Löwen können schwimmen. Aber sie tun es nur, wenn es gar nicht anders geht. Denn Krokodile oder auch Nilpferde haben im Wasser leichtes Spiel mit den Top-Prädatoren der Savanne.
Wohl auch aus diesem Grund wurden bisher nur Schwimmstrecken von zehn bis zu wenigen Hundert Metern dokumentiert – von denen für die Schwimmer einige tödlich endeten. Nun konnten Forschende von der australischen Griffith University und der amerikanischen Northern Arizona University mithilfe einer Drohne und einer Wärmebildkamera zeigen, dass es zwei männlichen Löwen gelang, einen etwa einen Kilometer breiten Fluss schwimmend zu überqueren – nachts.
Das mutige Duo bildeten der etwa zehn Jahre alte Jacob und sein Bruder Tibu. Wie Alexander Braczkowski, Erstautor der Studie, im Fachblatt "Ecology and Evolution" berichtet, ist Jacob im Queen Elizabeth-Nationalpark gut bekannt. Denn der Löwe trägt Wunden vom Horn eines Büffels, und seine Familie wurde von Wilderern vergiftet. Er selbst entging nur knapp zwei Angriffen von Wilderern. Den Unterschenkel seines linken Hinterbeins verlor Jacob in einer Stahlfalle, aus der er befreit werden konnte.
Überleben unter hohem Druck
Dass den beiden nun das Bravourstück gelang, den an dieser Stelle mehr als einen Kilometer breiten Kazinga-Kanal in Uganda zu durchschwimmen – und lebend das andere Ufer zu erreichen –, ist das eine. Doch "die Tatsache, dass er und sein Bruder Tibu es geschafft haben, so lange in einem Nationalpark zu überleben, in dem sie stark von Menschen bedrängt und großem Druck durch Wilderei ausgesetzt sind, ist an sich schon eine Leistung", erklärt Braczkowski in einer Pressemitteilung der Universität. Sein Forschungsteam habe in einer Langzeitstudie zeigen können, dass sich die Löwenpopulation in der Region in nur fünf Jahren fast halbiert hat. Jacob sei offenbar eine "Katze mit neun Leben". Der Forscher "würde alles darauf wetten", dass es sich bei Jacob um den "widerstandsfähigsten Löwen Afrikas" handele.
Doch warum haben die beiden überhaupt die riskante Flussquerung gewagt? Zumal es in der Nähe eine Brücke gibt? Braczkowski, der die beiden schon länger beobachtete, hat dazu eine Vermutung: "Der Wettbewerb um die Löwinnen im Park ist hart, und sie haben in den Stunden vor dem Schwimmen einen Kampf um die Zuneigung der Weibchen verloren." Daher sei es wahrscheinlich, dass das Duo die riskante Reise auf sich nahm, um zu den Weibchen auf der anderen Seite des Kanals zu gelangen. Dass sie nicht den einfacheren und sichereren Weg über die Brücke genommen haben, erklärt der Forscher mit der Anwesenheit von Menschen: Zweibeiner wirken offenbar auch auf die Top-Prädatoren unter den Wildtieren Afrikas furchterregend.
Das Wagnis von Jacob und Tibu, so Braczkowski, sei ein "weiteres wichtiges Beispiel dafür, dass einige unserer beliebtesten Wildtierarten schwierige Entscheidungen treffen müssen, um in einer vom Menschen dominierten Welt ein Zuhause und Partner zu finden".