
Hoteliers können sich nicht mehr nur auf ihre Sterne verlassen, denn immer mehr Gäste achten auf etwas ganz anderes: Nachhaltigkeit. Rund 14 Prozent der Deutschen ist es laut einer Umfrage der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e.V. wichtig, dass ihr Urlaub ökologisch verträglich, ressourcenschonend und umweltfreundlich ist. Drei Viertel der Deutschen sind sogar bereit, für umweltfreundliche Leistungen im Urlaub mehr zu bezahlen, fand Opodo.de erst kürzlich bei einer Befragung heraus. Doch wie soll sich ein Hotelbetrieb neu aufstellen, worauf achtet der Gast und welche Siegel sind erstrebenswert?
Einer, der sich seit Jahren mit nichts anderem beschäftigt, ist Andreas Koch. Der 44-Jährige berät mit seiner Firma bluecontec Hotels auf ihrem Weg in eine nachhaltigere Zukunft. Das Besondere an seinem Geschäftsmodell ist, dass er erst verdient, wenn das Hotel Energie und Wasser einspart. An der Ersparnis wird er prozentual beteiligt. "Wir gewinnen, wenn das Hotel gewinnt", sagt Koch. Bevor er eine zwei- bis dreijährige Partnerschaft mit einem Hotel eingeht, legt er Wert darauf, dass die Bereitschaft, etwas ändern zu wollen, auf allen Ebenen des Betriebes bereits angekommen ist. "Wer den Wandel will, kann schnell viel erreichen, vor allem, wenn er seine Mitarbeiter für die Idee begeistert. Das ist mitunter genauso wichtig wie die Modernisierungen der technischen Einrichtungen und die stärkere Nutzung regenerativer Energien, " erläutert Koch seine Herangehensweise.
Am Anfang der Zusammenarbeit steht immer die essenzielle Frage: Wie kann dieses Hotel konkret Energie und Wasser sparen und wie viel ist realistisch? Dazu werden Konzepte von ähnlichen Häusern in gleichen klimatischen Regionen verglichen, aus dem Hotelpersonal heraus ein Umweltteam gegründet, Sparpotenziale ermittelt und Jahresziele aufgestellt. Es geht um kleine Maßnahmen, wie den Verzicht auf den täglichen Wechsel der Bettlaken und der damit eingesparten Waschgänge, aber auch um technische Umrüstungen, wie den Bau von Solarkollektoren oder die Optimierung der Heiz- und Klimaanlage.
Seit 2011 lässt sich auch das Hotel Jardin Tropical auf Teneriffa von bluecontec beraten. Jasmin Klaus ist Teil des Umweltteams vor Ort und bemerkt ein steigendes Interesse ihrer Gäste an dem Thema Nachhaltigkeit. "Am ehesten sensibilisiert für das Thema Umwelt und Hotellerie sind Gäste aus Deutschland, Skandinavien und England." Das Hotel bietet deswegen inzwischen wöchentlich einen Umweltrundgang an. Reisende können sich dann beispielsweise über die Solarkollektor-Anlage informieren, die inzwischen für warmes Wasser auf den Zimmern sorgt, werden zugleich aber auch über die Herausforderungen des Hotels aufgeklärt. Zählt Jasmin Klaus den gesamten Wasserverbrauch zusammen, dann entfallen auf jeden Gast des Jardin Tropical pro Tag rund 600 Liter Wasser. Eine Zahl, die ihre Zuhörer erst mal schockt und die sie zukünftig gern verringern würde. "Es gibt viel Wasserverbrauch, den der Gast erst mal gar nicht wahrnimmt. Er betätigt ja nicht nur Dusche und Toilette im eigenen Zimmer, sondern er nutzt auch Küche, Pool- und Gartenanlage. Wenn wir das umlegen, kommen wir auf 600 Liter pro Gast, pro Tag." Neu installierte Wasserdurchlaufbegrenzer sollen zukünftig für einen geringeren Verbrauch sorgen. Das hoffen zumindest Jasmin Klaus und Andreas Koch. Letzterer sieht das Hotel auf einem guten Weg. "Es konnte seinen Energieverbrauch pro Gast und Nacht um 17 Prozent von 2011 bis 2013 verbessern und seinen Wasserverbrauch um 28 Prozent. So etwas ist nur möglich, wenn das gesamte Team hinter der Sache steht."
Dass es sich lohnt, als Hotelier sein Team für das Thema Nachhaltigkeit zu sensibilisieren, zeigt nicht nur die erhöhte Nachfrage der Gäste, sondern auch die Honorierung grüner Initiativen durch die Reiseindustrie. Neben den großen Veranstaltern wie TUI, Dertour oder Thomas Cook hat mit tripadvisor nun auch das erste Bewertungsportal reagiert. Hotels, die sozial- und oder umweltverträglich agieren, werden aufgrund ihrer bereits realisierten Schritte in die Kategorien Bronze, Silber, Gold oder Platin des sogenannten Green-Leaders-Programm einsortiert. Zu den Maßnahmen gehören, ähnlich wie bei der Arbeit von Andreas Koch, Recycling und Kompostierung, der Einsatz von Solarzellen aber auch die Bereitstellung von Elektroauto-Ladestationen sowie Dachbegrünungen. Leider ist das Green-Leaders-Programm bisher für die User der Webseite nicht so einfach einzusehen. Wer nach grünen Hotels filtern möchte, muss unter der Kategorie "Stil" suchen. Erst dort lassen sich die "Öko-Hotels" anwählen. Zu jedem der ausgezeichneten Häuser gibt es dann allerdings detaillierte Informationen zu den hier praktizierten Maßnahmen.

