Kritik und gute Ratschläge sind eine knifflige Sache. Angenommen, jemand sagt uns, dass wir weniger Alkohol trinken oder uns gesünder ernähren sollen. Häufig ist unsere Reaktion: Wir gehen in die Defensive. Bitten unser Gegenüber, sich um seinen eigenen Kram zu kümmern. Oder erklären, dass mit unseren Trinkgewohnheiten alles zum Besten steht.
Vor mehr als 30 Jahren entdeckte der US-Psychologe Claude Steele von der Stanford University eine interessante Erklärung für dieses Verhalten: In Wahrheit verteidigen wir durch unsere Abwehr gar nicht unsere geliebten Gewohnheiten, sondern das positive Bild, das wir von uns selbst haben.
Psychologie: Menschen sollen mit der Technik "Selbstbestätigung" offener für Kritik werden
Steele und viele andere Psychologinnen und Psychologen brachte dieser Gedanke auf eine elegante Technik, mit der Menschen offener für Kritik werden. In der Fachsprache nennt man diese Übung eine "Selbstbestätigung". Dabei legt man zum Beispiel Schülerinnen und Schülern eine Liste mit Werten und Tätigkeiten vor und fragt: "Was davon ist dir besonders wichtig?" Zum Beispiel: sportlich sein, Humor haben, Musik, Kunst, Kreativität lieben.
Danach sollen die Kinder in einigen Sätzen aufschreiben, warum ihnen genau die jeweilige Sache so viel bedeutet. Studien haben immer wieder gezeigt, dass Menschen nach solch einer Selbstbestätigung erheblich offener für kritische Kommentare werden.
Die Erklärung: Man besinnt sich dabei auf den positiven Kern des eigenen Selbstbilds. Auf das, was wirklich zählt. Wenn das getan ist, erscheint einem Kritik etwa am Trink- oder Essverhalten weniger bedrohlich. Tatsächlich reduzieren Teilnehmer vieler Studien nach einer solchen Übung ihren Alkoholkonsum, treiben mehr Sport oder essen gesünder.
Sie reagieren also insgesamt besser auf Kritik und mahnende Worte. Der Trick klappt zwar nicht immer und bei jedem, aber häufig. Und dann "können die Effekte der Selbstbestätigungs-Intervention machtvoll sein und lange wirken", erklärt der kalifornische Psychologe David Sherman.