Inhaltsverzeichnis
Gesamtdarstellung

DIE INDUSTRIELLE REVOLUTION IM ÜBERBLICK
Dieter Ziegler, Die Industrielle Revolution (Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2005), 152 Seiten, 16,90 Euro.
Zuverlässige Informationsquelle zur Geschichte der deutschen Industrialisierung. Dieter Ziegler fasst die wirtschaftshistorische Forschung kurz und bündig zusammen und vermittelt einen guten Überblick. Der Bochumer Professor für Wirtschafts- und Unternehmensgeschichte versucht dabei gar nicht erst, den deutschen Industrialisierungsprozess als homogen darzustellen: Er unterteilt ihn vielmehr in unterschiedliche Phasen – und differenziert nach Regionen.
Richard Arkwright
RICHARD ARKWRIGHT UND DIE MODERNE FABRIK
R. S. Fitton, The Arkwrights. Spinners of Fortune (Manchester University Press, 1990) 352 Seiten, ab 30 Euro (antiquarisch).
So wichtig Richard Arkwright für den Beginn der Industriellen Revolution auch war: Gering ist die Zahl an längeren biografischen Texten über ihn. Die einzige wirklich ausführliche Lebensgeschichte des Perückenmachers, der als technisch geschickter Geschäftsmann mit seinen Baumwollspinnereien das moderne Fabriksystem begründete, hat der Brite R. S. Fitton geschrieben. Der Historiker, über dem Verfassen des Buches verstorben, hat mit großer Detailversessenheit eine Fülle von Informationen zu Arkwright, seinen Geschäftspartnern und seinen Erben zusammengetragen, zitiert viele historische Dokumente wie Briefe, Zeitungsartikel und Gerichtsakten. Leider verliert sich das Werk jedoch zuweilen in der Menge der Fakten, ist eher umständlich geschrieben und aufgebaut, versäumt es oft, angeführte Originaltöne genauer einzuordnen und zu erklären. Wer aber so viel wie möglich über Sir Richard Arkwright und sein beeindruckendes Baumwollspinnimperium erfahren möchte, sollte „The Arkwrights“ lesen.
Almut Bohnsack, Spinnen und Weben. Entwicklung von Technik und Arbeit im Textilgewerbe (Rowohlt, Reinbek 1985) 298 Seiten, etwa 15 Euro (antiquarisch).
Welchen Pfaden technisch-ökonomische Innovation folgt und welche weit reichenden Auswirkungen auf die Arbeitsweise und das Leben der Menschen sie hat, zeigt Almut Bohnsack in ihrer Geschichte des europäischen Textilgewerbes. In ausführlichen Teilen schildert Bohnsack vor allem die Phase der Industrialisierung, die in Großbritannien begann, den Umbruch von der Handarbeit zur Maschine, von der ländlichen Hausproduktion zur städtischen Fabrik, vom Einzelstück zur Massenfertigung. Mit zahlreichen Bildern und Grafiken erklärt die Autorin genau und verständlich die sich verändernden Produktionstechniken, Apparaturen und Handgriffe, stellt die wichtigsten Erfinder vor, beleuchtet aber auch die sozialen Folgen der Arbeit in immer größeren Spinn- und Webwerken. Und natürlich befasst sie sich mit Richard Arkwright, dessen Leistung und Wirken hier im technikgeschichtlichen Kontext deutlich wird.
GEOEPOCHE Buchtipp-Archiv
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Adam Smith
ADAM SMITH UND DIE THEORIE DES KAPITALISMUS
Gerhard Streminger, Adam Smith (Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1999) 158 Seiten, 8,90 Euro.
Der schottische Philosoph Adam Smith (1723 bis 1790) legt 1776 eine Abhandlung vor, die das ökonomische Denken umwälzt, die Handelspolitik verändert und der Industriellen Revolution zum Durchbruch verhilft: „An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations“. Doch das Leben des Professors, Privatlehrers und Zollinspektors verläuft unspektakulär. Über die wenigen berichtenswerten Fakten informiert zuverlässig die knappe und preisgünstige Biografie aus der Reihe Rowohlts Monographien.

Adam Smith, Der Wohlstand der Nationen (Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1999) 855 Seiten, 19,50 Euro.