Mit dem Green-Leaders-Programm ist somit ein weiteres Siegel auf den Markt gekommen, das den Reisenden eigentlich die nachhaltige Hotelsuche erleichtern soll. Doch neben der Lebensmittelbranche ist insbesondere der Tourismus inzwischen überflutet von Nachhaltigkeitslabels, deren Seriosität Laien oft schwer einschätzen können. Andreas Koch erläutert, wie Reisende dennoch eine Chance haben in wirklich nachhaltigen Hotels unterzukommen: "Manche Nachhaltigkeitssysteme sind leider reine Schreibtischsysteme, deren Anforderungen ein entsprechend abgestellter Manager am Schreibtisch beantworten kann, ohne dass tatsächlich etwas im Hotel verändert wird. Daher ist darauf zu achten, dass es eine unabhängige externe Bewertung des Systems gibt, wie bei dem internationalen Standard ISO 14001 zum Beispiel."
Ebenso empfehlenswert ist die in Europa verwendete Zertifizierung EMAS (Eco-Management and Audit Scheme). Die angewandten Umweltmanagementsysteme der Hotels werden von staatlichen Prüfern begutachtet, bevor die Zertifizierung verliehen wird. Auszeichnungen wie EMAS oder ISO 14001 werden auf Plattformen, wie tripadvisor.de, sleepgreenhotels.com oder viabono.denicht explizit hervorgehoben. Das macht es für den Reisenden durchaus zu einer zeitintensiven Aufgabe, ein nachhaltiges Hotel zu finden, das die richtige Zertifizierung besitzt und zudem in der anvisierten Destination liegt. Denn auch wenn es inzwischen auf allen Kontinenten Initiativen und Vorzeigehäuser gibt, ist man von einer hohen Dichte noch weit entfernt. In ganz Griechenland gibt es beispielweise nur ein einziges Hotel, das durch EMAS zertifiziert wurde. Italien und Spanien verfügen hingegen über eine recht hohe Auswahl, Portugal liegt im Mittelfeld. Die Plattform bookdifferent.com ist eine der ersten, die Suchenden Hotel samt Siegel präsentiert. Koch ist dennoch davon überzeugt, dass die Hotelbranche auf dem Weg in eine nachhaltigere Zukunft ist: "Wir stehen erst ganz am Anfang dieser Entwicklung. Pessimistisch gesehen, kann ein Urlaub auf Kosten der lokalen Bevölkerung gehen und in der Summe der steigenden weltweiten Touristen zu einer der größten Herausforderung unserer Zeit werden. Optimistisch gesehen, ist es ein Schaufenster in eine wirklich nachhaltigere Welt von morgen, welche Menschen weltweit zusammenbringt und Wertschöpfung und Arbeitsplätze schafft bei gleichzeitig minimaler Umwelt- und Sozialauswirkung. Ich bin und bleibe Optimist."

Wichtige Nachhaltigkeitssiegel
Bei weltweit über 100 Siegeln, die Hotels Nachhaltigkeit nachweisen, ist es schwer, den Überblick zu behalten. Wir stellen die wichtigsten kurz vor.
The Green Key
The Green Key gilt weltweit und ist ein unabhängiges Zertifikat, das von den vereinten Nationen anerkannt und gefördert wird. Neben einem betrieblichen Umweltmanagementsystem wird ein besonderer Fokus auf das nachhaltige Handeln von Personal, Zulieferern und Gästen gelegt. In jedem teilnehmenden Land prüft ein Gremium aus NGOs, Behörden und Wirtschaftsorganisationen die Hotels stichprobenartig sowie periodisch.
ISO 14001
Diese Zertifizierung wurde erstmals 1996 von der Internationalen Organisation für Normungen festgelegt und ist seitdem die Grundlage für Aufbau, Einführung, Überwachung und Weiterentwicklung von Umweltmanagementsystemen. Ihr übergeordnetes Ziel ist, den Umweltschutz im Einklang mit wirtschaftlichen, sozialen und politischen Erfordernissen zu fördern. ISO 14001 wird nicht nur in der Hotellerie angewendet, zählt aber auch im Tourismus zu den strengsten Zertifikaten.
EMAS
Was ISO 14001 weltweit ist, ist EMAS für Europa. Die beiden Zertifizierungen weisen nur geringfügige Unterschiede auf. EMAS ist ein Gemeinschaftssystem aus Umweltmanagement und Umweltbetriebsprüfung für Organisationen, Konzerne und eben auch Hotels, die ihre Nachhaltigkeit verbessern wollen.
Biosphere
Dieses Label ist vorwiegend im spanischsprachigen Raum vertreten, wird aber vom International Centre for Responsible Tourism vergeben, das der UNESCO angeschlossen ist. Neben strikten Normen zum Umweltschutz und touristischen Dienstleistungen wird hier besonders darauf geachtet, dass sich die Hotels auch für die Förderung von Bildung, Kultur und Wissenschaft in ihrer Region einsetzen.
Länderspezifische Siegel
Neben international gültigen Siegeln haben viele Urlaubsländer auch ihre eigenen. Diese werden in der Regel staatlich oder durch unabhängige Organisationen vergeben und geprüft. In skandinavischen Ländern zeichnet das Nordic Ecolabel besonderes ökologisches Engagement aus. Das italienische Äquivalent ist das Siegel Legambiente Tourismo, in Irland zählt der Green Hospitality Award, in Südafrika hat sich das Fair Trade in Tourism South Africa etabliert und in Australien das Zertifizierungsprogramm Ecotourism Australia.