Bangkok, Freitag Nacht: Wie an jedem Wochenende rollt eine neue Gewaltwelle über die Siebenmillionen-Metropole - Schießereien, Verkehrsunfälle, Brandstiftungen. Gleichzeitig beginnt die Zeit der "Bodysnatchers", der Lebensretter, die Verletzte und Tote auf den rostigen Ladeflächen ihrer Pick-Up-Trucks abtransportieren. Sie retten, wer zu retten ist - nach ihrem buddhistischen Glauben verbessert sich so ihr Karma im jetzigen und im folgenden Leben.
Tide Bunloerit führt ein Doppelleben: Am Tag spielt er den strahlenden Helden einer TV-Seifenoper, nachts sammelt er Tote ein, die niemand beklagt. Zusammen mit den anderen freiwilligen Rettungshelfern der Ruam Katanyu Foundation räumt er jedes Wochenende in den Straßen und Hinterhöfen von Bangkok auf und wird dabei Zeuge blutiger Tragödien. Im Gegensatz zu ihm sind die meisten freiwilligen Helfer eher stille, unscheinbare Menschen: Angestellte, Kleinunternehmer, Arbeiter und Handwerker. Ihr gemeinsamer Anreiz hat einen religiösen Hintergrund. Jedes gerettete Leben, jeder bestattete Tote bringt ihnen Ansehen, so glauben die Helfer, und Punkte auf dem religiösen Ehrenkonto.


In der Vorstellung der thailändischen Buddhisten stiften die erschreckten Seelen von Toten, die Opfer von Unfällen oder Gewalttaten wurden, Unheil für die Lebenden. Sie zu beruhigen ist die Mission der Mitglieder der buddhistischen Ruam Katanyu Foundation. Weil in Thailand kein staatlicher Rettungsdienst existiert, finanziert sich die Freiwilligenorganisation über Spenden. Die paradoxe Logik der Lebensretter: keine Nothilfe, kein gutes Karma.
"360° - Die GEO-Reportage" begleitet den Schauspieler Tide Bunloerit von der glitzernden Kulisse einer Seifenoper zu den rauhen Schauplätzen der Bangkoker Nachtwelt.