Wer wirklich begreifen möchte, was an Smiths Werk so außerordentlich ist, der greife zum Original, etwa in der hervorragenden deutschen Übersetzung von Horst Claus Recktenwald: Er hat dem Werk eine ausführliche Einleitung über Leben und Werk des Philosophen vorangestellt. Ein echter Wissenschaftsklassiker, dennoch lebendig geschrieben und wegen der vielen Beispiele aus der Wirtschaftswelt zu Smiths Zeiten auch für Nichtökonomen leicht verständlich.
James Watt

JAMES WATT UND DIE DAMPFMASCHINE
Jenny Uglow, The Lunar Men. The Friends who made the Future, 1730 - 1810 (Faber & Faber, London 2003) 588 Seiten, £ 9,99.
In der „Mondgesellschaft“ menschelt es gewaltig. Nichtsdestoweniger eine faire Würdigung des Erfinder- und Freundeskreises um James Watt und seinen Geschäftspartner Matthew Boulton – und ein gelungenes Porträt ihrer Zeit.
Hans L. Sittauer, James Watt (B. G. Teubner Verlag, Leipzig 1989) 135 Seiten, antiquarisch ab 5 Euro.
Die knappe deutschsprachige Biografie ist eine ideale Einführung. Der Lehrer und Ingenieur Sittauer schildert Watts Leben und erklärt die Geistesblitze seines Helden allgemein verständlich.
Conrad Matschoß, Die Entwicklung der Dampfmaschine. Eine Geschichte der ortsfesten Dampfmaschine und der Lokomobile, der Schiffsmaschine und der Lokomotive (Julius Springer, Berlin 1908; Reprint VDI-Verlag, Düsseldorf 1987) 2 Bände, 834 Seiten, antiquarisch ab 320 Euro.
Technische Details, Abbildungen und Konstruktionsskizzen. Nach einem Bibliotheksbesuch, der sich wegen des hohen Preises aufdrängt, sind Sie nicht nur für die einschlägige Frage gerüstet: „Wat is ene Dampfmaschin’?“ - Sie können selbst eine bauen.
Otfried Wagenbreth, Helmut Düntzsch und Albert Gieseler, Die Geschichte der Dampfmaschine. Historische Entwicklung, Industriegeschichte, Technische Denkmale (Aschendorff Verlag, Münster 2002), vergriffen.
Die Kolbendampfmaschine von ihren Anfängen bis zur Gegenwart: Ein Werk, gespickt mit Zeichnungen, Schaubildern, Diagrammen. Es richtet sich eher an technisch und technikgeschichtlich interessierte Bibliotheksbesucher.
Maschinenstürmer

MASCHINENSTÜRMER – LUDDITEN
Kirkpatrick Sale, Rebels Against the Future. The Luddites and their War on the Industrial Revolution. Lessons for the Computer Age (Perseus Books, London 1996) 336 Seiten, 12 Euro.
Dramatische und sehr anschauliche Erzählung, die auf historischen Fakten basiert. Der US-amerikanische Autor und Technologie-Kritiker wäre wohl selbst gern dabei gewesen in jenen Jahren zwischen 1811 und 1817, als zornige Textilarbeiter Mittelengland aufrührten. Seine kaum verborgene Sympathie für die Rebellen bedingt, dass das Buch stellenweise wenig analytisch ist und stattdessen eine Fülle von Details ausbreitet: Sales beschreibt den genauen Verlauf einzelner Angriffe, gibt Dialoge zwischen den Beteiligten ebenso wortgetreu wieder (jedoch ohne historische Belege zu geben) wie die letzten Worte eines zum Tode verurteilten Ludditen.

Kevin Binfield (Hrsg.), Writings of the Luddites (John Hopkins University Press, Baltimore/Maryland 2004) 312 Seiten, 52 US$.
Die wichtigsten Schriften der Ludditen-Bewegung. Die Drohbriefe, Petitionen, Gedichte und Lieder der rebellierenden Textilarbeiter zeugen vom Verständnis der Ludditen für die ökonomischen und politischen Bedingungen des aufkommenden Industriezeitalters. Auch sprachlich sind die Texte interessant: Teils in volkstümlichem, teils in gebildetem Ton geschrieben, gewähren sie Einblicke in die Argumentationsweisen und die Stimmungen der Ludditen. Binfield hat die Texte nach den drei zentralen Regionen der Bewegung gegliedert – Nottinghamshire, Yorkshire, Manchester – und lokale Besonderheiten berücksichtigt.
