Der Klassiker unter den Libellensichtungen: Du stehst am Gartenteich, sie gaukelt vorüber. Gerade noch bestaunst du ihre hauchzarten Flügel, den schlanken eleganten Körper, die blaugrün schillernde Gesamterscheinung. Dann, schneller, als deine Wimper schlägt, ist sie wieder fort.
Wer an Tiere denkt, die fliegen können, dem fallen Adler, Schwalben, Spatzen ein, vielleicht auch Bienen, Mücken, Schmetterlinge. Mehr als jeder Vogel aber, mehr als jedes andere Insekt ist die Libelle ein Lebewesen der Luft. Ihre sechs Beine? Braucht sie, um Beute zu greifen oder sich an eine Binse zu klammern. Zum Laufen eignen sie sich kaum.
Alles, was ihr Erwachsenenleben ausmacht, kann sie im Flug absolvieren: die Jagd, das Fressen und – genau – den Sex.
Libellen - so schnell wie Hundertmeterläufer
Der Flugapparat der Libellen gehört zu den großen Wundern der Natur, seit vielen Jahrzehnten studieren ihn Biologen, beobachten und vermessen seine Leistungen. Deshalb wissen wir etwa, dass Libellen in kurzer Zeit Geschwindigkeiten von zehn bis 15 Metern in der Sekunde aufnehmen. Sie sind also so schnell wie sportliche Hundertmeterläufer. Einige Libellen können in der Luft stehen wie ein Hubschrauber, blitzschnell wenden und sogar rückwärts fliegen. Möglich sind diese Manöver, weil ihre Muskeln – im Unterschied zu jenen aller anderen Fluginsekten – so entwickelt sind, dass sie jeden ihrer vier Flügel einzeln bewegen können.
Bemerkenswerterweise handelt es sich, evolutionsgeschichtlich betrachtet, um eine sehr frühe Erfindung: Vorgänger des heutigen Insekts schwirrten bereits durch die Landschaften des Karbons. Wobei der Luftraum damals, also vor mehr als 300 Millionen Jahren, den Ur-Libellen fast allein gehört haben dürfte. Mit einer Spannweite von rund 70 Zentimetern zählen sie außerdem zu den größten Insekten, die je auf der Erde unterwegs waren.
Die Libelle an deinem Gartenteich? Wahrscheinlich handelt es sich um eine bei uns sehr verbreitete Art: die Blaugrüne Mosaikjungfer.
Es gibt 7000 Libellenarten - schätzungsweise
Insgesamt zählen heute schätzungsweise 7000 Arten zur Ordnung der Libellen, Odonata. Rund 6000 davon sind der Wissenschaft bereits bekannt. Sie unterscheidet Kleinlibellen, deren Flügelspannweite in Europa maximal 70 Millimeter beträgt, und kräftiger gebaute Großlibellen.
Die meisten Spezies sind in den Tropen beheimatet, dort vermuten Forscher auch viele der noch unentdeckten Arten. In unseren Breiten hingegen kommen nur rund 80 verschiedene Libellenarten vor. Darunter einige sehr seltene, die spezielle Ansprüche an ihren Lebensraum stellen. Die Grüne Mosaikjungfer beispielsweise sticht ihre Eier ausschließlich in die Blätter der Krebsschere ein; die Schwimmpflanze wiederum wächst außer in Gartenteichen nur in sehr sauberen, stehenden Gewässern. Mit anderen Worten: in freier Natur kaum noch irgendwo.
Eines Sommertags stehst du wieder im Garten und bemerkst: Wo gestern nur wenige Individuen unterwegs waren, wimmelt es plötzlich von Libellen. Was für eine funkelnde, zuckende Pracht!