Immer wieder heben die Hochzeitsgäste im Speisesaal des ehemaligen Wittenberger Augustinerklosters die Krüge, erfreuen sich an erlesenem Bier aus nah und fern. Der Rat der Stadt hat eigens für diese Feier am 27. Juni 1525 ein Fass des starken und teuren Gerstensafts aus dem etwa 200 Kilometer entfernten Einbeck gespendet. Dazu fließt – auf besonderen Wunsch des Bräutigams von einem seiner Freunde angeliefert – reichlich vom beliebten Bier aus der kursächsischen Residenzstadt Torgau, einem angesehenen Zentrum der Braukunst.
Aber nicht nur mit edlen Bieren bewirtet das Brautpaar seine Gäste, auch mit Wildbret, einem Fleisch, das sich üblicherweise nur der Adel auftischen lässt – und das der Hof von Kurfürst Johann von Sachsen zum Festmahl beigesteuert hat.
Ein gewöhnliches Ehegelöbnis ist es nicht, das Wittenberg hier feiert. Es ist ein Treueschwur zwischen einem Mann und einer Frau, der noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen wäre. Und zu dem sich das spektakuläre Paar ausgerechnet in jenen dramatischen Wochen entschieden hat, in denen der Bauernkrieg so gewaltvoll im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation tobt wie nie zuvor: Martin Luther, der ehemalige Mönch, und Katharina von Bora, eine entlaufene Nonne, zelebrieren ihre Vermählung – während Landleute, Bergknappen und Handwerker nach und nach von den Söldnerheeren der Fürsten niedergezwungen und für ihren Ungehorsam bestraft werden.

Martin Luther setzt mit seiner Heirat ein Zeichen für das Leben, stellt sich gegen die Papstkirche und ihren Zölibatszwang für Geistliche. Die Frau an seiner Seite, die den Schritt mitgeht: Katharina von Bora, die nun direkt in das Blickfeld der Öffentlichkeit rückt. Und deren bisheriges Dasein sich fortan drastisch ändert.