Eisenbahn
EISENBAHNEN IN DEUTSCHLAND
DB Museum (Hrsg.), Ein Jahrhundert unter Dampf (DB Museum Deutsche Bahn AG, Nürnberg 2005) 160 Seiten, 10 Euro zzgl. 4,50 Euro Versand.
Am 7. Dezember 1835 beginnt in Deutschland ein neues Zeitalter: Die „Adler“, die erste Dampflokomotive im Liniendienst, startet mit neun Personenwagen zur Jungfernfahrt von Nürnberg nach Fürth. Das farbig und reich bebilderte Buch beschreibt anschaulich und mit vielen Fakten und Anekdoten den einzigartigen Aufstieg der deutschen Eisenbahn vom bestaunten Kuriosum zur zentralen Triebkraft für die industrielle Entwicklung und schließlich zum Massenverkehrsmittel. Es thematisiert auch die gesellschaftlichen Umbrüche jener Zeit und die harten Arbeitsbedingungen auf den Eisenbahnbaustellen sowie die Bedeutung des neuen Transportmittels für die Revolution von 1848/49.
Carl Asmus, Die Ludwigs-Eisenbahn. Die erste Eisenbahnlinie in Deutschland (Orell Füssli, Zürich 1884) 152 Seiten, antiquarisch ab ca. 10 Euro.
Ein gewaltiger Fundus akribisch recherchierter Informationen. Asmus legt den Schwerpunkt auf die Vorgeschichte des Bahnprojektes und die Jahre unmittelbar nach der Eröffnung der „Adler“-Strecke, stellt aber auch technische Details etwa zur Dampfmaschine ausführlich und lesefreundlich dar. Den führenden Köpfen der Ludwigs-Eisenbahn-Gesellschaft hat der Autor eigene Kapitel gewidmet, ebenso dem ersten Lokführer William Wilson. Das Buch, vorwiegend schwarz-weiß bebildert, ist eine Fundgrube vor allem für Eisenbahn-Enthusiasten und „Adler“-Fans.
Harm-Hinrich Brandt (Hrsg.), Zug der Zeit – Zeit der Züge (Siedler, Berlin 1989), 496 Seiten, antiquarisch ab ca. 16 Euro.
Das zweibändige Werk ist zur gleichnamigen Ausstellung in Nürnberg anlässlich des 150-jährigen Jubiläums der deutschen Eisenbahn erschienen. Der erste Band widmet sich ausführlich und ausgesprochen facettenreich den ersten 100 Jahren deutscher Eisenbahngeschichte. Dabei richten die Autoren der einzelnen Kapitel ihr Augenmerk weniger auf technische Details: Neben der Vor- und Frühgeschichte der Eisenbahn wird ihre Bedeutung als wirtschaftlicher Führungssektor ebenso untersucht wie die Folgen für die Gestalt von Landschaften, Städten und die Kolonialpolitik. Dass die Eisenbahn neben gewaltigen Profiten und technischen Innovationen auch eine neue Kultur des Reisens mit sich brachte, zeigt das letzte Kapitel: Es erzählt die Geschichte der Bildpostkarten.
Manchester
ENGELS IN MANCHESTER
Friedrich Engels, Die Lage der arbeitenden Klasse in England (Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1987) ca. 300 Seiten, antiquarisch ab ca. 11 Euro. Online verfügbar beim Projekt Gutenberg.
Zwanzig Monate lang, von November 1842 bis August 1844, lernt Friedrich Engels in Manchester das Kaufmannshandwerk. Das Buch, das er über diese Zeit schreibt, ist eine packende Sozialreportage über das Leben in der ersten Industriemetropole der Welt: Engels beschreibt das Alltagsleben der Arbeiterfamilien bis ins Detail, von den Wohnungen der Elendsviertel über die Arbeit an den Maschinen bis hin zu Ernährungsgewohnheiten. Doch ist er nicht immer objektiv: Engels‘ Frühwerk ist eine Kampfschrift, welche die sozialistische Gesellschaftstheorie untermauern soll. Ein Anliegen, aus dem sich gleichwohl auch die Qualitäten des Buches speisen: intellektuelle Schärfe und sprachliche Kraft.
