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Der jetzt veröffentlichte Sonderbericht „The Ocean and Cryosphere in a Changing Climate“ des Weltklimarats widmet sich ausschließlich den Auswirkungen der Erderwärmung auf Ozeane und Eismassen – auf dem aktuellen Stand der weltweiten Forschung.
Beispielloser Überblick über den Stand der Forschung
An dem IPCC-Sonderbericht haben mehr als 100 Wissenschaftler mitgearbeitet. Er fasst die Ergebnisse von fast 7000 wissenschaftlichen Studien von Autoren aus 36 Ländern zusammen. Er zeigt, wie dramatisch die Auswirkungen der Erderwärmung heute schon sind. Und was auf uns zukommt.
1. Der Eispanzer der Erde schmilzt immer schneller
Das Meereis der Arktis ist – jeweils gemessen im September – zwischen 1979 und 2018 in jedem Jahrzehnt um rund 13 Prozent geschrumpft. Eine Entwicklung, die für mindestens die vergangenen 1000 Jahre beispiellos ist. Im selben 40-Jahres-Zeitraum ging der Anteil des älteren Eises (fünf Jahre und älter) um 90 Prozent zurück.
Betroffen vom Temperaturanstieg ist auch das Inlandeis: Gemessen im Juni jedes Jahres, ist die Schneedecke der Arktis in den vergangenen fünf Dekaden jeweils um mehr als 13 Prozent zurückgegangen.
Weil die dunkleren Wasser- und Landflächen mehr Sonnenenergie aufnehmen, hat sich die Durchschnittstemperatur in der Arktis mit der doppelten Rate des globalen Durchschnitts erhöht – zumindest in den vergangenen 20 Jahren.
2. Gefrorener Boden mit gigantischem Klimapotenzial
Auch die Permafrostböden der Arktis werden wärmer – mit langfristig katastrophalen Folgen. Denn in den gefrorenen Böden sind mehr als 1460 Gigatonnen Kohlenstoff gebunden. Das ist fast das Doppelte des Kohlenstoffs, der als Kohlendioxid einen Teil der Erdatmosphäre ausmacht. Zudem wächst die Brandgefahr in der wärmer und trockener werdenden Tundra.
3. Meeresspiegel steigt immer schneller
Der durchschnittliche globale Meeresspiegel steigt – nicht nur, weil die Eismassen der Arktis, der Antarktis, aber auch der Gletscher abtauen. Sondern auch, weil sich wärmeres Wasser ausdehnt. Zusammen mit heftigeren Stürmen wächst damit die Gefahr von Überschwemmungen in den Küstenregionen. Bis Ende dieses Jahrhunderts rechnen die Experten (je nach Emissionsszenario) mit einem Anstieg zwischen 43 und 84 und mehr Zentimetern.
Doch wie bei allen Zukunftsszenarien, gibt es auch hier Unsicherheiten. Einen Anstieg um bis zu zwei Meter können Experten nicht ausschließen. In den folgenden Jahrhunderten sind den Experten zufolge auch Anstiege um mehrere Meter möglich.
4. Weniger Leben in immer wärmeren Ozeanen
Auch global gesehen werden die Ozeane wärmer – in den vergangenen 25 Jahren mit verdoppelter Geschwindigkeit. Hitzewellen im Meer sind häufiger, länger und intensiver geworden. Und bis zu 90 Prozent von ihnen sind eindeutig auf das Wirken des Menschen zurückzuführen. Darunter leiden auch so wertvolle Ökosysteme wie Korallenriffe. Besonders dramatisch: Ihre Existenz wäre selbst dann schon gefährdet, wenn es der Menschheit gelänge, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Das gilt heute als unwahrscheinlich.
Der Ozean wird nicht nur wärmer, sondern auch saurer: Seit den 80er Jahren haben die Weltmeere fast ein Drittel des kompletten menschengemachten Kohlendioxids aufgenommen. Das bereitet Kleinstlebewesen Probleme, deren Schalen aus Kalk bestehen – und die ihrerseits die Nahrungsgrundlage größerer Tiere sind.
Nicht nur Korallen und Meeresplankton sind betroffen. Die Gesamtheit des tierischen Lebens in den Ozeanen schrumpft: Bis zum Ende dieses Jahrhunderts, so das IPCC-Papier, könnte die gesamte Biomasse um rund 15 Prozent zurückgehen. Mit dramatischen Konsequenzen für die Fischerei: Die maximalen Fangmengen könnten sogar um bis zu 24 Prozent zurückgehen – eine Entwicklung, die vor allem kleinen Fischer der ärmeren Küstenregionen treffen wird.
Der IPCC nimmt die alarmierenden Ergebnisse zum Anlass, einen entschlossenen Klimaschutz einzufordern: "Wenn wir unsere Emissionen drastisch reduzieren," sagte Hoesung Lee, Vorsitzender des Weltklimarats, "werden die Konsequenzen für die Menschen zwar immer noch herausfordernd sein, aber möglicherweise besser in den Griff zu bekommen für diejenigen, die am verletzlichsten sind."