. Ihre Hinterköpfe sind oft auffallend länglich – ihren Kindern binden sie Bretter an Stirn und Hinterkopf, um die noch weichen Schädelknochen künstlich zu verformen.

Nasca, Bodenbilder
Geometrische Formen, Zickzack-Linien und Figuren im Boden sind aus der Vogelperspektive gut zu erkennen
© Don Mammoser/ddp images

Cahuachi: Zentrum der überirdischen Welt

Ein religiöses Zentrum ist der Ort Cahuachi am südlichen Ufer des Río Nasca. Die Menschen pilgern hier zu mehreren pyramidenartigen Tempeln. Auf dem größten, der etwa 20 Meter hoch ist, feiern sie ihre Rituale zu den Klängen von Panflöten und Tontrompeten.

Doch die Nasca sind immer wieder extremen Naturgewalten ausgeliefert: Dürren trocknen die Flüsse aus, seltene, aber heftige Regenfälle im Einzugsgebiet der Ströme lassen die Flüsse gefährlich anschwellen, Erdbeben die Tempel einstürzen. Wie können sie die Kräfte der Natur kontrollieren? Die Menschen am Río Nasca sind besessen von dieser Frage. Schamanen stellen die Verbindung her zwischen irdischer und überirdischer Welt. Sie opfern Meerschweinchen und trinken ein halluzinogenes Gebräu, gewonnen aus dem Saft des San-Pedro-Kaktus, um mit den Naturgöttern in Kontakt zu treten.

Wichtiger Bestandteil ihrer Zeremonien sind abgeschlagene menschliche Köpfe, denen Gehirn, Kehle und Zunge entfernt worden sind und deren Lippen mit den Dornen des huarango-Baums verschlossen werden – wahrscheinlich, damit der Geist des Toten nicht mehr entweichen kann.

Die Nasca möchten mit den Geoglyphen die Götter besänftigen

Für die Krieger der Nasca ist der abgeschlagene Kopf eines Gegners zudem Zeichen ihrer Tapferkeit – eine Trophäe, die sie aus dem Krieg mitbringen. Der Kopf symbolisiert die Verbindung von Tod, Regeneration und Fruchtbarkeit. Die Bodenbilder sind der wohl spektakulärste Versuch, die Naturkräfte zu ehren und zu besänftigen.

Die Nasca tragen dabei die oberste Schicht des Gerölls ab. Die Oberflächensteine sind durch Oxidation braun gefärbt, darunter ist der Boden gelb. Dieser Kontrast vor allem macht die Bilder sichtbar. Sie sind wegen ihrer mächtigen Dimensionen nur dann vollständig zu erkennen, wenn man sie von einem Hügel aus betrachtet.

Viele Bilder zeigen mythische Wesen und Tiere, die starke Kräfte des Himmels und des Wassers symbolisieren. Die Bedeutung anderer, geometrisch angelegter Linien, die etwa von einem Punkt aus strahlenförmig ins Nichts zu führen scheinen, ist dagegen bis heute nicht geklärt. Manche mögen den Nasca als Pilgerwege zu heiligen Orten gedient haben.

Nasca, Bodenbilder
Orientierungshilfe? Richtungsweiser? Religöse Form? Die Bedeutung vieler Motive ist bis heute nicht zweifelsfrei geklärt
© Kevin Schafer/ Getty Images

Den größten Teil der Bodenbilder machen trapezförmige Plätze aus, von denen einige bis zu 40 Hektar groß sind. Erst vor einigen Jahren haben Wissenschaftler herausgefunden, dass sich auf ihnen einst kleine künstliche Hügel, Opferschreine und andere Gebäude befanden. Hier haben die unter den Dürren leidenden Menschen möglicherweise Fruchtbarkeitsrituale abgehalten. Rund 800 Jahre nach dem Erblühen der Nasca-Zivilisation brechen sintflutartige Regenfälle über das Einzugsgebiet der zwei Ströme herein; Schlammlawinen donnern die Flusstäler hinab und begraben viele Siedlungen.

Vielleicht noch 150 Jahre können sich die Nasca behaupten, dann ist ihre Kultur erloschen. Aber was von ihnen bleibt, das sind die mythischen Tiere vom Río Ica und vom Río Grande de Nasca. Der Hai, der Wal und der Kondor.

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