Peter Bleuel, Friedrich Engels. Bürger und Revolutionär. Die zeitgerechte Biographie eines großen Deutschen (Scherz Verlag, München 1983) 383 Seiten, antiquarisch ab ca. 9 Euro.
Engels, Sohn eines rheinischen Textilfabrikanten und einer der Urväter des deutschen Sozialismus, führt ein Doppelleben zwischen Kaufmannskontor und kommunistischer Agitation. Peter Bleuels biografischer Essay versteht es vortrefflich, dieser "praktizierten Dialektik" nachzuspüren. Der zeithistorische Kontext rückt dabei ebenso in den Blick wie die individuelle Lebenssituation Engels‘. Von seinen ersten Sozialreportagen, die er als Schüler über die Fabriken im heimischen Wupper-Tal verfasste, bis hin zu seiner Freundschaft mit Karl Marx entsteht so ein differenziertes und äußerst farbiges Porträt.
Clemens Zimmermann, Die Zeit der Metropolen. Urbanisierung und Großstadtentwicklung (Fischer Taschenbuch Verlag, 1996) 192 Seiten, 11,45 Euro.
Manchester, München, Barcelona, St. Petersburg: Anhand von vier Beispielen zeichnet Zimmermann die Entwicklung europäischer Großstädte während der Industriellen Revolution nach. Welche Probleme und welche Chancen entstehen infolge rasanter Modernisierung? Was unterscheidet die modernen Städte des 19. Jahrhunderts von denen vorangegangener Epochen? Knapp und auf das Wesentliche konzentriert schildert der Autor die Ursachen und Folgen eines Urbanisierungsprozesses, dessen Auswirkungen bis heute unser modernes städtisches Leben bestimmen. Besonders lesenwert: das Kapitel zur "klassischen Industriestadt" Manchester.
Weltwirtschaftskrise
WELTWIRTSCHAFTSKRISE
Hans Rosenberg, Die Weltwirtschaftskrise 1857-1859 (Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1974) 210 Seiten, antiquarisch ab 7 Euro.
Die erste Auflage dieses Buches verfasste Rosenberg, später Geschichtsprofessor in Berkeley, bereits 1934, bevor er in die USA emigrierte. Dennoch beschreibt es nach wie vor am besten, warum die erste Weltwirtschaftskrise in den USA losbrach, wie sie sich von New York aus in alle Welt verbreitete und welche Schäden sie anrichtete. Dabei wählt Rosenberg eine volkswirtschaftliche Perspektive, die deutlich macht, wie stark die globale Wirtschaft bereits 1857 vernetzt war.
Gerhard Ahrens, Krisenmanagement 1857. Staat und Kaufmannschaft in Hamburg während der ersten Weltwirtschaftskrise (Verlag Verein für Hamburgische Geschichte, Hamburg 1986), 136 Seiten, antiquarisch ab 10 Euro.
Ahrens rekonstruiert Ausbruch und Wirkung der ersten Weltwirtschaftskrise in Hamburg: Die Hansestadt war auf dem europäischen Kontinent als Drehkreuz des Handels am stärksten von der Krise betroffen. Der emeritierte Geschichtsprofessor schildert lebendig, wie die Kaufleute versuchten, ihren Bankrott abzuwenden und mit dem Senat um staatliche Unterstützung rangen. Wichtige Schriftstücke sind im Anhang im Wortlaut wiedergegeben.
Great Eastern

DIE VERLEGUNG DES ERSTEN ATLANTISCHEN TELEGRAPHENKABELS
Angus Buchanan, Brunel. The Life and Times of Isambard Kingdom Brunel (Hambledon Continuum, London 2001) 294 Seiten, 22,99 Euro.
Mit dem Bau des Dampfers „Great Eastern“ verwirklicht der renommierte englische Ingenieur Isambard Kingdom Brunel ab 1854 das Projekt seines Lebens. Das größte Schiff der Welt soll Tausende Passagiere nach Australien bringen, ohne zwischendurch Kohle bunkern zu müssen. Doch der Stahlkoloss ist ein kommerzielles Desaster, und Brunel verliert über den Bau Vermögen und Gesundheit. Erst als der Amerikaner Cyrus W. Field die „Great Eastern“ zum Kabelleger umbauen lässt, erlebt das Schiff einen späten Triumph: Es verlegt 1866 die erste Telegraphenleitung durch den Atlantik.
