Corona-Situation am 31.03.2020 in Mosambik: Bisher sind 8 Fälle bekannt. Die Dunkelziffer ist vermutlich hoch, für die 30 Millionen Einwohner gibt es nur ein Testlabor. Am 23.3. wurden Kindergärten, Schulen und Universitäten für 30 Tage geschlossen, ebenso Clubs und Theater. Versammlungen von mehr als 50 Menschen sind verboten. Seit dem 27.3. sind die Grenzen zu den Nachbarstaaten zu.
Wie arbeitest du jetzt?
Normalerweise arbeite ich im Nationalpark und bin nur am Wochenende bei meinem Mann und Sohn in der Stadt Chimoio, eineinhalb Stunden entfernt. Jetzt bin ich seit fast zwei Wochen zuhause in Quarantäne. Meine Büroarbeit kann ich am Computer erledigten, aber alle Bildungseinrichtungen, mit denen wir sonst zusammenarbeiten, sind zu.
Wie beschäftigst du deinen Sohn?
Das macht mein Mann. Mein Sohn darf nicht wissen, dass ich zuhause bin: Er würde nicht verstehen, dass ich ihn nicht in den Arm nehmen darf. Wir telefonieren nur miteinander, er glaubt, ich sei im Nationalpark. Mein Zimmer verlasse ich nur, wenn er schläft oder draußen ist. Dann kann ich ihn durchs Fenster beobachten. Dieses Versteckspiel fällt zwar schwer, aber es ist ein Opfer, das wir bringen müssen.
Wie regeln die Schulen den Unterricht?
Bei uns gibt es kein Homeschooling. Die meisten Kinder leben ohne Strom und Internet, für sie sind jetzt quasi Ferien. Sie helfen auf dem Feld oder spielen miteinander. Sie verpassen leider viel Stoff, der kaum aufgeholt werden kann. Das war schon im letzten Jahr so, da hatten wir einen schweren Zyklon und Wahlen.
Was ist die größte Herausforderung für Deine Region?
Es fehlt den Menschen an Informationen. Wir versuchen, sie über Corona aufzuklären, verteilen Alkohol, Desinfektionsmittel und Chlor. Außerdem ist es schwer, Abstand zu halten: In den Bussen teilen sich 25 Leute 15 Plätze. Das Schrecklichste aber wäre ein Lockdown: Viele Menschen sind Selbstversorger. Sie leben von der Hand in den Mund. Wenn sie nicht auf ihre Feldern dürfen, haben sie nichts zu essen.
Wie sieht die gesundheitliche Versorgung aus?
Das einzige Krankenhaus, in dem Covid 19 behandelt werden kann, ist in der Hauptstadt Maputo, 1300 Kilometer von hier.
Habt Ihr Vorräte zu Hause?
Nur das Nötigste. Am 1. April ist meine Quarantäne vorbei, dann kann ich einkaufen. Aber wie ich höre, wird das schon schwierig. Und sicherlich werden bald die Preise steigen: Wir importieren fast alles aus China oder Südafrika.
Was machst du, um das Virus zu vergessen?
Ich arbeite, mache Sportübungen oder ruhe mich aus. Wenn mein Sohn draußen ist, kann ich mich etwas im Haus bewegen. Und ich sehe Serien und Filme. Mit meinem Mann habe ich letzte Woche „Contagion“ geschaut – dreimal! Es gibt so viele Ähnlichkeiten zu unserer jetzigen Situation.
Wovor hast Du Angst?
Vor vielem. Der Regierung fehlt es an Kontrolle und Geld. Corona-Tests gibt es nur für Privilegierte. Und bald beginnt unser Winter, dann bekommen viele Leute die Grippe. Wie sollen sie wissen, ob das nicht vielleicht Covid 19 ist?
Was macht Dir Hoffnung?
Meine Familie. Wir hoffen, dass dies nur eine Phase ist, die wir mit gemeinsamer Kraft durchstehen.
Wenn du an der Macht wärst: Was würdest du jetzt tun?
Ich möchte jetzt nicht in der Haut der Mächtigen stecken, sie tun mir leid. Sie müssen sehr schwierige Entscheidungen treffen. Ohne einen Lockdown gefährden sie Menschenleben, mit einem Lockdown zerstören sie Existenzen. Was ist der richtige Weg? Ich weiß es nicht.
Wie, glaubst du, sieht die Welt nach Corona aus?
Hoffentlich können wir zur Normalität zurückkehren. Aber wenn es bei uns so schlimm wie in Spanien oder Italien wird, weiß ich nicht, wie ein Neuanfang aussehen soll. Wir haben schließlich keine Behandlungsmöglichkeiten.
Wann hast du das letzte Mal herzhaft gelacht?
Vor ein paar Tagen ist unser Sohn drei geworden. Mein Mann hat einen Kuchen gebacken und war mit ihm im Garten. Da hat mein Sohn gefragt: Wo bleiben denn die anderen Leute?
Interview: Ines Possemeyer