+++ Kolumne "Alles im grünen Bereich" +++
Zum Wald haben die Deutschen ja ein besonderes Verhältnis. Er gehört zum Deutschsein irgendwie dazu - auch wenn viele gar nicht wissen, was in ihm eigentlich vorgeht. Das hat sich zuletzt geändert: Jetzt schaffen es Fichte und Buche sogar in die 20-Uhr-Nachrichten. Weil sie verdursten. Und weil die geschwächten, sterbenden und toten Bäume ein gefundenes Fressen sind für Borkenkäfer und Co. Forstleute sprechen schon von einem Waldsterben 2.0. Das ruft natürlich auch führende Politiker auf den Plan.
So hat Armin Laschet, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und möglicher Kanzlerkandidat, kürzlich öffentlichkeitswirksam ein staatliches Hilfsprogramm angekündigt. Nicht nur sollen Borkenkäfer bekämpft werden, der Chef der Landesregierung will Waldbesitzern auch dabei helfen, neuen Wald zu pflanzen. Der Zustand der Wälder, so Laschet beim Ortstermin im Forst, mache ihn traurig. Und weil Bäume wichtig sind als lebende Kohlenstoffsenken, will er nun zehn Millionen Euro aus Landesmitteln in Aufforstungen investieren.
Es ist gut, dass Armin Laschet seine Liebe zum Wald entdeckt hat. Noch vor wenigen Monaten allerdings, als es um den Hambacher Wald ging, war davon nichts zu spüren. Da war (und ist es noch heute) das Interesse von RWE wichtiger, die Überreste von Millionen Jahre altem Wald unter dem Hambacher Forst auszubuddeln und zu verbrennen.
Klimaschutz ist Waldschutz
Die Bedeutung der Wälder für das Klima hervorzuheben, mutet vor diesem Hintergrund geradezu zynisch an. Denn mit seiner Pro-Kohle-Politik sorgt Laschet in seinem Bundesland für weiterhin hohe CO2-Emissionen – die ihrerseits die Klimakrise befeuern und so dem Wald zusetzen. Statt jetzt den Wald als Klimaschützer zu promoten, hätte sich Laschet für einen wesentlich früheren Kohleausstieg stark machen sollen.
Denn ohne einen wirksamen Klimaschutz wird der Wald ein Dauerpatient bleiben. Und gut gemeinte Anpflanzungen könnten schon im nächsten Hitze- und Dürrejahr vertrocknen: Millionen Euro an Steuergeldern, zum Fenster hinausgeworfen.
Geradezu klug wirkt im Vergleich dazu ein Vorstoß des bayerischen Ministerpräsidenten Söder. Man mag von der Wandlung des CSU-Manns zum Grünen halten, was man will: Dass der Staatswald nicht mehr in erster Linie dem Geldverdienen dienen soll, klingt weniger populistisch, hat aber bessere Aussichten auf Erfolg. Weil der geschundene Wald dadurch entlastet wird.
Das Waldsterben in Deutschland macht deutlich: Der Wald ist zwar ein Klimaschützer, weil er der Atmosphäre CO2 entzieht und es dauerhaft speichert. Aber er kann das nur tun, wenn er nicht selber unter den Folgen der Klimakrise leidet. Sie muss also zuerst angegangen werden. Und das nicht erst Ende September, wenn das Klimakabinett sein Maßnahmenpaket beschließen will.