Alfred Krupp

ALFRED KRUPP UND DAS RUHRGEBIET
Lothar Gall, Krupp. Der Aufstieg eines Industrieimperiums (Siedler Verlag, Berlin 2000) 398 Seiten, 24,95 Euro.
Einer der prominentesten Historiker Deutschlands zeichnet die spannende Geschichte der Kruppschen Stahlfabrik in Essen von ihrer Gründung 1811 bis zum Ersten Weltkrieg nach. Galls meisterhafte Studie ist vor allem ein Porträt Alfred Krupps, der aus der überschuldeten Fabrik seines Vaters einen Weltkonzern schmiedete – und aus seiner Arbeiterschaft eine Lebensgemeinschaft. Ein spannendes Lesevergnügen.
Burkhard Beyer, Vom Tiegelstahl zum Kruppstahl (Klartext-Verlagsgesellschaft, Essen 2007) 623 Seiten, 44 Euro.
Wer noch tiefer in die Anfangsjahre der Kruppschen Fabrik und die Geheimnisse der Stahlerzeugung eindringen will, dem sei dieses jüngst erschienene Buch empfohlen. Beyers Werk basiert hauptsächlich auf Quellenmaterial aus dem Hause Krupp.
Klaus Tenfelde (Hrsg.), Bilder von Krupp. Fotografie und Geschichte im Industriezeitalter (C.H. Beck, München 2000) 384 Seiten, 29,90 Euro.
Der opulente Bildband versammelt neben ausgezeichneten Aufsätzen zahlreiche zeitgenössische Schwarz-Weiß-Fotos von Werkstätten, Schmelzöfen und Arbeitersiedlungen. Besonders sehenswert: die ausklappbaren Panoramaaufnahmen, mit denen Alfred Krupp systematisch das Größenwachstum seiner Fabrikstadt dokumentieren ließ. Hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis.

Wilhelm und Gertrude Hermann, Die alten Zechen an der Ruhr (Verlag Langewiesche, Königstein im Taunus 2008), 336 Seiten, 25,80 Euro.
Ein Buch, das die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Ruhrgebiets ausbreitet: Neben reich bebilderten Überblickstexten zur Geschichte des Bergbaus von der Frühzeit bis ins Jahr 2007 birgt der mittlerweile zum sechsten Mal aufgelegte Band einen aktualisierten Zechenkatalog samt Lageplan. Knapp und faktenreich wird dort das Schicksal von 477 Bergbaustätten präsentiert. Außerdem thematisieren die Herausgeber die gegenwärtigen energiepolitischen und kulturellen Entwicklungen im einstigen schwerindustriellen Zentrum Europas. Ein gelungenes Bilderbuch und Nachschlagewerk.
Kesselexplosionen
DAMPFKESSELÜBERWACHUNGSVEREINE
Ina vom Feld, Staatsentlastung im Technikrecht. Dampfkesselgesetzgebung und
-überwachung in Preußen 1831–1914 (Klostermann, Frankfurt a. M. 2007) 264 Seiten, 54 Euro.
Ein neues wissenschaftliches Werk, das sich unter anderem mit der Entstehung der Dampfkesselüberwachungsvereine beschäftigt: Nach einer verheerenden Kesselexplosion in einer Mannheimer Brauerei gründen Unternehmer 1866 die „Gesellschaft zur Überwachung und Versicherung von Dampfkesseln mit dem Sitze in Mannheim“ – ein Vorläufer der „TÜV“. Die Autorin beschreibt nüchtern und detailliert, aber gut lesbar das Vordringen der Dampfkraft vor allem in Preußen. Sie konzentriert sich dabei auf das Zustandekommen von Gesetzen, welche die Menschen vor den zunehmenden Gefahren der Dampfkesselanlagen schützen sollten.
Pariser Kommune
DIE PARISER KOMMUNE
Heinz-Gerhard Haupt und Karin Hausen, Die Pariser Kommune. Erfolg und Scheitern einer Revolution (Campus Verlag, Frankfurt a. M. 1979) 245 Seiten, 29,95 Euro.
