Mit wutentbranntem Blick und tränenüberströmt steht Ihr Kind vor Ihnen: Etwas Unrechtes ist geschehen! Vielleicht hat ein anderes Kind ihm das Lieblingsspielzeug weggenommen oder will partout nicht teilen. Schon ist der Ärger groß!
Hinter dem Petzen steckt nicht immer eine böse Absicht
Bereits im Alter von drei Jahren entwickeln Kinder eigene Normen und Werte, halten sich an soziale Regeln und verlangen, dass auch andere dies tun. Verhalten sich ihre Mitmenschen nicht so, wie es ihrer Meinung nach richtig wäre, schwärzen Kinder diese an - sie petzen.
Häufig tun Kinder dies, weil sie nicht wissen, wie sie mit einem solchen Konflikt umgehen sollen. Besonders Kleinkinder, die sich ungerecht behandelt fühlen und ihr Recht einfordern wollen, petzen. Sie wenden sich an ihre Eltern oder andere erwachsene Bezugspersonen und hoffen, mit deren Autorität die eigenen Wünsche durchsetzen zu können.
Teils geht es beim Petzen auch darum, die eigene Haut zu retten. Etwa wenn das petzende Kind selbst in den Verdacht geraten könnte, ein Spielzeug zerstört zu haben.
Aber wenden sich Kinder auch an Erwachsene, wenn klar ist, dass sie nicht der Täter sein können? Das haben Psychologen von der University of Virginia in einem Experiment mit Dreijährigen untersucht, denen sie Szenen mit Handpuppen vorspielten.
Die Kinder malten oder bastelten gemeinsam mit Hase, Hund und Fuchs. Nach einer Weile verließ eine Puppe den Raum mit dem Hinweis, wie stolz sie auf ihr Kunstwerk sei. Die Puppe schloss das Bild in eine Box, zu der die Kinder keinen Schlüssel hatten – wohl aber der Täter. Dieser zerstörte das geliebte Werk. Kam das Opfer zurück, so verriet mehr als die Hälfte der Kinder, was passiert war. In einer Kontrollgruppe, in der die böse Puppe ein unwichtiges Objekt zerstörte, meldete nur ein Kind das Unrecht.
Diese Studie bestätigt die Ergebnisse anderer Forscher. "Wenn Kinder petzen, wird das oft als unerwünschtes Verhalten gesehen“, sagt Amrisha Vaish, eine Co-Autorin der Studie. Doch unter bestimmten Bedingungen gehe es darum, Normen durchzusetzen, und das sei positives Handeln für das Zusammenleben in Gruppen.
In einer anderen Studie mit Fünfjährigen beobachteten Psychologen, dass diese zwischen leichten und schweren Vergehen unterschieden. Rechneten die Kinder mit Ärger für ihre Gruppe, hielten sie eher dicht.