Genau am Neujahrstag 2019, als sich die Menschen auf Hawaii von einer durchfeierten Nacht erholten, starb in einem Wohnwagen am Rand von Kailua, Oahu, eine 14-jährige Schnecke namens George. David Sischo, der in dem Wohnwagen arbeitet, sich aber einen seltenen freien Tag genommen hatte, erfuhr davon am nächsten Morgen um sieben Uhr, als eine Kollegin Georges schlaffen Körper entdeckte und Sischo eine SMS schickte. "Normalerweise höre ich so früh nichts von ihr, und noch bevor ich die SMS las, spürte ich, dass etwas Schlimmes passiert war", sagt Sischo. Nur wenige Menschen würden um eine Schnecke trauern, aber David Sischo und sein Team hatten sich jahrelang um George gekümmert. Er war eine tägliche Konstante, ein vertrauter Freund. Er war auch die letzte bekannte Schnecke seiner Art, die letzte Achatinella apexfulva. Jeder stirbt für sich allein, sagt man. Für George traf das in doppelter Hinsicht zu – er war am Ende allein, sowohl in seinem Käfig als auch in der Welt.
Wenn das letzte Exemplar einer Art verschwindet, dann geschieht dies in der Regel unbemerkt, irgendwo in der Wildnis. Erst später, wenn Erkundungen ergebnislos verlaufen, geben Forscher und Forscherinnen widerwillig zu, dass die Art ausgestorben sein muss. In seltenen Fällen wie dem von George, also wenn sich Menschen um den letzten bekannten Vertreter einer Tierart kümmern, wird das Aussterben schmerzhaft konkret. Es geschieht in unserem Beisein, in Echtzeit. Und es gibt eine Leiche. Als David Sischo in das neue Jahr feierte, gab es die Art Achatinella apexfulva noch. Einen Tag später existierte sie nicht mehr. "Es geschah direkt vor unseren Augen", sagt er.
Hawaii war einst für seine Schnecken, etwa die kāhuli, die Baumschnecken, berühmt. Die meisten von ihnen sind kleiner als die durchschnittliche Gartenschnecke, aber viel, viel schöner. Ihre Schalen vereinen die Farben einer Pralinenschachtel – dunkelbraun, kastanienbraun, weiß und gelegentlich mit einem grünen Hauch von Minze. Sischo vergleicht sie nicht nur mit Süßigkeiten, sondern auch mit Weihnachtsschmuck, da viele der Tiere in Bäumen leben. Sie alle stammen von Mollusken ab, die vor Millionen von Jahren nach Hawaii kamen, womöglich auf den Körpern von Vögeln. Aus diesen blinden Passagieren entstanden mehr als 750 Arten – eine unglaubliche Auffächerung, die die Schnecken zur Manifestation generativer Kräfte der Evolution werden ließ.

Doch in den letzten Jahrzehnten sind die kāhuli zu einem Beispiel für die gegenteilige Kraft geworden: das Aussterben. Da ihre Lebensräume auf bestimmte Täler beschränkt sind, sie sich nur langsam fortpflanzen und keinerlei Erfahrung mit Raubtieren haben, sind sie besonders anfällig für jene Fleischfresser, die auf Hawaii eingeführt wurden. Ratten und Chamäleons stellen ernsthafte Bedrohungen dar, aber ihre Erzfeindin ist eine andere Schnecke – Euglandina rosea, die treffend benannte Rosige Wolfsschnecke. Sie ist gefräßig und schnell (jedenfalls für eine Schnecke) und jagt ihre einheimischen Verwandten, indem sie deren Schleimspuren folgt, um ihre Genossinnen dann mit ihrer gezackten Zunge aus dem Gehäuse zu reißen oder sie mitsamt demselben zu verschlucken.
Sechs Käfige beherbergen die Weltpopulation von Achatinella fuscobasis
Sischo und sein Fünfer-Team versuchen schon seit 2012, einheimische Schnecken zu retten. Damals erweiterten sie ein Programm, das in den 1980er Jahren von der University of Hawaii ins Leben gerufen wurde. Wenn man sie an ihrem Arbeitsplatz besucht, dem 15 Meter langen grünen Wohnwagen, führt Sischo die Ankömmlinge in den hinteren Teil, in dem Dutzende von Plastikkäfigen in kühlschrankgroßen gläsernen Vitrinen gestapelt sind. Er zeigt dann auf sechs Käfige: "Hier drin befindet sich die Weltpopulation von Achatinella fuscobasis." Dann deutete er auf alle Käfige: "Das Zuhause von 35 Arten." Jede von ihnen ist in freier Natur bereits ausgestorben oder steht kurz vor dem Aussterben.