Die wissenschaftliche Studie der beiden Sozialhistoriker ist trocken, aber gehaltvoll. Sie schildert die Entstehung der französischen Arbeiterbewegung - im Rahmen der Kommune von Paris.
Alexander Bolz, Bürgerkrieg in Frankreich: Die Pariser Kommune 1871 in zeitgenössischen Berichten (AL.BE.CH Verlag, 2002) 200 Seiten, 35 Euro.
Mit authentischen Zeugnissen – Proklamationen, Reden, Zeitungsberichten, Agenturnachrichten, Polizeiprotokollen – rekonstruiert der Autor akribisch die Ereignisse der Pariser Kommune. Oft wird dabei die Wahrnehmung der Geschehnisse durch die Regierung unmittelbar der Sicht der Revolutionäre gegenübergestellt. So entsteht ein dichtes Bild der 76 Tage währenden Pariser Kommune. Und der Leser begreift, wie unterschiedlich sich ein und dieselbe Wirklichkeit deuten lässt.
Sebastian Haffner, Die Pariser Kommune, in: Historische Variationen (Deutsche Verlags-Anstalt, München 2001) 367 Seiten, antiquarisch ab 3,40 Euro.
Ein pointiert geschriebener Aufsatz, der die Kommune politisch einordnet und den Mythos von der Geschichte trennt.
Émile Zola, Der Zusammenbruch (Wilhelm Goldmann Verlag, München 1966) 489 Seiten, antiquarisch ab ca. 4 Euro.
„Der Zusammenbruch“ (Originaltitel: „La Débâcle“) zählt zu Zolas erfolgreichsten Werken und erschien 1892 als neunzehnter Band der großen Romanreihe "Les Rougon-Macquart". Der Roman spielt vor dem Hintergrund des deutsch-französischen Kriegs von 1870/71 und der blutigen Niederschlagung der revolutionären Pariser Kommune. Präzise schildert Zola das Milieu der Armen – und die Ideen der Arbeiterbewegung. „La Débâcle“ ist aber nicht nur eine Fundgrube für Sozialhistoriker, sondern auch ein kraftvolles literarisches Werk.
Made in Germany
MADE IN GERMANY – DAS BRITISCHE HANDELSMARKENGESETZ
Sigrid von Weiher, 90 Jahre „Made in Germany“. Absicht und Auswirkung eines englischen Gesetzes, in: Wirtschaftskräfte und Wirtschaftswege. Festschrift für Hermann Kellenbenz, Bd. 3 (Klett-Cotta, Stuttgart 1982) 673 Seiten, Bd. 1-4 antiquarisch für 256 Euro.
Sprachlich angestaubter, aber gehaltvoller Aufsatz über eine spannende Episode der Wirtschaftsgeschichte: Mit der Einführung des Herkunftszeichens „Made in...“ versucht die britische Regierung 1887, billige Plagiate aus dem Deutschen Reich abzuwehren und die Menschen zum Kauf britischer Produkte anzuhalten. Doch das Gegenteil tritt ein: Das Makelzeichen wird zu einem weltweit anerkannten Gütesiegel. Von Weiher verfolgt die Wirkung des Gesetzes bis in die 1970er Jahre.
E. E. Williams, „Made in Germany“. Der Konkurrenzkampf der deutschen Industrie gegen die englische (Carl Reißner Verlag, Dresden 1896), nur in Bibliotheken zugänglich.
Der britische Blick auf das Handelsmarkengesetz: Mit Häme führt der Journalist Williams seinen Zeitgenossen vor Augen, weshalb der Handel mit englischen Waren im ausgehenden 19. Jahrhundert in eine tiefe Krise gerät – während deutsche Produkte, einst als billig und schlecht verschrien, einen nie da gewesenen Boom erleben.
Umweltverschmutzung
UMWELTVERSCHMUTZUNG UND CHEMISCHE INDUSTRIE
Arne Andersen, Gerd Spelsberg, Das Blaue Wunder. Zur Geschichte der synthetischen Farben (Volksblatt Verlag, Köln 1990) 254 Seiten, antiquarisch ab ca. 8 Euro.
