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Thailand Ayutthaya: Eine Stadt wie eine Insel

Die thailändische Provinzstadt Ayutthaya ist das Gegenstück zu Bangkok – leise und kein bisschen schrill. Jetzt soll das alte "Venedig des Ostens" zurückfinden zum Glanz vergangener Zeiten
Thailand: Eine Stadt mit Geschichte: Der Steinbuddha ist tief in die Baumwurzeln eingewachsen
Eine Stadt mit Geschichte: Der Steinbuddha ist tief in die Baumwurzeln eingewachsen
© Thom Lang/Corbis

So richtig mag hier niemand daran glauben. Zu mächtig und zu berühmt sind die Mitbewerber: Sao Paulo, Kapstadt, Dubai, Kopenhagen, Houston zum Beispiel stehen in den Startlöchern. Offiziell haben Jekaterinburg und die Millionen-Stadt Izmir an der türkischen Ägäisküste ihren Hut bereits in den Ring geworfen. Und dennoch: Die kleine thailändische Provinzstadt Ayutthaya mit ihren rund 55.000 Einwohnern ist überzeugt, dass sie gute Chancen hat, Gastgeber für die Weltausstellung Expo 2020 zu werden – und wieder in seinem altem Glanz zu erstrahlen.

Für jeden, der im "Land des Lächelns" mehr sehen und erleben will als blütenweiße Strände, kristallklares Wasser, schummrige Bars und verschwiegene Clubs, ist Ayutthaya schon heute ein Muss. Wie eine Insel liegt die alte Königsstadt mit der ruhmreichen Vergangenheit mitten im modernen Thailand. Und eine Insel ist es in der Tat: Das Stadtzentrum wird vom mächtigen Chao Phraya, dem fischreichen Pasak und dem eher schmalen Lopburi umflossen. Rund 400 Jahre lang war Ayutthaya Hauptstadt des Königreichs Siam, bis die Stadt im April 1767 von den Burmesen erobert, geplündert und fast völlig zerstört worden ist. Nach der verheerenden Niederlage gründete König Rama I. nur 80 Kilometer entfernt die neue Hauptstadt Siams: Bangkok, die "Stadt der Engel".

Doch immerhin 33 Könige haben von Ayutthaya aus das Land beherrscht und die Stadt zu unglaublichem Wohlstand geführt. In ihrer Glanzzeit hatte der Königssitz über eine Million Einwohner, war eine Metropole, London vergleichbar in seinem Glanz und seinem Einfluss. Mit drei Königspalästen, 375 Tempelanlagen, 94 Stadttoren und 29 Forts konnte sich das "Venedig des Ostens" damals schmücken. Portugiesen, Franzosen, Holländer, Briten und Japaner siedelten sich an. Der Handel florierte, Malerei, Literatur und Architektur erblühten. Ayutthaya war das kosmopolitische Handelszentrum mitten in Asien. Vieles ist verfallen, zerstört, geplündert worden im Laufe der Jahrhunderte.

Und doch: Besucher können in Ayutthaya - seit 1991 Weltkulturerbe der UNESCO - den einstigen Glanz noch nachspüren, sie können Thailands Geschichte im Schnelldurchgang erleben: von den Tempelanlagen der Khmer bis zur Sommerresidenz der heutigen Königsfamilie. Anders als in der "großen Schwester" Bangkok ist nichts Lautes, nichts Schrilles an dieser Stadt, sondern Stille und Nachdenklichkeit. Natürlich, da sind die großen, die berühmten Tempel, die alle Touristenbusse anfahren: Der weitläufige Wat (Tempel) Mahathat, dessen älteste Teile aus dem Jahr 1384 stammen, der imposante Wat Ratburana, einst als Grabstätte für zwei Königskinder erbaut, die Ruinen des alten Königspalastes, der Königstempel Wat Phra Si San Phet oder der im Khmer-Stil restaurierte Wat Chai Wattanaram. 36 Tempelanlagen verzeichnet die Touristen-Karte der Provinzverwaltung als besonders sehenswert.

Doch in Wahrheit gibt es in und um Ayutthaya über 500 alte, meist zerfallene Tempel, Paläste und Befestigungsanlagen. Genau gezählt hat sie wohl niemand. Von den meisten stehen auch nur noch die Grundmauern oder Mauerreste.

