Cunahá - Tod im Regenwald

Durch einen abgesägten Geierknochen schnupft einer der Indios Kumady, eine halluzinogene Droge aus Rindenasche und Tabakpulver
Durch einen abgesägten Geierknochen schnupft einer der Indios Kumady, eine halluzinogene Droge aus Rindenasche und Tabakpulver
© MedienKontor
Die Suruahá-Indianer leben tief im Urwald Amazoniens. Sie sind ein Volk der Witwen, Witwer und Waisenkinder - es gibt kaum einen Indio, dessen engste Verwandte noch alle am Leben sind. Immerhin wissen die Lebenden, wo ihre verstorbenen Familienmitglieder jetzt sind: Sie haben sich auf die Reise zu den gemeinsamen Vorfahren begeben - freiwillig. Ein Wort für Suizid kennen die Suruahá nicht. Die Selbsttötung ist seit ehedem ein selbstverständlicher Teil ihrer Kultur Montag, 5. Mai 2003, bei arte

Der Weg zu den Suruahá ist beschwerlich. Erst nach zehn Tagen Kanufahrt und Fußmarsch erreichen der deutsche Zahnarzt Roland Garve und der brasilianische Psychologe Mario de Silva ihr Gebiet. De Silva hat acht Jahre lang bei dem Indiovolk gelebt. Als die Indios Mawaxú und Gamkin ihn wieder erkennen, entspannen sie ihre Bögen und legen die Giftpfeile nieder - Mario ist ihr Freund. Garve hat eine große grüne Plastiktonne geschultert - seine mobile Zahnarztpraxis: Mitten im Urwald, auf einem improvisierten "Zahnarztstuhl" aus Ästen und Palmenblättern, behandelt der weiße Dentista die Suruahá. Weil sie ständig Zuckerrohr kauen, haben fast alle schlechte Zähne.

Der Deutsche entfernt mit seinem kleinen Akku-Bohrer Karies, legt Füllungen und zieht zahlreiche Zähne. Dabei wundert er sich, wie schmerzunempfindlich die Indianer offenbar sind. Es mag mit dem graubraunen Pulver zusammenhängen, das die Suruahá, egal welchen Alters, durch einen hohlen Geierknochen schnupfen - die Droge Kumady. Neben diesem Rauschmittel gehört auch der Stoff Cunahá zum Alltag der Indios. Eigentlich ist Cunahá ein Gift zum Töten von Fischen, das aus bestimmten Lianenwurzeln gewonnen wird.

Gamkin war erfolgreich. Seine Jagdbeute hat er mit vergifteten Pfeilen erlegt
Gamkin war erfolgreich. Seine Jagdbeute hat er mit vergifteten Pfeilen erlegt
© MedienKontor

Alle Stammesmitglieder, die älter als 12 Jahre alt sind, haben Cunahá schon selbst ausprobiert - häufig mit tödlichen Folgen: Fast 70 Suruahá sind in den vergangenen zehn Jahren an Cunahá gestorben. Der Anlass für die Selbsttötungen ist oft nur eine Kleinigkeit - ein entlaufenes Huhn, eine vermisste Axt. Doch der Tod eines Familienmitglieds wird nicht betrauert wie bei uns. Bei den Suruahà ist das Gift vielmehr ein willkommenes "Vehikel ins Jenseits".

Rat und Hilfe

Sie haben suizidale Gedanken? Hilfe bietet die Telefonseelsorge. Sie ist anonym, kostenlos und rund um die Uhr unter (0800) 1110111 und (0800) 1110222 erreichbar. Auch eine Beratung über E-Mail ist möglich. Eine Liste mit bundesweiten Hilfsstellen findet sich auf der Seite der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention.

"360° - Die GEO-Reportage" begleitet den deutschen Zahnarzt Dr. Roland Garve zu den Suruahá und geht den mysteriösen Selbsttötungen der Amazonas-Indianer nach.

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