Übergewicht, Diabetes, Karies – zu viel Zucker ist nicht gut für die Gesundheit. Das ist bekannt und wissenschaftlich erwiesen. Geschmacklichen Spaß macht Zucker trotzdem und die Suche nach Alternativen zu der süßen Versuchung treibt alle möglichen Blüten.
Eine davon passt im wahrsten Sinne des Wortes in dieses Bild: Kokosblütenzucker. Manche Hersteller preisen den Palmzucker als gesunden Ersatz für Haushaltszucker an. Was stimmt an dieser Behauptung – und was ist nur ein haltloses Werbeversprechen?
Zuckerkonsum löffelweise in deutschen Haushalten
Die Deutschen mögen es süß. Das zeigt der Zuckerkonsum. Pro Kopf wurden im Jahr 2021 rund 34,8 Kilogramm Industriezucker in Deutschland vernascht. Das entspricht gut 95 Gramm pro Tag. Angesichts der Tatsache, dass die Weltgesundheitsorganisation maximal 25 Gramm – also etwa sechs Teelöffel – pro Tag empfiehlt, ist das eine beachtliche Leistung: Immerhin rund 24 Teelöffel Zucker täglich.
Saccharose oft als Süßungsmittel nicht erkennbar
Gewonnen wird der Haushaltszucker aus Zuckerrohr oder Zuckerrüben und begegnet dem Konsumenten auf der Rückseite von Lebensmittelverpackungen meist durch das Wort Saccharose – einer Mischung aus Fruchtzucker und Glukose. Aufs süße Leben zu verzichten, das fällt vielen Menschen auch schon deshalb schwer, weil der Zuckergehalt in Lebensmitteln so auf den ersten Blick oft gar nicht erkennbar ist – zum Beispiel bei Fertigprodukten, Joghurt, Fruchtsäften, Müsli oder in Ketchup.
Kokoszucker und Kokosblütensirup durch Blütennektar aus Blütenstand
Zuckerersatzstoffe stehen deshalb hoch im Kurs. Einer davon ist Zucker aus der Kokospalme, genauer gesagt aus dem Blütenstand. Für die Produktion von Kokosblütenzucker werden die Kokosblüten angeritzt und der austretende Blütennektar aufgefangen. Pro Tag und Palme können das bis zu zwei Liter sein.
Anschließend wird der Nektar eingekocht, bis die Flüssigkeit vollständig verdampft ist. Das Ergebnis: Rund 500-Gramm Kokosblütenzucker in kristalliner Form. Mit dem Kokosblütensirup gibt es auch eine flüssige Variante als Zuckeralternative. Was aber unterscheidet nun den Kokoszucker von herkömmlichem Haushaltszucker?
In allererster Linie die Inhaltstoffe wie
- Eisen
- Kalzium
- Kalium
- Magnesium
- Vitamine B1, B2 und B3
Kokosblütenzucker ist keine Zuckeralternative zu Industriezucker
Was auf den ersten Blick aussieht, wie der Freifahrtschein für mindestens 48 Teelöffel Zucker pro Tag mit integriertem Gesundheitssiegel, entpuppt sich auf den zweiten Blick als Trojanisches Zuckerpferd – zumindest, was die anderen Inhaltsstoffe und die Kalorien betrifft, denn so richtig gesund ist Kokosblütenzucker im Vergleich zu Industriezucker auch nicht.
Kokosblüten bringen Zucker mit Kaloriengehalt
Während weißer Zucker pro 100 Gramm etwa 400 Kalorien hat, beträgt der Kaloriengehalt in derselben Menge Kokoszucker 384 Kalorien. Auch die enthaltenen Kohlenhydrate entsprechen in etwa der Menge, die in Saccharose vorkommt: Palmzucker 90 Gramm und weißer Zucker 100 Gramm.
Dazu kommt, dass angesichts der geringen Mengen besagter Nährstoffe im Kokosblütenzucker, täglich mehrere Kilogramm davon verzehrt werden müssten, um einen nennenswerten gesundheitlichen Effekt zu erzielen – der durch die beachtliche Menge des gegessenen Zuckers dezent in den Hintergrund treten würde.
Blutzuckerspiegel verknüpft mit dem glykämischen Index
Was also macht nun den wesentlichen Unterschied zwischen Haushaltszucker und Kokosblütenzucker als Süßungsmittel? Ganz einfach: Es geht um den glykämischen Index, also die Auswirkung des jeweiligen Zuckerproduktes auf den Blutzuckerspiegel.
Der Palmzucker wird glykämisch niedriger eingestuft als Industriezucker. Die enthaltenen Kohlenhydrate lösen eine weniger starke Ausschüttung von Insulin durch die Bauchspeicheldrüse aus. Dadurch fällt der Blutzucker später auch nicht so stark ab.
Glykämischer Index unterschiedlich bewertet
Die öffentlich verfügbaren Werte auf dem glykämischen Index (GI) weichen allerdings stark voneinander ab. Während manche Tabellen einen GI- Wert von 60 für Industriezucker und einen Wert von 54 für Kokosblütenzucker knapp darunter ausweisen, zeigen andere Tabellen eine GI-Wert für den Palmzucker von 35 – was ihn eindeutig als niedrig glykämisch einstufen würde, die genannten Werte davor aber beide Zuckerprodukte im mittleren Bereich ansiedeln.
Kokospalmen als Lieferanten für Palmzucker
Die unterschiedlichen GI-Werte könnten eventuell davon abhängen, welches Institutmit welcher geografischen Lage den GI-Index ermittelt hat. Zumindest der 35er-Wert wurde vom Philippinischen Institut für Lebensmittel- und Ernährungsforschung ermittelt – und die Hauptherkunftsländer für Kokosblütenzucker sind:
- Thailand
- Sri Lanka
- Indonesien
- Malaysia
- Indien
Kokosblütenzucker gut für Darmflora
Ein weiterer positiver Unterschied zwischen dem Palmzucker und Haushaltszucker ist das Inulin. Kokosblütenzucker enthält den wasserlöslichen Ballaststoff in einer geringen Menge. Inulin kann laut wissenschaftlichen Studien die Gesundheit der Darmbakterien und damit der Darmflora fördern, für eine bessere Verdauung sorgen und Verstopfungen lösen. Zudem sorgt Inulin ebenfalls für einen stabileren Blutzucker.
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Kokosblütenzucker kein Ersatz für Industriezucker
Während manche Anbieter die Vorteile von Kokosblütenzucker für Diabetiker gegenüber Haushaltszucker aktiv bewerben, sprechen Portale wie die Verbraucherzentrale dem Palmzucker ausgeprägte Vorteile in dieser Richtung ab. Auch Kokoszucker sei kein Ersatz für raffinierten Zucker und könne nur in entsprechend kleinen Mengen verzehrt werden. Der Grund: der vergleichsweise hohe Saccharose-Anteil mit Fruchtzucker und Glucose in dem Palmzucker.
Haushaltszucker und Palmzucker mit gleicher Süßkraft
Wer auch immer sich für Kokosblütenzucker entscheidet, hat auf jeden Fall eine Alternative zum Industriezucker was den Geschmack betrifft. Palmzucker schmeckt wie eine Mischung aus Malz und Karamell, ist bräunlich gefärbt und ähnelt ein wenig dem bekannten Rohrzucker. Die Süßkraft ist ähnlich wie beim Haushaltszucker, sodass auch hier keine Unterschiede beim Süßen von Lebensmitteln wie Desserts, Kaffee, Joghurt oder Smoothies bestehen.
Lediglich vom Backen mit Kokosblütenzucker wird auf Praxisportalen abgeraten. Der Palmzucker geht nicht so gut auf wie weißer Industriezucker und neigt zur Klumpenbildung im Teig. Auch sollte beim Kochen mit Kokosblütenzucker mehr Zeit eingeplant werden, weil sich dieser Zucker nur langsam auflöst – intensives Rühren ist also angesagt.
Kokoszucker mit langer Anreise nach Europa
Zwar hat die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) Kokosblütenzucker als besonders nachhaltig ausgezeichnet (bis zu 75 Prozent mehr Zucker pro Hektar als durch Zuckerrohr bei 20 Prozent weniger Nährstoff- und Wasserverbrauch) – trotzdem fällt beim Pro und Contra für Kokosblütenzucker ein Punkt ins Gewicht: der lange Transportweg bis nach Europa auf den Küchentisch und damit verbunden der negative CO2-Fußabdruck.
Honig als nachhaltiger Süßstoff
Wer also Alternativen zum weißen Haushaltszucker sucht, kann auch auf andere Produkte zurückgreifen – wie regionalen Bio-Honig oder Zuckersatzstoffe wie Xylit, Erythrit oder Sorbit auf Weizen-, Mais- oder Strohbasis mit europäischer Herkunft. Die Süßkraft ist hier meist zwar nur halb so stark – aber das muss ja nicht unbedingt ungesund sein.