Tierverhalten Wedeln Hunde nur deshalb mit dem Schwanz, damit wir sie mögen?

Hundepo mit Rute und rotem Fell
Erwiesenermaßen wackelt kein Tier so stark mit dem Schwanz wie der Hund
© Eastimages/Getty Images
Weshalb wedeln Hunde mit ihrer Rute, was wollen sie damit ausdrücken und wie haben die Vierbeiner diese so typische Bewegung überhaupt entwickelt? Eine neue Metaanalyse liefert Antworten – wirft aber auch neue Fragen auf

Für den Hund ist die Rute eines der wichtigsten Mittel zur Kommunikation. Ein aufgerichteter Schwanz signalisiert Aufmerksamkeit und Dominanz, eingeklemmt zwischen den Hinterbeinen hingegen mehr Unsicherheit, Angst und Unterwürfigkeit. Dieses Verhalten lässt sich bei Haushunden ebenso beobachten wie bei Wölfen.

Anders verhält es sich beim auffälligen Schwanzwedeln. Während Haushunde dies häufig einsetzen, ist es bei Wölfen weit weniger stark ausgeprägt. Keine andere Spezies wackelt so viel mit dem Schwanz wie der domestizierte Hund. Das starke Wedeln mit der Rute scheint ein gelerntes Verhalten der Haushunde zu sein, welches sich im Zuge der Domestikation ausbildete. Nicht immer ist die Intention der Vierbeiner dabei klar erkennbar, weshalb der Einsatz der Rute – insbesondere bei der Kommunikation zwischen Mensch und Hund – häufig zu Missverständnissen führt.

Schwanzwedeln nicht gänzlich erforscht

Forschende des Max-Planck-Instituts für Psycholinguistik in Nimwegen und der Veterinärmedizinischen Universität Wien haben nun mit einer großen Metaanalyse versucht herauszufinden, was Hunde mit ihrem exzessiven Schwanzwedeln ausdrücken möchten und welche Rolle der Mensch bei der Herausbildung dieses Verhaltens gespielt hat.

Dazu untersuchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler diverse wissenschaftliche Studien und trugen deren Ergebnisse zusammen. Fazit: Auch nach über hundert Studien zu diesem Thema bleibt das Schwanzwedeln widersprüchlich, und nicht immer lässt sich zweifelsfrei sagen, wann und weshalb die Vierbeiner es einsetzen.

In der Überblicksstudie, die im Fachmagazin "Biology Letters" erschienen ist, identifizierte das Forschungsteam um die Erstautorin Silvia Leonetti anstelle eindeutiger Erkenntnisse immer größere Forschungslücken. Für viele weit verbreitete Annahmen – zum Beispiel, dass Hunde, die mit aufgerichtetem Schwanz aufgeregt wedeln, stets glücklich und nie angespannt seien – gebe es keine zuverlässig auswertbaren Belege. Auch konnten Untersuchungen, bei denen in der Vergangenheit das Stresshormon Cortisol im Blut von Hunden gemessen wurde, keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen Wedelfrequenz und Wohlbefinden nachweisen, heißt es in der Überblicksstudie.

Ein gutes Beispiel aus der Metaanalyse, welches klar zeigt, dass ein Schwanzwedeln bei Hunden nicht immer ein Ausdruck von Freude ist, verrät Co-Autorin Taylor Hersh in einem Interview mit dem Wissenschaftsmagazin "Science": "Wenn ein Hund etwas entdeckt, dem er sich nähern möchte, wedelt er oft mehr zur rechten Seite, während er zur linken Seite wedelt, wenn er sich von etwas zurückziehen möchte." Diese Erkenntnis hat sich inzwischen in zahlreichen Studien bestätigt.

Der Mensch prägte vermutlich die Verhaltensweise

Das Forschungsteam vermutet, dass sich das Schwanzwedeln bei Hunden deshalb so stark ausgebildet habe, weil durch den Menschen im Verlauf der Domestizierung bewusst oder unbewusst meistens die Tiere ausgewählt worden sein könnten, die häufig wedeln. Das starke Bewegen der Rute könnte als Zeichen von Gelehrigkeit und Zahmheit verstanden worden sein. Denn erwiesenermaßen wackelt kein Tier so stark mit dem Schwanz wie der Hund. Die Funktion, mit der Rute etwa Fliegen oder Mücken zu vertreiben, zu balancieren oder sich abzustützen, ist hingegen kaum bis gar nicht mehr vorhanden.

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Die Forschenden vermuten weiter, dass die Vierbeiner spezifisch aufgrund der menschlichen Neigung zu rhythmischen Reizen ausgewählt wurden. "Mehrere wissenschaftliche Untersuchungen haben zeigen können, dass sich der Mensch besonders zu isochronen Mustern hingezogen fühlt. Das heißt zu einem Rhythmus, bei dem alle Intervalle zwischen den Ereignissen gleich sind. "Wie bei einem Metronom", erklärt Silvia Leonetti dem Magazin "Science". "Auch wenn Menschen den Rhythmus des Schwanzwedelns nicht quantifizieren konnten, können wir erkennen, dass es ein Muster gibt, das wir vielleicht ausgewählt haben, weil es uns gefällt."

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Demnach wedeln Hunde einfach deshalb so viel mit ihrem Schwanz, weil es Menschen schon immer Freude bereitet hat, ihnen dabei zuzusehen und es bei uns Menschen positive Reaktionen hervorruft, die sich die Vierbeiner von uns wünschen.

Welche der aufgestellten Hypothesen des Forschungsteams zutreffen, müssten weitere Studien auf dem Gebiet der Evolutions- und Verhaltensforschung zeigen, so die Autorinnen und Autoren. Silvia Leonetti und ihr Team schlagen deshalb vor, bei künftigen Studien zum Schwanzwedeln beim Hund mehr als nur die Daten zur Dauer und Frequenz der Bewegung zu erfassen. Stattdessen müssten mit moderner Technik weitere Merkmale der Körpersprache – wie Schwanzhöhe, seitliche Auslenkung oder Blickrichtung – beachtet werden. Nur so könne man das Phänomen und dessen evolutionäre Entstehungsgeschichte endgültig verstehen.

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