Unter den 655 Menschen, die bis heute in den Weltraum geflogen sind, waren 75 weiblich. Vielleicht ein Fehler? Denn eine umfangreiche Studie zeigt: Frauen verkraften die strapaziöse Reise in die unendlichen Weiten besser als Männer. Und zwar nicht etwa, weil sie gruppenorientierter oder gefühlsbetonter sind – sondern weil ihr Körper der Belastung stärker standhält.
Die Studie, angeführt von Christopher Mason von der Cornell University in New York, untersuchte dafür die Bioparameter der Weltraumtouristen – zwei Frauen, zwei Männer –, die 2021 auf der SpaceX-Mission "Inspiration 4" drei Tage im All verbrachten. Außerdem verglichen sie die Daten mit denen von 64 Astronauten und dazu Mäusen, die früher an Weltraumfahrten teilgenommen hatten.
Sie alle mussten dabei viel aushalten. Denn im All wird ein Körper mit unbekannten Strapazen konfrontiert: Die Strahlung ist höher, die Schwerkraft auf Mikrogravitation reduziert und die Flüssigkeiten verschieben sich. Das geht an der Gesundheit nicht spurlos vorbei, besonders das Immunsystem leidet. Typische Folgen sind Infektionen, Entzündungen und die Reaktivierung von Viren, zum Beispiel Herpes.
In der Studie hat das Team um Mason nun untersucht, wie sich etwa die Aktivierung von Proteinen und T-Zellen, das Mikrobiom und die Genexpression verändern. Mit dem Ergebnis: Frauen zeigen nicht nur weniger negative Effekte während einer Weltraummission, sie erholen sich danach auch schneller.

Heil zum Mars und wieder zurück
Wieso das so ist, können die Forschenden noch nicht sagen. Studienleiter Mason hat allerdings eine Theorie: Möglicherweise sind Frauen besser an die extremen Bedingungen im Weltall angepasst. Schließlich macht ihr Körper auch in einer Schwangerschaft starke Veränderungen durch, die Blutmenge vergrößert sich, die Gefäße weiten sich, der Hormonhaushalt gestaltet sich um, alles in nur neun Monaten. "Die Fähigkeit, mit starken Veränderungen der Physis und des Flüssigkeitshaushalts klarzukommen, ist großartig, um eine Schwangerschaft zu bewältigen", sagte Mason der britischen Zeitung "The Guardian". "Aber genauso, um den Stress eines Weltraumflugs körperlich auszuhalten."
Zwar ist die Datenlage nicht sehr umfangreich, schließlich haben bisher nur wenige Männer und noch weniger Frauen die Erdumlaufbahn verlassen. Aber ihre Ergebnisse, so folgern die Forschenden, könnten schon jetzt genutzt werden: "Etwa für Erholungszeiten und die Auswahl einer Crew, zum Beispiel mehr Frauen für Höhenlagen-, Mond- oder Tiefenraummissionen."
Weitere Studien seien auch deswegen nötig, weil die Raumfahrt in Zukunft zunehmen wird – und damit auch der Bedarf etwa an Medikamenten, die gesundheitliche Schäden verhindern. "Polaris Dawn" von Inspiration-4-Finanzier Jared Isaacman und "Ax-4" des Unternehmens Axiom Space, die nächsten kommerziellen Missionen, sind noch für dieses Jahr angesetzt. Die NASA möchte 2025 wieder Menschen zum Mond schicken, diesmal mit einer Frau und einer afroamerikanischen Person als Teil der Crew.
Bislang ist aber nur wenig erforscht, wie sich Weltraumreisen auf die Gesundheit auswirken. Bemannte Flüge zum Mars, wie sie die NASA schon ab den 2030er-Jahren plant, könnten allein daran scheitern: Fachleute vermuten, dass ein so langer Aufenthalt im All zu irreparablen Nierenschäden führen würde.