Perfektionisten neigen oftmals dazu, ihren Selbstwert nur an ihren Leistungen in einigen wenigen Lebensbereichen festzumachen, in denen es Probleme gibt. Das Führen eines Schwarz-Weiß-Tagebuchs kann dabei helfen, den Blick auf Lebensbereiche zu erweitern, in denen man mit seinen Leistungen zufrieden ist.
Zusätzlich soll es den Blick für Ereignisse öffnen, die einem gut- tun, ohne dass sie mit guter Leistung erarbeitet wurden. Sie wurden einem sozusagen geschenkt. Die alleinige Fokussierung auf Leistung lässt einen hingegen leicht vergessen, das man kein „kompletter Versager“ ist. Der erweiterte Blick macht es leichter, auch das zu akzeptieren, was nicht so gut gelungen ist. Statt sich selbst zu bewerten, kann man auf diese Weise lernen, sich selbst zu akzeptieren.
Nehmen Sie sich dafür eine Woche lang jeden Abend etwa 20 Minuten Zeit:
1. Zunächst notieren Sie eine erste Einschätzung, inwiefern der Tag eher gut oder schlecht verlaufen ist. Wählen Sie eines der sechs Kästchen:
schlecht □ □ □ □ □ □ gut
2. Nun suchen Sie den Tag nach Ereignissen ab, die in drei Kategorien einzuordnen sind: Die zwei ersten Kategorien umfassen Ereignisse, die danach beurteilt werden, ob Ihnen etwas gelungen ist oder nicht. Die dritte Kategorie umfasst Ereignisse, die nicht nach Erfolg oder Misserfolg beurteilt werden können:
- Misserfolg: Was ist Ihnen heute nicht gelungen? Dafür haben Sie maximal etwa fünf Minuten Zeit.
- Erfolg: Was ist Ihnen heute gut gelungen? Nehmen Sie sich dafür etwa zehn Minuten Zeit.
- Was ist heute noch (Schönes und Unschönes) passiert, das sich nicht danach bewerten lässt, ob es ein Erfolg oder Misserfolg war?
Nehmen Sie sich dafür etwa fünf Minuten Zeit.
3. Schließlich werden Sie gebeten, den Tag erneut einzuschätzen:
- Wenn Sie die schlechten und guten Aspekte Ihres Tages Revue passieren lassen, wie würden Sie jetzt Ihr Kreuz setzen?
Mein Tag war:
schlecht □ □ □ □ □ □ gut
Sie lernen, verstärkt auf Erfolge zu achten
Für das Aufschreiben dessen, was gut gelaufen ist und als Erfolg gesehen werden kann, ist doppelt so viel Zeit vorgesehen, wie für das, was schlecht gelaufen ist. Nutzen Sie diese Zeit, um Ihre Fähigkeit zu stärken, auf Erfolge zu achten, auch wenn Ihnen zu diesem Punkt auf Anhieb nicht viel einfallen mag.
Sie werden merken, dass es Ihnen mit der Zeit leichterfallen wird, die Kategorie mit den Erfolgen zu füllen – weil Sie lernen, schon während des Tages verstärkt auf Erfolge zu achten.
Zu Beginn mag Ihnen diese Suche nach „dem Guten“ künstlich und auch irgendwie anstrengend vorkommen. Auch das Erkennen von Ereignissen, die weder als Erfolg noch als Misserfolg bewertet werden können, mag ungewohnt sein. Das ist ganz normal! Haben Sie schon einmal versucht, mit Stäbchen zu essen?
Dem Schwarzen etwas Weiß beimischen
Das kommt einem anfangs auch ziemlich künstlich und anstrengend vor. Im Gegensatz zum Essen mit Messer und Gabel muss man sich darauf konzentrieren. In der Regel klappt es am Anfang nicht besonders gut. Aber mit der Zeit und mit ein bisschen Übung funktioniert es immer besser und kann einem sogar ein gutes Gefühl geben, weil man etwas Neues dazugelernt hat.
Mit dem Schwarz-Weiß-Tagebuch ist das ähnlich. Es hilft, am Ende eines Tages nicht komplett schwarzzusehen, indem es Sie dabei unterstützt, dem Schwarzen etwas Weiß beizumischen.