Liebe Leserin, lieber Leser,
die Erfolgsgeschichte der Menschheit begann vor 1,5 Millionen Jahren mit einer Erfindung: dem Faustkeil. So ein Werkzeug planmäßig fertigen zu können, das unterschied den Urmenschen von seinen affenähnlichen Vorfahren. Es versetzte ihn in die Lage, nun auch große Beutestücke zu zerlegen, Holz zu bearbeiten, sich Unterkünfte zu bauen. Und so heißt dieser frühe Vorfahr des modernen Menschen bei den Anthropologen aufgrund seiner Fähigkeiten Homo ergaster, „der Handwerker“.
Dank seiner Erfindungsgabe war Homo ergaster in der Lage, seine Heimat Afrika zu verlassen und halb Asien zu besiedeln. In seiner Nachfolge stieg der moderne Mensch nach und nach zum Herrscher über den Planeten Erde auf – wuchs sozusagen über sich selbst hinaus. Speere und Messer, Pfeil und Bogen halfen ihm, zu jagen und sich gegen Feinde durchzusetzen. Das Feuer erleuchtete die Nacht, das Rad ermöglichte einen effizienteren Lastentransport, das Fischernetz gab ihm die Chance zur Ernte auf hoher See und der Kochtopf die Gelegenheit, Erlegtes erstmals zu garen und damit haltbarer zu machen.

Fortan entwickelten die Erdenbewohner in immer kürzeren Abständen neue Werkzeuge, Geräte und schließlich Maschinen. Und fast jede Neuerung, die der Homo ersann und die sich durchsetzte, erleichterte ihm das Dasein. Doch obwohl unsere heutige Zivilisation auf Technik und Innovationen beruht, hatten es die Tüftler mit ihren Einfällen nicht immer leicht.
Download
Denn viele Erfindungen waren ihrer Zeit weit voraus – so das Rad bei den Indianern Mexikos (die es anfangs nur als Spielzeug verwendeten, weil sie keine Zugtiere hatten und damit auch keinen Bedarf für einen Wagen mit Rädern). Oder der Kompass, den die Chinesen vor mehr als 2200 Jahren entwickelten, zunächst aber nur für zeremonielle Zwecke nutzten. Oder der Fallschirm, den Leonardo da Vinci um 1500 entwarf – 350 Jahre vor dem ersten Flugzeug. Ob eine Innovation von Zeitgenossen auch tatsächlich genutzt wird, hängt häufig eben nicht von der Genialität ihres Schöpfers ab, sondern von der Gesellschaft und davon, ob sie sich dank alter Gewohnheiten gegen das Neue sträubt.
Jede Erfindung braucht demnach ein gutes Timing. Und so kommt es, dass manche Innovation, die sich nur in Details von ihrem Vorgängermodell unterscheidet, deshalb berühmt wird, weil Historiker mit ihr später den Beginn einer Epoche verbinden. Wie beim Bau des ersten brauchbaren Dynamos, den Werner von Siemens 1866 entwickelt: Seine Maschine zur Erzeugung großer Stromstärken markiert den Beginn des elektrischen Zeitalters.
Nach der GEOkompakt-Ausgabe über die „100 größten Forscher aller Zeiten“, erschienen vor einem Jahr, präsentieren wir nun die 100 wichtigsten Erfindungen der Geschichte – angefangen beim Faustkeil, endend beim Nanomotor aus dem Jahr 2000.

Entscheidend für die Auswahl – erstellt von meinen Kollegen Jörn Auf dem Kampe und Dr. Arno Nehlsen sowie den Wissenschaftshistorikern Prof. Dr. Gudrun Wolfschmidt und Prof. Dr. Stefan Kirschner – war, ob die jeweilige Erfindung:
• mehr war als ein Einfall, nämlich ein konkreter Gegenstand (wie der Hammer) oder eine innovative Substanz (wie der Mineraldünger); • alltägliche Arbeiten erheblich erleichterte, wie etwa das Wasserrad; • eine neue Epoche begründete, wie der Buchdruck; • der Wissenschaft zu einem Durchbruch verhalf, wie das Mikroskop;
• der Heilkunst einen neuen Weg eröffnete, wie die Ätherkugel; • unserer Kultur eine neue Dimension hinzufügte, wie die Filmkamera.
Und natürlich musste das Team auch Erfindungen aufnehmen, bei denen sich lange diskutieren lässt, ob sie die Menschheit vorangebracht haben – etwa das Schießpulver oder der Atomreaktor –, deren Relevanz aber unbestreitbar ist. Andererseits wurden Innovationen ausgeklammert, die eher für eine Idee stehen – wie das World Wide Web. (Unter www.geokompakt.de laden wir Sie dennoch herzlich ein, unsere Auswahl zu kommentieren.)
Auch wenn so mancher Tüftler als weltfremder Spinner gesehen wird – unsere Welt wäre ohne die Ideen der Erfinder, ohne Maschinen, Apparate, Geräte und andere technische Hilfsmittel eine ganz andere. Es gäbe fast nichts von dem, was heute unser Leben erleichtert: weder Schraube noch Dübel, weder Papier noch Glas, weder Kühlschrank noch Konservendose. Auch kein WC.
Und nicht einmal eine Lampe, die das Dunkel der Nacht erhellt.
Herzlich Ihr
Michael Schaper