Im Leben eines Mannes kommt der Moment, da er seine Freiheit zu verlieren droht. Nicht seine Ehefrau ist daran schuld, die Zwänge des Alltags, das Finanzamt oder sein Arbeitgeber. Sie alle können für eine vorübergehende Trübung seiner Laune sorgen, aber auf ihre Weise sind sie berechenbar. Etwas ganz anderes ist es, wenn praktisch aus dem Nichts etwas auftaucht, das die relative Ruhe seiner Tage grundsätzlich infrage stellt. Ein gezielter Angriff auf seinen Seelenfrieden …
Dass ich Schlafstörungen habe, mag auch an dem Taubenpaar liegen, das sich regelmäßig ab vier Uhr morgens direkt auf dem Dachvorsprung über meinem Schlafzimmer vergnügt und dabei in Endlosschleife menschenverachtende Laute ausstößt, die so ähnlich klingen wie: "Gruuuh-gurr-gurr", "gang-grrru-guruú-u", oder auch: "rugúgu-gugu". Dies wird in der Regel begleitet von nervös tippelnden Schritten auf der Dachrinne ("Plönk-Plotz-Plink-Plonk") und weitgehend sinnlosem Geflatter ("Flap-Flap-Woosh"). Ein suizidaler Dreiklang, der als morgendliche Sinfonie des Grauens durch mein Schlafzimmerfenster dringt und sich erbarmungslos durch den Tag ziehen wird.

Vielleicht sollte ich vorausschicken, dass ich im Allgemeinen ein großer Vogelfreund bin. Vorzugsweise jener Vögel, die meine Lebensqualität nicht allzu sehr beeinträchtigen: Die Silhouette eines Seeadlers etwa, der am Himmel seine Kreise zieht, ist, durchs Fernrohr beobachtet, ein überwältigender Anblick (für das Kaninchen am Boden in der Regel der letzte). Es gibt Vögel, die liebe ich für ihren Gesang (Amsel und Nachtigall, doch auch ihnen sei gesagt: bitte nicht vor 8.30 Uhr!). Und solche, die sich sehr drollig benehmen. Zum Beispiel Krähen, die mir ausgesprochen gute Laune bereiten – mit der winzigen Einschränkung, dass sie mir noch das Stück Butter schuldig sind, dass sie mir neulich auf dem Balkon vom Frühstücksteller klauten.
Bei Tauben, die mich vom Schlaf oder von der Arbeit abhalten, sieht die Sache anders aus: Ich verabscheue sie. Dabei machen sie, streng genommen, gar nichts Besonderes. Das wenige, das sie tun, erscheint mir allerdings vollständig überflüssig und macht sie in meinen Augen nicht sympathischer als, sagen wir, Stechmücken.