Er ist einer, der sein Schicksal ungern dem Zufall überlässt. Einer, der sich Gedanken über die Zukunft macht. Einer, der lieber vorsorgt, als das Nachsehen zu haben. Der Eichelhäher gehört zu den Rabenvögeln und damit zu den, man könnte sagen: Affen der Lüfte. Denn in puncto Intelligenz steht der etwa taubengroße Vogel manchem Primaten in keiner Weise nach.
Eichelhäher können die Stimmen zahlloser Vögel imitieren, vermögen Artgenossen gezielt auszutricksen und bewiesen auch in Experimenten Köpfchen: Forschende taten so, als würden sie einen Futterhappen von der einen in der anderen Hand verschwinden lassen – doch die schlauen Vögel ließen sich in der Studie kaum von der Scharade täuschen; jedenfalls weit seltener als menschliche Probanden.
Bis zu elf Stunden arbeitet der Eichelhäher an seinem Winterdepot
Im Oktober beginnt der Eichelhäher auf besonders spektakuläre Weise von seinem Verstand Gebrauch zu machen. Um durch den Winter zu kommen, sammelt Garrulus glandarius Eicheln, Bucheckern und Haselnüsse und versteckt die Leckerbissen – meist einzeln – an ausgewählten Orten: in Löchern, Astspalten, zwischen Baumwurzeln oder unter der Laubstreu. Dabei ist das ansonsten recht redselige Tier mucksmäuschenstill (nur keine Aufmerksamkeit bei anderen Hähern erregen!).
Bis zu elf Stunden pro Tag arbeitet der Vogel emsig an seinem Winterdepot, legt beim Sammeln und Verstauen nicht selten sechs, sieben, acht Kilometer zurück und hat zum Beginn der kalten Saison mitunter 5000 Baumfrüchte (mehr als zwanzig Kilo) versteckt. Und: Der Gedächtniskünstler hat sich beinahe alle Orte eingeprägt, orientiert sich beim Wiederfinden an den spezifischen Gegebenheiten der Landschaft. Ja, selbst unter einer vierzig Zentimeter dicken Schneedecke steuert er Monate zuvor versteckte Eicheln zielsicher an.
Doch er plündert meist nicht das gesamte Depot. Und so ist der geistige Überflieger auch ein wichtiger Aufforster: Er trägt zur Ausbreitung etlicher Bäume bei.