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Digitale Selbsthilfe Wie Sie seriöse Online-Therapie-Programme erkennen

Online-Therapie
© mauritius images / Ikon Images / Nick Lowndes
Online-Therapien gegen Depressionen haben sich in den vergangenen Jahren rasend schnell entwickelt. Doch wie können Betroffene aus der Vielzahl an Angeboten seriöse von unseriösen unterscheiden. Eine Hilfestellung

Sind die Therapeuten der Zukunft nicht mehr aus Fleisch und Blut, sondern bestehen nur noch aus Nullen und Einsen? Vermutlich nicht. Auch Anhänger der digitalen Selbsthilfe sehen die Angebote nicht als Arzt-Ersatz, sondern als zusätzliches Werkzeug, das gerade den Menschen helfen kann, die nicht ausreichend Zugang zu bestehenden Therapieformen haben.

Bei schweren psychischen Erkrankungen, da sind sich Fachleute einig, bleibt die Expertise des Behandelnden und der persönlichen Kontakt zwingend erforderlich. Das gilt insbesondere für die Diagnosestellung, aber auch für die kontinuierliche Begleitung und Überwachung der Therapie.

Als vor einigen Jahren die ersten digitalen Behandlungen auf den Markt kamen, waren viele Experten skeptisch. Inzwischen hat sich das Meinungsbild verändert – und auch die Studienlage: Mehrere klinische Untersuchungen haben gezeigt, dass internetbasierte Interventionen bei Patienten mit leichter und mittelschwerer Depression wirksam sind. Verantwortungsvoll eingesetzt, könnten die Angebote die Depressions-Therapie der Zukunft maßgeblich mitprägen, glauben Experten.

Vorteile und Nachteile von Online-Therapien

Die Vorteile der digitalen Anwendungen liegen auf der Hand: Sie können lange Wartezeiten überbrücken – besonders in dünn besiedelten Gebieten, wo Therapeuten rar und Wege weit sind. Sie können Leute ansprechen, die aus Angst vor dem Stigma einer psychischen Erkrankung nicht direkt zum Arzt gehen. Oder sie können als eine Rückfallprophylaxe nach Abschluss der Behandlung dienen.

Allerdings gibt es auch Nachteile: Das Angebot an internetbasierten Interventionen ist für Betroffene und Behandelnde unübersichtlich – und die Qualitätsstandards sind uneinheitlich. Einige Programme erfassen sensible Gesundheitsdaten, ohne deren Schutz ausreichend zu gewährleisten. Seriöse Anbieter zeichnen sich dadurch aus, dass der Nutzer klar darüber informiert wird, welche Daten wo und wie lange gespeichert werden und der Austausch über eine verschlüsselte Verbindung erfolgt. Fehlen wesentliche Angaben zum Datenschutz, sollte ein Verbraucher das Programm nicht nutzen.

Programme nicht immer ausreichend geprüft

Zudem sind längst nicht alle Angebote, die im Netz zu finden sind, ausreichend untersucht und getestet. Verschleiert wird dies gern mit dem Hinweis auf Metastudien, ohne dass das vorliegende Programm selbst evaluiert wurde. „Es ist nicht ausreichend, zu sagen: Andere Interventionen wurden in Studien untersucht, dann muss unsere Intervention ja auch wirksam sein“, sagt Dr. Jan Philipp Klein, Oberarzt am Zentrum für Integrative Psychiatrie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein. „Jedes neue Medikament muss für sich in Studien zeigen, dass es sicher und effektiv ist. Ähnlich strenge Regeln sollten auch bei Internet-Interventionen gelten“.

Checklisten bieten Hilfestellung

Als Teil eines Expertengremiums (DGPPN Task Force E-Mental Health) hat Dr. Jan Philipp Klein Kriterien entwickelt, anhand derer Internetprogramme zur Behandlung psychischer Erkrankungen einer kritischen Überprüfung unterzogen werden können. Eine vorläufige Version dieser Checkliste sowie weitere Checklisten der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) und des Peter L. Reichertz Instituts für Medizinische Informatik (PLRI) finden Sie in dieser Infobox.

Ein guter Indikator, um die Seriosität eines Onlineprogamms einzuschätzen, sind klare Aussagen über das Wofür und das Wie. Für den Nutzer sollte auf den ersten Blick erkennbar sein, für die Behandlung welcher Symptome die Anwendung ist und auf welchen psychotherapeutischen Prinzipien sie beruht. „Ein Positivbeispiel wäre eine Intervention, die klar erkennen lässt, dass sie für depressive Patienten gedacht ist und auf den Prinzipien der Kognitiven Verhaltenstherapie basiert“, erläutert Klein.

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