Zunächst erscheinen Schnecken zwar pflegeleicht, aber ihre Versorgung ist schwierig. Sie werden regelmäßig mit Sprinklern besprüht, um ihr früheres Zuhause im Regenwald zu imitieren, in ihrem neuen Heim sind Temperatur und Luftfeuchtigkeit sorgfältig reguliert. Fällt eine dieser Variablen zu stark ab oder setzt der Strom in den Käfigen aus, wird Sischo mit automatischen E-Mails und SMS bombardiert. Er schaltet sein Telefon nie aus, selbst wenn er schläft. Und wenn er zu ungewöhnlichen Zeiten Nachrichten erhält, bekommt er sofort Bauchschmerzen.

Sischo ist 35 Jahre alt, schlank und unerschütterlich fröhlich. Wenn er über die Schnecken spricht, unterdrückt er oft ein Lachen, das zu drei Teilen aus Galgenhumor und zu einem Teil aus Panik besteht. Der Panik-Anteil nimmt zu: Die ohnehin rückläufigen Schneckenpopulationen sind in letzter Zeit in einen Sturzflug übergegangen. 2014 zum Beispiel beobachtete Sischos Team eine Art, die seit den 1980er Jahren nicht mehr gesehen worden war – sieben Individuen in einem einzigen Baum. Ein Ereignis, das hoffnungsvoll stimmte. Aber weil der Wohnwagen noch im Bau war, konnte das Team die Überlebenden nirgendwo unterbringen. Als die Naturschützer zwei Jahre später zurückkehrten, um die Gruppe zu retten, war sie verschwunden, jedes einzelne Individuum. "Wir haben jedes verdammte Blatt an diesem Baum umgedreht, aber da war nichts", sagt Sischo. "Das wird mich wahrscheinlich für den Rest meines Lebens verfolgen."
Das letzte Tier einer Art wird oft "Endling" genannt
Es war Dieses Erlebnis, das Sischos Sinn für Dringlichkeit neu kalibriert hat. Wiederholt suchten Teammitglieder nach Arten, von denen sie vorher gedacht hatten, dass sie stabil seien, und mussten schließlich die verbliebene Handvoll Überlebender evakuieren – oder sie fanden überhaupt keine mehr. Während sich Hawaii leert, füllen sich die Schränke der Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen. Schon jetzt geht der Platz aus, und den Schnecken läuft die Zeit davon. Wenn nicht eingegriffen wird, befürchtet Sischo, dass im nächsten Jahrzehnt 100 Arten auf Hawaii verschwinden werden. "Ich glaube, jeder, der vom Aussterben einer Art hört, denkt, dass noch Zeit ist", sagt er. "Aber wir sind die letzten Menschen, die etwas dagegen tun können."
Wenn Tierarten aussterben, wird das letzte überlebende Exemplar oft "Endling" genannt – ein Wort von sanfter Schönheit, herzzerreißender Einsamkeit und erschreckender Endgültigkeit. Es wurde erstmals auf Lonesome George gemünzt, die letzte Schildkröte der Pinta-Insel. Der Begriff vereint Martha, die Wandertaube, Benjamin, den Beutelwolf, und Booming Ben, das Heidehuhn. Er wird schließlich auch entweder Najin oder Fatu beschreiben, die beiden letzten Nördlichen Breitmaulnashörner – beide weiblich, beide nicht schwanger.
Endlinge sind Avatare des Verlusts. Inmitten des sechsten Massenaussterbens auf der Erde verkörpern diese – in schlechtem Sinne einzigartigen – Kreaturen jene Krise, mit der die Tierwelt konfrontiert ist – und unser Versagen, sie abzuwenden. Wenn eine Spezies bis auf ihren Endling ausstirbt, ist sie praktisch tot. Die Pflege eines Endlings kann jedoch als ein letzter Akt des Trotzes oder vielleicht der Reue dienen. Kein Wunder, dass die Hüter von Endlingen oft sehr an ihnen hängen.

Ein Beispiel dafür ist Mark Mandica, Geschäftsführer der Amphibian Foundation. Er kümmerte sich um den letzten bekannten Rabbs-Fransenzehenlaubfrosch – eine neue Art, die in der freien Natur ausgerottet wurde, bevor sie überhaupt einen wissenschaftlichen Namen hatte. Im Jahr 2005 retteten Naturschützer Dutzende Frösche aus Panama vor einem sich rasch ausbreitenden Killerpilz, als ob sie Wertgegenstände aus einem brennenden Gebäude bergen wollten. Zu den Evakuierten gehörten auch einige Rabbs-Fransenzehenlaubfrösche, von denen wiederum einige in den Botanischen Garten von Atlanta gelangten, wo Mandica sich ihrer annahm. Sie wurden in einem umfunktionierten Schiffscontainer untergebracht, liebevoll als "Froschkapsel" bezeichnet. Niemand wusste, wie man diese Art pflegt, geschweige züchtet.
Im Jahr 2012 war dann nur noch ein Rabbs-Fransenzehenlaubfrosch übrig: ein rötlich-braunes Männchen, dessen überproportional große Füße und Augen ihm ein kindliches Aussehen verliehen. Mandicas zweijähriger Sohn gab ihm den Namen Toughie ("zähes Kerlchen"), und die Froschkapsel wurde zu einem Hospiz. Die Art würde aussterben, und Mandica konnte nur noch dafür sorgen, dass es ihrem letzten Mitglied gut ging, dass sein letztes Zuhause sauber war und es zu essen bekam. "Es war nur eine Frage der Zeit, bis ich ihn tot auffinden würde", sagte er mir. "Das war schrecklich. Diese Tierart versteckt sich gern, und jedes Mal, wenn ich ihn nicht sofort finden konnte, hatte ich ein flaues Gefühl im Magen." Toughie war ein schweigsamer Typ, aber 2014 – nach jahrelanger Gefangenschaft – hörte Mandica ihn endlich rufen. Er schlich sich heran und machte eine Aufnahme. "In seinem Gesang war etwas, das mich tief berührte", sagt er. "Er rief nach einer Partnerin, und die gab es auf dem ganzen Planeten nicht." Toughie starb zwei Jahre später, und mit ihm seine Art.
Spielt Mark Mandica Toughies Lied manchmal noch? "Das tue ich. Es ist so schwer, ihn nicht zu vermissen. Zum Glück habe ich noch viele Bilder. Aber ihn zu hören, ist etwas Besonderes", sagte er. Unter Tränen.
Fast alle Tiere sind von anderswo nach Hawaii gebracht worden
Globale Handelsnetze verbreiteten den Pilz, der Toughies Art und viele andere Amphibien auslöschte. Die Kräfte der Globalisierung haben durch die Umstellung der Natur wiederholt verheerend auf die einheimischen Ökosysteme gewirkt. Das Landwirtschaftsministerium von Hawaii etwa führte Euglandina rosea absichtlich auf den Inseln ein, um eine andere, zuvor eingeführte Schnecke zu bekämpfen.
Heute unternimmt David Sischo eine einstündige Fahrt in die nordwestliche Ecke von Oahu, um eine der wenigen verbliebenen wilden Hochburgen der kāhuli zu besuchen. Während der Fahrt wird deutlich, dass fast alle Tiere von anderswo nach Hawaii gebracht worden sind: die Kardinäle und Trauertauben, die durch die Bäume huschen, der Mungo, der vor dem Auto herumstrolcht. Am Zielort angekommen, deutet Sischo auf Araukarien von den Cook-Inseln, Weihnachtsbeeren aus Südamerika und Eukalyptus aus Australien – eine "Scheißausstellung von Unkraut".
Um einheimische Tiere zu finden, wandert er einen Serpentinenpfad zu einer hochgelegenen Lichtung, auf der ein kleines Stück dicht bewachsenen Waldes von zwei konzentrischen metallenen Barrikaden umgeben ist. Nachdem er mit Leitern das Hindernis überwunden hat, geht Sischo zum nächsten Baum, hebt ein paar Blätter an und findet eine Schnecke. Mokkabraun mit einer dicken weißen Spirale, sie sieht aus wie eine kunstvoll geschnitzte Kokosnuss – nur eben daumennagelgroß. In einem Umkreis von zehn Metern findet Sischo fünf weitere – ohne wirklich nach ihnen zu suchen. Auch zwei erwachsene Tiere, die aneinander kuscheln; die Schnecken sind, so berichtet Sischo, erstaunlich gesellig. Er findet auch Babys. Und strahlt.
