Die Ökosysteme in der Antarktis stehen unter Druck, der Klimawandel lastet auf ihnen, auch wenn die Menge an Meereis dort bislang noch nicht so drastisch zurückgeht wie am Nordpol. Noch hat die Wissenschaft nicht verstanden, was genau dort passiert, zu viele Einflüsse wirken, vom schwankenden Salzgehalt der Ozeane bis zu den Folgen des Schmelzwassers. Einen besonders skurrilen Faktor haben nun Forschende der Universität Helsinki aufgedeckt: Pinguinkot.
Anfang 2023 bewohnte das finnische Team die Marambio-Basis, eine Forschungsstation auf der Seymour-Insel in der Antarktis. Dort interessierten sie sich unter anderem für die Ammoniakkonzentration in der Luft. Denn Ammoniak kann dafür sorgen, dass sich mehr Wolken bilden: Indem es mit schwefelhaltigen Gasen reagiert, bildet es Aerosole. Die winzigen Partikel bieten dem Wasserdampf in der Atmosphäre eine Oberfläche, an der er kondensieren kann: Wolken entstehen. Sie wiederum wirken als isolierende Schichten in der Atmosphäre, senken die Oberflächentemperaturen und schützen damit das Meereis.
Auf ihrer Station bemerkten die Forschenden, dass die gemessene Ammoniakkonzentration je nach Windrichtung schwankte. Die Messwerte stiegen, wenn der Wind aus der Richtung einer Pinguinkolonie blies. Dort, etwa acht Kilometer von der Forschungsstation entfernt, leben 60.000 Individuen der Adeliepinguine (Pygoscelis adeliae). Aus ihrem Dunstkreis wehte 1000-mal mehr Ammoniak herüber als aus der sonstigen Umgebung. Verantwortlich dafür, so die Forschenden, war Pinguin-Guano, also die Ausscheidung der Tiere.
Selbst nachdem die Pinguine Ende Februar aus dem Gebiet abgewandert waren, lag die Ammoniakkonzentration immer noch um mehr als das Hundertfache über dem Ausgangswert, da der am Standort der Kolonie zurückgelassene Pinguin-Guano weiterhin das Gas freisetzte. Die Pinguine erweisen sich als bedeutende Emittenten für Ammoniak in der küstennahen Antarktis. Andere Ammoniakquellen, etwa der Südliche Ozean, seien im Vergleich dazu zu vernachlässigen.

In ihrer Analyse, die in der Zeitschrift "Communications Earth & Environment" erschien, schlussfolgern die Forschenden daher, dass der durch Pinguin-Guano freigesetzte Ammoniak dazu beitragen könnte, die Auswirkungen des Klimawandels in der Antarktis abzuschwächen. Dies unterstreiche, wie wichtig es sei, die Seevögel und ihren Lebensraum zu beschützen.
Und es offenbart einmal mehr, wie komplex die Antarktis ist. Nicht nur beeinflussen die Prozesse in der Atmosphäre das Ökosystem, sondern das Ökosystem selbst wirkt auf die Atmosphäre zurück. In ihren Klimamodellen müssen Forschende also sogar die Ausscheidungen von Tieren berücksichtigen.