Wer an diesem Dienstag durch München, Berlin oder Hamburg schlenderte, ahnte nichts von einem Temperaturrekord. Die Sonne blitzte nur ab und zu durch die Wolkendecke, Wind blies durch die Häuserschluchten, in den Straßencafés hüllte man sich fröstelnd in eine Decke. Und doch: Global gesehen war der 4. Juli einer Berechnung zufolge der heißeste je gemessene Tag. Nach Angaben des US National Center for Environmental Prediction erreichten die globalen Temperaturen mit 17,18 Grad einen neuen Höchstwert. Der bisherige Höchstwert: 17,01 Grad, gemessen nur einen Tag zuvor am 3. Juli 2023. Bis dahin stammte der höchste gemessene Wert von 16,92 Grad aus dem August 2016. In die Berechnung des aktuellen Hitzerekordes fließen allerdings auch Modellberechnungen mit ein - nicht nur real gemessene Temperaturen.
Brütend heiß ist es derzeit vor allem im Süden der USA: Oklahoma, Louisiana und Texas liegen seit zwei Wochen unter einer Hitzeglocke, Kirchen öffnen ihre Pforten, damit die Menschen der drückenden Schwüle entfliehen können. Auch in China herrschen seit Wochen hohe Temperaturen: Die Bevölkerung Pekings ächzt unter Temperaturen von über 40 Grad, die sozialen Medien sind voll von Kühltipps. Diese wären auch in Nordafrika nötig, wo bis zu 50 Grad gemessen wurden. Im Nahen Osten mussten während der Pilgerfahrt Hadsch bei Temperaturen bis zu 48 Grad Tausende wegen Hitzschlag und Erschöpfung behandelt werden. Und selbst im antarktischen Winter werden ungewöhnlich hohe Temperaturen gemessen.
Schuld an Extremtemperaturen: der menschengemachte Klimawandel. Er sorgt dafür, dass Hitzewellen nicht nur häufiger, sondern auch intensiver und langanhaltender werden. "Sowohl einzelne Tage mit Rekordhitze als auch wochenlange Hitzewellen wie im Jahr 2003 werden häufiger", sagt Reto Knutti, Professor für Klimaphysik an der ETH Zürich. "Wir haben kürzlich berechnet, dass etwa vier von fünf Hitzewellen menschgemacht sind, sie haben sich seit der vorindustriellen Zeit ungefähr verfünffacht. Es ist daher wenig verwunderlich, dass heute Spitzentemperaturen von 30 Grad fast normal sind – obwohl es solche Temperaturen früher kaum gab."
Dass in diesem Jahr die globalen Höchsttemperaturen geknackt werden könnten, wurde von Forschenden aber noch aus einem anderen Grund prognostiziert: Das Wetterphänomen El Niño ist zurück. Es sorgt für eine Erwärmung des Meerwassers im Pazifik, sich abschwächende Passatwinde – und einen globalen Temperaturanstieg. Trifft El Niño auf den Klimawandel, verschärft er dessen Folgen noch einmal deutlich.
Das bekommt auch Mitteleuropa zu spüren. Einer Studie der University of California zufolge zählt es zu den von der Klimakrise besonders betroffenen Hotspots und muss bis zum Ende des Jahrhunderts unter Umständen deutlich häufiger mit der Kombination aus Dürre und Hitze rechnen. Und so war der kühle Sommertag in Berlin, Hamburg und München am heißesten Tag aller Zeiten auch nur eine kurze Verschnaufpause. Schon für Freitag sind wieder Temperaturen bis zu 40 Grad angekündigt.