Diese besondere Art – Achatinella mustelina– lebt heute nur noch an dieser Stelle. Die in den 1990er Jahren errichtete innere Barrikade hat in dem Waldreservat eine kleine Population erfolgreich vor marodierenden Raubtieren geschützt, heute gibt es hier etwa 300 Exemplare. Die alte Absperrung ist jedoch inzwischen korrodiert und brüchig. Die glatten, grünen Seiten der neuen, besseren Barrikade können Chamäleons nicht erklimmen, Ratten können sich nicht unter ihrem Fundament vergraben. Und wenn E. roseaes irgendwie schafft, den unteren Mauerrand zu überwinden, dann ein stacheliges Kupfergitter zu durchqueren und die Spitze zu erreichen, bekommt sie einen Stromschlag.
Das hält sie aber nicht davon ab, es zu versuchen. An nur einer Seite der Wand findet Sischos Kollege Charlton Kupa’a Hee sieben E. rosea, die alle bei dem Versuch, die Burg zu stürmen, in eine Sackgasse geraten sind. Sie sehen leicht monströs aus, mit langen Augenstielen und Fortsätzen wie Enterhaken an ihren Köpfen. Normalerweise würde das Team sie mit äußerster Vorsicht zerquetschen, aber diese sieben werden für die Anti- E.-rosea-Forschung in eine Plastikwanne gelegt. Sofort beginnen sich zwei Tiere zu paaren. Die rasante Vermehrung und der unersättliche Appetit dieser Art ermöglichen es ihr, Schneckenparadiese schnell in Geisterstädte aus leeren Schneckenhäusern zu verwandeln. "Es ist nicht ihre Schuld", sagt Sischo. Und dann, mit zusammengebissenen Zähnen: "Aber ich hasse sie."

E. rosea ist inzwischen so weit verbreitet, dass Ausschlussgebiete wie dieses zu den wenigen wilden Orten gehören, an denen einheimische Schnecken gedeihen können. Das Team hat bereits drei Arten, die zuvor in der freien Natur ausgestorben waren, in den Schutzgebieten wiederangesiedelt. Jedes Mal spielt Sischo dann "Born Free" von Kid Rock auf seinem Handy. "Das fühlt sich gut an – und gleichzeitig wie ein Tropfen auf den heißen Stein", sagt er.
In anderen Momenten erinnern die Gehege an einen postapokalyptischen Horrorfilm – eine Gruppe von Überlebenden, die sich in einer Festung verschanzt hat, während Monster an die Wände klopfen. Vom Maßstab her unterscheiden sie sich gar nicht so sehr vom Wohnwagen des Teams: In einer Minute kann man um die Außenwand dieser Festung joggen. Und einige Schaulustige haben sich schon hineingeschlichen, um Fotos mit den Schnecken zu machen. "In welcher Welt leben die bloß?", fragt Sischo.
Er hatte dieses Leben nicht geplant, nein. David Sischo begann als Genetiker und studierte an der Universität von Hawaii bei Michael Hadfield, dessen Forschung zur Gründung des Schneckenprogramms beitrug. Dann wurde Sischo zum Koordinator des Programms – eine Position, die er wohl noch eine ganze Weile bekleiden wird: Die Schnecken auf Hawaii sind langlebig, werden nur langsam erwachsen und vermehren sich entsprechend sparsam. "Es ist wie die Arbeit mit einem Nashorn", sagt Sischo. "Es dauert Jahrzehnte, sie wieder in ihrer Umwelt zu etablieren." Wird er seine Rolle also für immer innehaben? Keine Antwort.
Während Sischos Besuch im Gehege säubert Lindsay Renshaw, die Laborleiterin im Forschungswohnwagen, die Unterkünfte der Schnecken – ein Ritual, das Tage sorgfältiger Arbeit erfordert. Sie entfernt verrottende Pflanzen und sucht jedes Blatt nach Schnecken ab, die sie dann in eine Petrischale legt. Als Sischo zurückkommt, hat Renshaw bereits ein Dutzend Schnecken gefunden – ein Drittel der Weltpopulation von Achatinella bulimoides. Sobald alle Tiere erfasst sind, reinigt sie den Käfig, packt neues Laub hinein und bringt die Schnecken zurück. Eine macht sich aus dem Staub und kriecht über den Rand der Schale, ein Baby klebt an ihrem Gehäuse. Renshaw hebt sie mit einem Blatt auf und setzt sie wieder zurück. Die Arbeit sei fraglos meditativ, sagt sie, aber die Verantwortung laste "wie ein schweres Gewicht" auf ihr.
