Sie ist derzeit überall zu sehen: Die Regenbogenfahne weht am Flaggenmast von Rathäusern und in Fußballstadien, sie klebt an Eingangstüren von Supermärkten und Bankfilialen, an Bussen und Bahnen. Und sie wird auf den Demonstrationen zum Christopher Street Day geschwenkt. Doch wofür stehen die bunten Streifen eigentlich?
Seit gut 40 Jahren ist sie das Symbol von Schwulen, Lesben, Bi- und Intersexuellen sowie trans* Menschen in aller Welt: 1978 beauftragte Harvey Milk, der erste offen schwule Politiker der USA, den Künstler und Aktivisten Gilbert Baker, ein neues Zeichen für die queere Community zu designen. Bis dahin verwendete die Community teils ein pinkes Dreieck – das Symbol, mit dem die Nationalsozialisten im Dritten Reich homosexuelle Männer im Dritten Reich gekennzeichnet hatten. Baker dagegen sollte nun ein positives, fröhliches Symbol schaffen.
Jede Farbe auf der Flagge hat eine Bedeutung
"Unser Job als schwule Leute war es hinauszugehen, sichtbar zu sein, in Aufrichtigkeit zu leben", sagte Baker später in einem Interview. Deshalb entschied er sich für eine – kaum übersehbare – Flagge: Sie sollte anzeigen: "Das ist wer ich bin!" Auf den Regenbogen kam er, weil dieser nicht nur bunt sei, sondern als Brücke fungiere: eine Verbindung zwischen Menschen überall auf der Welt, die sich zusammengehörig fühlen. In Zeiten von Ausgrenzung und Vorurteilen gegenüber queeren Menschen sollte der Regenbogen ein Zeichen für Aufbruch und Selbstbehauptung sein. Angeblich ließ sich Baker auch von dem Song "Over the Rainbow" inspirieren, den Judy Garland 1939 in "Der Zauberer von Oz" sang.
Also nähte er aus selbstgefärbten Stoffresten für die "Gay and Lesbian Day Parade" in San Francisco das erste Exemplar. Jede Farbe hat eine Bedeutung: Pink steht für Sexualität, Rot steht für das Leben, Orange für Heilung, Gelb für die Sonne, Grün für Natur, Türkis für die Kunst, Blau für Harmonie und Lila für Spiritualität.
Da Pink damals jedoch nicht als Massenware auf Fahnen gedruckt werden konnte, verschwand die Farbe bald von der Flagge. Auch Türkis wurde gestrichen, damit die Fahne eine gerade Zahl an Streifen – nämlich sechs – hatte.
Bakers Fahne erlangte schnell Bekanntheit: Im November 1978 wurde Harvey Milk von einem frustrierten Lokalpolitiker erschossen. Bei einem Protestmarsch im Folgejahr wehte überall die bunte Flagge. Danach entwickelte sie sich zum weltweiten Symbol der LGBTQI+ -Community und wird besonders zum Christopher Street Day (CSD) geschwenkt.
Aber: Regenbogen ist nicht gleich Regenbogen. Bereits 1961 wurde in Italien die ebenfalls bunte Anti-Kriegs-Flagge entworfen. Im Unterschied zur Regenbogenfahne trägt sie den Schriftzug "Pace" ("Friede"). Außerdem ist hier der oberste Streifen Violett und der unterste Rot – bei der LGBTQIA+ -Flagge ist es genau andersherum.
Auch von der klassischen Regenbogenfahne existieren mittlerweile unterschiedliche Varianten: Die sogenannte "Progress Flag" (engl. für Fortschritt) enthält auf der linken Seite einen Keil mit Streifen in hellblau, rosa und weiß für trans* Menschen sowie Streifen in braun und schwarz als Symbol für People of Colour und Indigene. Sie macht also auf Personengruppen, die besonders mit Vorurteilen konfrontiert sind, zusätzlich aufmerksam.