Der heißeste Tag, die heißeste Woche, der heißeste Monat: In den vergangenen Tagen überschlugen sich die Meldungen zu neuen Temperaturrekorden, der Sommer 2023 schickt sich an, weltweit einer der heißesten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen zu werden. Mancherorts litten Mensch und Tier unter Werten weit über 40 Grad Celsius.
Längere Zeit aushalten lässt es sich da nur noch in klimatisierten Räumen. Forschende warnen: Die Frage der Raumkühlung wird, vor allem in den aufgeheizten Beton- und Asphaltschluchten der Metropolen, zunehmend zu einer Frage des Überlebens.
Nicht verwunderlich also, dass die Nachfrage nach Klimageräten rasant ansteigt. Die Internationale Energieagentur IEA geht bis zur Jahrhundertmitte von einer Verdreifachung der Zahlen aus.
Doch dieser Boom hat eine paradoxe Schattenseite. Darauf weist jetzt der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) in einer Publikation hin. Denn weltweit wird immer noch ein Großteil des Stroms mit fossilen Energieträgern erzeugt, und nach den VDI-Recherchen verschlingt die Raumkühlung heute etwa jede zehnte produzierte Kilowattstunde – Tendenz stark steigend. Bis zum Jahr 2050 könnten Klimaanlagen 37 Prozent des gesamten Stromverbrauchs ausmachen. Und so ihrerseits den Klimawandel anheizen.
Eine besonders dramatische Entwicklung zeichnet sich in Ländern wie Indien oder Indonesien ab: Hier könnten Kühlgeräte um die Jahrhundertmitte an heißen Tagen mehr als 40 Prozent der landesweiten Stromproduktion auffressen.
Die Folgen für das Klima sind verheerend: Bis zum Ende des Jahrhunderts könnte sich die Erdatmosphäre gegenüber vorindustriellen Zeiten um drei Grad Celsius erwärmt haben. Den VDI-Recherchen zufolge entfielen dann ein halbes Grad allein auf das Konto der Klimageräte.
Immer mehr Deutsche kühlen ihre Räume elektrisch
Und auch in Deutschland steigt die Nachfrage. In einer Umfrage des Vergleichsportals Verivox gaben 13 Prozent der Menschen in Deutschland an, ihre Wohnung oder ihr Haus mit einer solchen Anlage zu kühlen. Und immerhin 16 Prozent planten schon eine Anschaffung. Dass die Anlagen dem Klima schaden, spielt demnach nur für 21 Prozent der Befragten eine Rolle.
Für den VDI ist das kein Grund zum Schwarzsehen. Die Autor*innen des Berichts listen Maßnahmen und Lösungen aus Forschung, Politik und Wirtschaft auf, mit denen der "Teufelskreis" aus Erderwärmung und immer mehr Kälteanlagen durchbrochen werden könne.
So sollen voraussichtlich ab 2024 strengere EU-Vorgaben für energieeffiziente Kühlgeräte gelten. Zudem arbeiten Forschungsinstitute und Hersteller an klimafreundlicheren Kühlmitteln und Kühlgeräten. In Pilotprojekten sei es gelungen, die Emissionen von Klimageräten um bis zu 90 Prozent zu reduzieren.
Aber auch alte Techniken könnten im Verlauf der Klima- und Hitzekrise wieder interessant werden: So genannte Badgire kühlen schon seit mehr als 3000 Jahren Innenräume im Nahen Osten. Sie leiten einen Luftstrom in kühle Keller oder entlang unterirdischer Kanäle – und von dort in weiter oben gelegene Wohnräume. Ganz ohne CO2-Emissionen oder klimaschädliche Kühlmittel.