+++ Kolumne "Alles im grünen Bereich" +++
Kürzlich ragte aus der Flut der Corona-News eine Meldung zu der anderen großen Krise unserer Zeit heraus: Allein die bis heute erzeugten Treibhausgase der Menschheit reichen einer neuen Studie zufolge, um die Erde um zusätzliche 2,3 bis 2,8 Grad Celsius aufzuheizen.
Nun ist es nicht verwunderlich, dass der Treibhauseffekt die Atmosphäre weiter aufheizt, selbst wenn wir sofort aufhörten, fossile Brennstoffe zu verfeuern. Denn Treibhausgase sind träge und langlebig. Das Glas des Treibhauses, um im Bild zu bleiben, würde auch bei sofortiger globaler Klimaneutralität nicht aufhören zu existieren.
Der nun errechnete Wert ist allerdings alarmierend, weil er nicht nur deutlich über den Pariser Klimazielen von 2015 liegt, sondern auch deutlich über früheren Schätzungen. Grund dafür sind regional unterschiedliche Erwärmungstrends. Der bislang relativ kühle antarktische Ozean etwa werde sich, so die Autoren, entgegen den Erwartungen mit zeitlicher Verzögerung erwärmen – und dann zur allgemeinen Erderwärmung beitragen.
Bei der Klimaerwärmung ist das Tempo das Problem
Bislang ging man noch von etwa 1,4 Grad unvermeidlicher, zusätzlicher Erwärmung seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts aus – was zumindest noch diesseits der in Paris anvisierten 1,5 Grad Celsius liegt. Und ein Gefühl von „Wir haben noch Zeit“ vermittelt.
Anders als man vermuten könnte, warnen die Autoren nun aber ausdrücklich vor Panik. Im Gegenteil: Eine ihrer zentralen Botschaften ist: Wir können uns Zeit verschaffen, indem wir die Emissionen „so schnell wie möglich“ stoppen und die Erwärmung zeitlich strecken.
Entscheidend sei nämlich nicht so sehr die Erwärmung, sondern vielmehr ihr Tempo. Ein paar Grad Erwärmung, über 100.000 Jahre verteilt, sei keine große Sache, meint Andrew Dessler, Klimaforscher an der Texas A&M University. Aber ein paar Grad in 100 Jahren, das sei „wirklich schlimm“. Denn dann fehle den Gesellschaften die Zeit, um sich anzupassen und möglicherweise technologische Lösungen zu entwickeln.
Seit Beginn der Pandemie haben Kommentatoren nach Parallelen zwischen der Corona- und der Klimakrise gesucht. Hier ist eine weitere – und vielleicht die stärkste. Denn die Botschaft der Forscher lautet in anderen Worten: „Shut down“. Und „Flatten the curve“.