Aber Ayutthaya lebt auch und gerade von diesen kleinen Dingen, die jeder für sich selber entdecken muss: die verträumte Tempelruine, die anrührende Buddha-Statue, der irgendwann der Kopf abgeschlagen worden ist, der von historischen Mauerresten umsäumte Park, der Banyan-Baum mit dem eingewachsenen steinernen Buddha-Kopf.

In idyllischen, wenn auch auf den ersten Blick oft heruntergekommen wirkenden Gasthäusern an einem der drei Flüsse lässt es sich herrlich ausruhen. Da kann man die Seele baumeln lassen, auch wenn das scharfe thailändische Essen Tränen in die Augen treibt. Die zum Teil über 100 Jahre alten, stilvoll restaurierten Holzhäuser mit ihren Terrassen am Wasser sind Orte zum Träumen. Wer die friedvolle Stille vollends auskosten will, kann eines der landestypischen Longtail-Boote mieten, um sich geruhsam rund um die Insel fahren zu lassen, auszusteigen, wo immer es einen dazu verlockt - oder sich einfach treiben zu lassen, zu genießen und Ayutthayas Seele zu erspüren.

Thailand: So gemächlich die Stadt ist, lässt sie sich auch erkunden - zum Beispiel auf einem Elefantenrücken
So gemächlich die Stadt ist, lässt sie sich auch erkunden - zum Beispiel auf einem Elefantenrücken
© Jose Fuste Raga/Corbis

Die Gemächlichkeit des Reisens ist dieser Stadt angemessen. Warum dann nicht gleich auf einem Elefantenrücken, wie die Hofbeamten zu Ayutthayas Glanzzeiten? Im Elefantenkral nordöstlich vom Stadtzentrum und an einigen Tempeln warten Dickhäuter mit ihren farbenprächtig gekleideten Mahouts auf Touristen. Meist bieten sie nur kurze Ausritte an, die nur eine leise Ahnung vom Reiz so eines sanft schaukelnden Ausflugs vermitteln. Doch mit ein wenig Verhandlungsgeschick und der Hilfe eines Fremdenführers lassen sich auch längere Touren arrangieren. Ein Muss bei jedem Ayutthaya-Besuch ist ein Abstecher zum königlichen Sommerpalast Bang Pa-Inn. Statt Elefantenrücken sind hier Golf-Cars angesagt. Die Königsfamilie zog sich in der Regenzeit aus dem heißen, stickigen Bangkok nach Bang Pa-Inn zurück. Züchtig gekleidet - langer Rock und bedeckte Schultern für Frauen und lange Hosen für Männer sind Vorschrift - darf man sogar einen Blick in die königlichen Privatgemächer werfen. Auch die kleinen Villen der Prinzessinnen haben ihre Türen für Besucher geöffnet. Mit den weitläufigen Parkanlagen und idyllischen Seen am Ufer des Chao Phraya ist der Komplex der Sommerresidenz ein beispielloser asiatisch-europäischer Stilmix: Ein chinesischer Palast

konkurriert mit einer italienischen Villa, ein schwimmender Thai-Pavillon mit einem französischen Schlösschen. Auf den Wegen sonnen sich bis zu zwei Meter lange Warane.

Von Bangkok aus ist es nur ein Katzensprung nach Ayutthaya. Am einfachsten (und preiswertesten) ist es, sonntags am Maharat-Pier in Bangkok ein Chao Phraya Express-Boot zu nehmen, sich in eineinhalb Stunden nach Ayutthaya und abends wieder zurück in die Metropole bringen zu lassen. Busse und Bahnen fahren fast stündlich ab Bangkok. Zurück in die laute Hauptstadt geht es gemütlich auf einem der Flussschiffe bei einem opulenten Buffet. Horizon Cruise offeriert solche Fahrten für rund 50 Euro, Busfahrt, Schiffsreise, Buffet und Reiseleitung eingeschlossen.

Aber eigentlich hat Ayutthaya mehr zu bieten, als sich bei einem Tagesausflug erkunden lässt. Zahlreiche Gästehäuser - oft mit sehr schönen Spa- und Wellnessbereichen - laden ein zum Bleiben, um die Stadt abseits der ausgetretenen Touristenpfade zu erfahren: einem der Steinmetze zuschauen, die aus Sandstein oder Granit kunstvolle Repliken meißeln, die Fischer beobachten, wie sie dicke Karpfen aus dem Fluss ziehen, den Nachtmarkt besuchen - oder einfach in der Abendsonne den Frieden der alten Tempel genießen und plötzlich begreifen, warum Thailand auch das "Land des Lächelns" genannt wird.

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