Es gibt bislang nur wenige Monografien zur Umweltverschmutzung im 19. Jahrhundert. Die gut lesbaren Aufsätze dieses Bandes schildern, wie mit der Entdeckung der ersten künstlichen Farbstoffe eine neue Industrie entsteht. Mit fatalen Folgen: Binnen weniger Jahre vergiften Großfabriken wie Bayer oder BASF mit ihren Abwässern die Flüsse.
Rolf Engelke, Mainverschmutzung und Chemieindustrie im 19. Jahrhundert (Nassauische Annalen Bd. 107, Wiesbaden 1996) S. 497–315, in Fachbibliotheken.
Dieser leider schwer zugängliche Aufsatz enthält viele Detailinformationen sowie zeitgenössische Zitate zur Vergiftung des Mains im 19. Jahrhundert: Nach dem ersten großen Fischsterben 1884 häufen sich die Proteste von Anwohnern der Chemiewerke.
Arne Andersen, Historische Technikfolgenabschätzung am Beispiel des Metallhüttenwesens und der Chemieindustrie 1850–1933 (Steiner Franz Verlag, Stuttgart 1996) 470 Seiten, in Fachbibliotheken.
In einem ausführlichen Kapitel zur Chemieindustrie des 19. Jahrhunderts zeichnet der Autor die Kontroverse um die giftigen Abwässer der ersten Farbenfabriken nach – und die Tatenlosigkeit der Aufsichtsbehörden. Eine informative, aber etwas spröde Lektüre.
Stromkrieg
STROMKRIEG
Jill Jonnes, Empires of Light. Edison, Tesla, Westinghouse, and the Race to Electrify the World (Random House, New York 2003) 424 Seiten, 15,95 US$.
Drei Männer prägen die Elektrifizierung in den 1880er Jahren: der Erfinder Thomas Edison, sein Kontrahent George Westinghouse und Nikola Tesla. Edison erhellt die Wohnungen und Straßen mit seinen neuartigen Glühlampen; Tesla entwickelt die entscheidenden Komponenten für jene Wechselstrom-Kraftwerke, die wiederum Westinghouse verkauft und installiert. Jill Jonnes berichtet vom Leben dieser Männer und ihrer Obsession, die Elektrizität in die Welt zu bringen. Akribisch breitet er die Details des großen „Stromkriegs“ zwischen Westinghouse und Edison aus und beschreibt damit den wohl skurrilsten Propagandakampf der Wirtschaftsgeschichte. Spannend zu lesen.


Richard Moran, Executioners Current. Thomas Edison, George Westinghouse, and the Invention of the Electric Chair (Vintage Books USA, New York 2003) 304 Seiten, 15 US$.
Es ist der perfideste PR-Schachzug von Thomas Edison gegen George Westinghouse und ein wenig ruhmreiches Kapitel im Leben des Erfinders: Edison plädiert dafür, den Elektrischen Stuhl mit Wechselstrom zu betreiben – jenem Strom, den die Generatoren seines Konkurrenten liefern. Richard Moran beschreibt auf Basis zahlreicher Quellen den Weg zur ersten Exekution durch Strom und ihren Vollzug. Vor allem die Auszüge aus Verhörprotokollen begleitender Gerichtsprozesse lesen sich wie ein Kriminalstück – erschreckender Weise ist nichts in Morans Buch Fiktion.
Schlachthöfe von Chicago
DIE SCHLACHTHÖFE VON CHICAGO
Upton Sinclair, Der Dschungel (Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1991) 481 Seiten, antiquarisch ab ca. 3 Euro.
Chicagos labyrinthische Schlachthöfe sind ein Symbol für die gnadenlosen Zustände zu Zeiten des ungebremsten Kapitalismus in Amerika Anfang des 20. Jahrhunderts. Sinclairs 1906 erschienener Bestseller ist einerseits Roman, andererseits faktenreiche Dokumentation: Er erzählt eindringlich das Schicksal eines jungen litauischen Einwanderers, der in der Neuen Welt sein Glück sucht und nur Tod und Verzweiflung findet. Zugleich schildert Sinclair minutiös die Arbeits- und Lebensbedingungen in der brutalen Welt der Schlachthöfe. Dass die Fakten fast ausnahmslos stimmen, macht das Buch noch heute lesenswert.