Wie kann man abschalten, wenn die eigenen Entscheidungen über Weiterleben oder Aussterben entscheiden?
Der Wohnwagen sieht durchaus verletzlich aus. Zwar ist er so konzipiert, dass er potenzielle Diebe abschreckt und Hurrikans standhält. Aber ein Feuer könnte ihn leicht zerstören, auch gegen Seuchen bietet er keinen Schutz. Im September des vergangenen Jahres gelangte ein mysteriöser Krankheitserreger über die an die Schnecken verfütterten Blätter in den Wohnwagen, aber er tötete nur Individuen der zahlreichsten Arten. So erschütternd diese Episode auch war, es gibt keine gute Möglichkeit, sich gegen jede Katastrophe zu versichern. Die Schnecken können nicht einfach auf Zoos oder andere Einrichtungen verteilt werden; sie benötigen spezielle Geräte, erfahrene Betreuerinnen und eine Ernährung mit einheimischen Pflanzen.

Daher kann es für die Betreuer der Schnecken schwierig sein, sich zu entspannen, selbst wenn sie sich außerhalb des Wohnwagens befinden. Wie kann man abschalten, wenn die eigenen Entscheidungen über Weiterleben oder Aussterben entscheiden? "Es ist schon komisch, über das Aussterben von Arten nachzudenken und dann Nachrichten über die lächerlichsten Dinge zu hören wie Klatsch und Tratsch über Prominente", sagt Kupa’a Hee. Für ihn ist Handeln eine Erleichterung: "Immerhin sind wir uns der Lage bewusst und können etwas tun." Doch bei Tieren, deren natürliche Geschichte weitgehend unbekannt ist, kann dieses Etwas tückisch sein. "Macht man es falsch, sterben die Schnecken", sagt Sischo. Verstorbene Schnecken wandern in einen Schrank, der die morbide Aufschrift "Death Cabinet" trägt. Lonesome Georges Überreste befinden sich dort in einem eigenen Fläschchen.
Dabei können die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen auch Erfolge vermelden. 2013, bevor der Anhänger gebaut war, stellte das Team fest, dass die Art Achatinella fulgens nur noch in einem kleinen Baumbestand vorkam. Um die Schnecken vor E. rosea zu schützen, schmierten die Forschenden die Stämme mit Salz und einer Menge Vaseline ein. Es funktionierte – bis ein Erdrutsch die meisten Bäume mit sich riss. Sie suchten die Trümmer ab und fanden sechs Überlebende. Heute leben mehr als 40 von ihnen in dem Wohnwagen. "In fünf Jahren könnten sie wieder in die freie Wildbahn entlassen werden", sagt Sischo.
Nach Sonnenuntergang herrscht rege Betriebsamkeit
Schnecken sind nicht besonders intelligent, und charismatisch sind sie auch nicht. Sischos Freunde machen sich manchmal über ihn lustig, weil er "der seltsame Schneckentyp" ist; Fremde fragen ihn, warum er sich für die Tiere interessiert. Er erzählt ihnen, dass die Schnecken im Wald Nährstoffe recyceln und in den Geschichten und Liedern Hawaiis eine wichtige Rolle spielen. Diese Argumente überzeugen die Leute selten, aber er besteht darauf, dass sie verstehen werden, warum die kāhuli es wert sind, gerettet zu werden, wenn er sie nur in den Wohnwagen locken kann. "Die Leute schmelzen dahin", sagt er. "Zeigt man ihnen, dass sich die gesamte Bevölkerung in dieser einen Kammer befindet, trifft sie die Erkenntnis."
Die Schneckenboxen sind in der Tat beeindruckend. Dabei sind Schnecken nachtaktive Tiere, sodass tagsüber nur einige wenige an den Seiten der Käfige zu sehen sind. Nach Sonnenuntergang aber sieht es anders aus: In den Käfigen herrscht rege Betriebsamkeit, wenn die kāhuli um ihre Arche wandern, fressen und ihre Schleimspuren hinterlassen. David Sischo schläft dann einige Kilometer entfernt. Er schläft unruhig.