An den allgegenwärtigen Alleen führt kein Weg vorbei: Linden und Kastanien beschatten die Straße gleich hinter Grevesmühlen, geleiten ins ländliche Abseits, zu verträumten Dörfern, zu Gutshäusern und wilden Stränden. Vor allem im Mai, wenn zeitgleich mit den Kastanien der Raps blüht, ist der Klützer Winkel ein Fest für die Augen. Gelb leuchten die Felder, Bienen summen, Naturfreunde schwärmen aus. Der Himmel ist hoch, der Horizont weit, an vielen Gartenzäunen steht: »Honig aus eigener Imkerei«. Wir sind im äußersten Nordwesten Mecklenburgs, jenseits der Hansestädte und Ostseebäder. Wismar und Lübeck liegen in Reichweite. Strandtrubel findet nur am Rande statt, in Boltenhagen. Sonst herrscht weitgehend Ruhe. Selbst in Klütz, dem einzigen Städtchen.
Eine umfassende Übersicht gewährt der Hohe Schönberg bei Kalkhorst, mit rund 90 Metern die höchste – und einzige – Erhebung weit und breit. Von der Aussichtsplattform geht der Blick zur nahen Ostsee. Bei klarem Wetter sind auch die Türme von Lübeck, das Hotelhochhaus in Travemünde und die Fähren nach Skandinavien zu sehen. »Sehnsuchtsberg« hieß dieser Hügel, als die Lübecker Bucht noch unerreichbar war. Abgelegen an der innerdeutschen Grenze blieb vieles zwangsläufig ursprünglich. Heute gilt das als Standortvorteil.
Am Hohen Schönberg betreibt Jörg Altmann seit 22 Jahren einen Ökohof, ganz traditionell: »Ich bin Bauer, kein Landwirt.« Auf dem Hof aus dem Jahre 1860 leben Mensch und Tier beieinander, Getreide- und Gemüsefelder, die Obstwiesen liegen gleich nebenan. Was sie hervorbringen, wird in der Scheune verkauft. Berühmt ist die Rohkost-Qualität der handgepressten Bio-Pflanzenöle: Mariendistel, Hanf und Graumohn, Schwarzkümmel. Artenvielfalt, abgefüllt in Flaschen.
Ein fruchtbarer Boden war der Klützer Winkel schon immer. Feudale Herrenhäuser zeugen davon, ein knappes Dutzend auf kurze Distanz. Das größte steht am Stadtrand von Klütz: Schloss Bothmer, ein barockes Prachtstück. Sein Bauherr Graf Hans Caspar von Bothmer war Diplomat und Berater des englischen Königs. Die Entstehung seines Klützer Schlosses dirigierte er aus London. Dort starb er 1732, im Jahr der Fertigstellung, ohne es gesehen zu haben. Palais, Pavillons und Kavaliershäuser in leuchtendem Englischrot sind heute Besuchermagnete. Eine Festonallee führt von Süden her auf das Schloss zu: 250 Jahre alte, niedrig geschnittene Linden, deren gespaltene Kronen sich wie zur Girlande verbinden. Diese Allee hat Seltenheitswert, so wie der einmalig schöne Klützer Winkel.

Unterkünfte und Restaurants im Klützer Winkel
Bio- und Gesundheitshotel in einer Parklandschaft. Gekocht wird köstlich vegetarisch. Ein Fußweg führt in 20 Minuten zum Schloss Bothmer.
Der perfekte Ort für einen gedeihlichen Urlaub: unter einer alten Rotbuche, im Garten wachsen außergewöhnliche Stauden.
Neu in Klütz: Moderne, regionale Küche im alten Zollhaus.
Das Restaurant verbindet Feines und Rustikales. Von hier führt eine Lindenallee direkt zum wilden Strand.
Landwirtschaft mit Ölmühle, Rosenschule und reich bestücktem Hofladen.