Anzeige
Anzeige

Wärmeperiode Warum Neandertaler zu Kannibalen wurden

Neandertaler
Wenn der Jäger zur Beute wird: Womöglich zwang ein Klimaumschwung die Neandertaler dazu, in Hungerzeiten ihresgleichen zu verzehren
© Science Photo Library / P.PLAILLY/E.DAYNES
Dass Neandertaler mitunter zum Kannibalismus neigten, ist schon seit längerer Zeit bekannt. Inzwischen kommen Forscher auch den Gründen näher, weshalb sich die Frühmenschen sich gegenseitig aufaßen

Neandertaler wurden Infolge einer Wärmeperiode vor rund 120.000 Jahren zu Kannibalen. Das folgern Wissenschaftler, nachdem sie Gesteinsschichten in einer Höhle im Tal der Rhône in Frankreich untersucht haben.

Dort waren in den 1990er-Jahren Skelettreste von sechs Neandertalern gefunden worden, vermutlich von Artgenossen fein säuberlich zerlegt: Die Knochen tragen Schnitte von Steinwerkzeugen, die Nagespuren passen zu Neandertalerzähnen. Solche Funde gab es auch in Spanien und Kroatien. Offen ist bisher, warum die Frühmenschen sich gegenseitig aufaßen. Waren es Rituale? Oder schlicht Hunger und Not?

Wälder wuchsen, wo vorher Grasland war

In diesem Fall argumentieren die Forscher für Letzteres. Der Boden der Höhle besteht aus 19 Schichten, abgelagert in Jahrtausenden. So können darin enthaltene Pflanzen und Tierreste einer bestimmten Zeit zugeordnet werden. Die Schicht „XV“ entspricht der Ära, in der die betreffenden Neandertaler lebten. Und zugleich einer Phase, in der das Klima wärmer war als zuvor und danach (Eem-Warmzeit).

Während sich in den anderen Schichten Hinweise auf Steppentiere wie Wollmammuts fanden, deutet XV auf Waldbewohner wie Rothirsche und auch auf die Griechische Landschildkröte hin – ein Tier, das heute in wärmeren Gefilden vorkommt. Die Forscher schließen, dass zu jener Zeit Wälder gewachsen sein könnten, wo vorher Grasland war, und so die Jagd auf die üblichen Beutetiere nicht mehr möglich war.

Vor einigen Jahren hatten Forscher bereits errechnet, dass die Menge an Fleisch der sechs toten Neandertaler eine Sippe von 15-25 Menschen etwa zwei bis vier Tage ernährt haben könnte.

GEO Nr. 07/2019 - Die Rettung

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel