Der Weg zu den Suruahá ist beschwerlich. Erst nach zehn Tagen Kanufahrt und Fußmarsch erreichen der deutsche Zahnarzt Roland Garve und der brasilianische Psychologe Mario de Silva ihr Gebiet. De Silva hat acht Jahre lang bei dem Indiovolk gelebt. Als die Indios Mawaxú und Gamkin ihn wieder erkennen, entspannen sie ihre Bögen und legen die Giftpfeile nieder - Mario ist ihr Freund. Garve hat eine große grüne Plastiktonne geschultert - seine mobile Zahnarztpraxis: Mitten im Urwald, auf einem improvisierten "Zahnarztstuhl" aus Ästen und Palmenblättern, behandelt der weiße Dentista die Suruahá. Weil sie ständig Zuckerrohr kauen, haben fast alle schlechte Zähne.
Der Deutsche entfernt mit seinem kleinen Akku-Bohrer Karies, legt Füllungen und zieht zahlreiche Zähne. Dabei wundert er sich, wie schmerzunempfindlich die Indianer offenbar sind. Es mag mit dem graubraunen Pulver zusammenhängen, das die Suruahá, egal welchen Alters, durch einen hohlen Geierknochen schnupfen - die Droge Kumady. Neben diesem Rauschmittel gehört auch der Stoff Cunahá zum Alltag der Indios. Eigentlich ist Cunahá ein Gift zum Töten von Fischen, das aus bestimmten Lianenwurzeln gewonnen wird.


Alle Stammesmitglieder, die älter als 12 Jahre alt sind, haben Cunahá schon selbst ausprobiert - häufig mit tödlichen Folgen: Fast 70 Suruahá sind in den vergangenen zehn Jahren an Cunahá gestorben. Der Anlass für die Selbstmorde ist oft nur eine Kleinigkeit - ein entlaufenes Huhn, eine vermisste Axt. Doch der Tod eines Familienmitglieds wird nicht betrauert wie bei uns. Bei den Suruahà ist das Gift vielmehr ein willkommenes "Vehikel ins Jenseits".
"360° - Die GEO-Reportage" begleitet den deutschen Zahnarzt Dr. Roland Garve zu den Suruahá und geht den mysteriösen Selbstmorden der Amazonas-Indianer nach.