Die alten Ägypter überließen bei der Dekoration ihrer Gräber nichts dem Zufall. Denn alles Dargestellte, jedes Objekt, jede handelnde Person, hatte eine magisch-religiöse Bedeutung – weit über den Tod hinaus.
Nun hat ein internationales Forschungsteam in der thebanischen Totenstadt (auf der Westseite des Nil bei Luxor) durch moderne Röntgentechnologie bewiesen, dass einstmals fertiggestellte Grabmalereien nachträglich verändert worden sind – darunter ein Bildnis Pharao Ramses des Großen, Herrscher Ägyptens zwischen 1279 und 1213 v. Chr.
Fehler in der Komposition schienen nahezu ausgeschlossen
Die Dekorationsweise eines altägyptischen Grabes ist weitestgehend bekannt. Die Wände wurden geglättet, fehlerhaftes Gestein mit Stuck verputzt, darauf setzte ein Vorzeichner die Umrisse der gewünschten Hieroglyphenbänder und Szenen in einer Farbe (häufig rot), danach kam ein Meister seines Faches und korrigierte die Vorzeichnung – meist in einer anderen Farbe (etwa schwarz).
Erst dann machten sich Reliefschneider oder Maler an ihr Werk. Fehler in der Komposition wurden damit von vornherein minimiert. Bisher ging man deswegen davon aus, dass die Grabgemälde nach ihrer Fertigstellung nicht mehr von Handwerkern angetastet worden sind – es sei denn, die Grabinhaber haben gewechselt oder sind in Ungnade gefallen.
Die Forschungsergebnisse der Gruppe um Philippe Martinez und Philippe Walter von der Sorbonne Université in Paris, die diese nun im Online-Magazin “PLOS-One“ veröffentlicht haben, beweisen indes, dass die Abläufe deutlich komplexer gewesen sind.
Mithilfe der zerstörungsfrei arbeitenden Makro-Röntgenfluoreszenzspektroskopie (MA-RFS) konnten sie nachweisen, dass etwa das Bildnis Ramses‘ II. im Grab des Nachtamun nachträglich verändert worden ist. Der Pharao trug ursprünglich eine andere Halskette und auch seine Krone hatte eine deutlich andere Form, als jene, die heute mit bloßem Auge zu sehen ist.
Mehrere Maler waren in den Gräbern am Werk
Im Grab des Menna aus der Zeit Amenophis III. (1388-1351/50 v. Chr.) konnten die Forschenden feststellen, dass die Haltung eines Armes in einer Anbetungsszene korrigiert worden war. Diese Korrektur war Wissenschaftlern schon früher aufgefallen. Aber das Team um Philippe Martinez und Philippe Walter konnte nachweisen, dass sie wahrscheinlich durch einen anderen als den ursprünglichen Maler ausgeführt worden ist.
Denn die Makro-Röntgenfluoreszenzspektroskopie ermöglicht es, die chemische Zusammensetzung der Pigmente zerstörungsfrei zu ermitteln. Dabei wird die Farbe durch bestimmte Röntgenstrahlen angeregt. Ein Detektor misst dann die entstehenden Fluoreszenzstrahlen, die für jedes Element spezifisch sind.
Da bekannt ist, aus welchen Elementen sich die jeweils genutzten Farben zusammensetzen, können die Forscher von den Elementen auf die verwendeten Farben schließen. Der “neue“ Arm in der Anbetungsszene im Grab des Menna ist mit einer anderen Pigmentzusammensetzung gemalt als der “alte“.
Die alten Ägypter waren auch nur Menschen
Die Erkenntnisse eröffnen einen erfrischenden Blick auf die ägyptische Kunst. Gegenüber dem Online-Magazin “Science“ sagte Martinez. “Wir sehen, dass nichts perfekt ist. Und das ist großartig, denn sie“ und damit meint der Wissenschaftler die Handwerker der Pharaonenzeit, “waren Menschen“.
Quellen und Forschung: