Heimatliebe Eine Ode an Soest im Herzen Westfalens

Großer Teich
Der Blick über den Großen Teich auf die Fachwerkhäuser und den Patrokli-Dom ist ein beliebtes Fotomotiv in Soest
© Sina Ettmer / Adobe Stock
Unsere Autorin ist im westfälischen Soest aufgewachsen. Beim Heimaturlaub spürt sie noch immer eine tiefe Verbundenheit mit der Stadt – und gibt Tipps für alle, die auch mal hinwollen

"Nächster Halt: Soest" – wenn diese Worte im Zug erklingen, macht mein Herz kurz einen Hüpfer. Denn in der nordrhein-westfälischen Kleinstadt mit knapp 50.000 Einwohnern bin ich aufgewachsen. Und obwohl mein Zuhause längst die Großstadt ist, wird Soest immer meine Heimat sein. Ein Ort, an den ich stets gern zurückkehre, wo Familie und Freunde auf mich warten und das Gefühl: Hier bin ich immer willkommen, egal, wie lange ich weg war. 

Wenn sich die Zugtüren piepsend öffnen und ich mitsamt Koffer auf den Bahnsteig trete, nehme ich immer zuerst einen tiefen Atemzug "Kleinstadtluft". Im Herbst und im Winter ist sie frisch und kühl, ich rieche die Bäume des angrenzenden Parks, im Sommer das frisch gemähte Gras. Ich höre die Krähen, die rund um den Bahnhof ein Zuhause gefunden haben. Und spüre, wie mich eine Ruhe durchströmt. 

Fachwerkhäuser und Grünsandsteinkirchen

Im Vergleich zu Hamburg ticken die Uhren in Soest etwas langsamer. Kein Großstadtverkehr, kein ständiges Hupen, keine unzähligen Baustellen. Stattdessen genieße ich es, im elterlichen Garten zu sitzen oder eine Fahrradtour durch die angrenzenden Felder zu machen. 

Ich empfand Soest mit seinen Fachwerkhäusern, den Grünsandsteinkirchen und den roten Rathausbögen schon immer als eine schöne Stadt. Doch seit ich dort nicht mehr wohne, fällt mir umso mehr auf, wie lebens- und liebenswert dieses Fleckchen Erde ist. Deshalb empfehle ich jedem, Soest und Umgebung einen Besuch abzustatten. Zuvor sollte man allerdings eines wissen: Auch wenn "o" und "e" oft "ö" ergeben, Soest wird mit einem langen "o" gesprochen: "Soost". Wer das beherzigt, macht bei den Einheimischen einen guten Eindruck. Und wer vor seinem Besuch noch den Wetterbericht checken möchte, sollte unbedingt das "richtige" Soest auswählen. Es existiert nämlich noch ein gleichnamiges Äquivalent in den Niederlanden, auch ich lande beim Tippen manchmal in der falschen Stadt. 

Meine Lieblingsorte 

Meine Heimat liegt in Nordrhein-Westfalen, geografisch günstig zwischen Sauerland, Ruhrgebiet und Münsterland. Soest ist eine Hansestadt mit langer Geschichte, fast 400 Jahre älter als fast alle mitteleuropäischen Städte. Erst in diesem Jahr wurde das 1400-jährige Jubiläum der erstmaligen Erwähnung des Stadtnamens gefeiert.

Großer Teich Soest
Der liebste Ausblick unserer Autorin ist der über den Großen Teich auf die Teichsmühle, dahinter die Kirche St. Maria zur Wiese
© Gero Sliwa / www.so-ist-soest.de

Wer Lust auf die Geschichte Soests hat, sollte unbedingt eine Stadtführung buchen. Aber auch allein lässt sich die Stadt entdecken. Infos zu den Sehenswürdigkeiten gibt es bei der Touristeninformation am Großen Teich. Das Gebäude selbst beherbergt ein altes Mühlrad. 

Der angrenzende Große Teich ist einer meiner Lieblingsorte, von hier hat man einen tollen Blick über das Wasser, die Teichsmühle und die Kirchen. Eine Gasse führt zum Vreithof. Der kleine Platz ist umgeben von Fachwerkhäusern mit Cafés und Geschäften. Im Sommer genießt man hier einen Kaffee oder ein leckeres Frühstück zum Beispiel im "Café am Dom" oder Café "Zum kleinen Häuschen". 

Vreithof Soest
In den kleinen Cafés am Vreithof kann man wunderbar frühstücken
© ArTo / Adobe Stock

Weiter führt der Weg rund um das Rathaus mit seiner rosa Fassade auf der einen und den roten Torbögen auf der anderen Seite. Direkt daneben befinden sich zwei historische Kirchen, erbaut aus dem für Soest typischen Grünsandstein: der katholische Patrokli-Dom und die evangelische Petrikirche. Zu Stadtfesten sowie an Adventswochenenden kann man den Turm der Petrikirche auch besichtigen. Insgesamt hat Soest sieben Kirchen – alle sind einen Besuch wert. St. Maria zur Wiese wird sogar gerne mit dem Kölner Dom verglichen, es besteht durchaus eine gewisse Ähnlichkeit.

Kulinarisches Soest

Auf dem Marktplatz ist immer viel Betrieb. Hier befindet sich seit Jahrzehnten das Eiscafé "Venezia", dessen Spaghetti-Eis ich schon als Kind geliebt habe. Besonders empfehlenswert ist aber auch das Eis der "Eismanufaktur". Die Eisdiele wurde 2024 vom Genussmagazin "Falstaff" zur beliebtesten Eisdiele in NRW gekürt. Am Abend sitzt man im Restaurant des Hotels "Zum Wilden Mann" oder nimmt einen Cocktail in der "Lamäng Brasserie". Pizza gibt es zum Beispiel bei "Da Dano" oder bei "ANNO Pizzeria Napoletana". 

Markplatz Soest mit Fachwerkhäusern
Typische Fachwerkhäuser auf dem Soester Marktplatz, rechts das Hotel "Zum Wilden Mann"
© Sina Ettmer / Adobe Stock

Wer gutbürgerliche deutsche Küche sucht, macht einen Abstecher ins "Brauhaus Zwiebel". Die einzige Soester Brauerei, die noch eigenes Bier herstellt. Ebenfalls empfehlenswert: das Gasthaus "Brauerei Christ". Hier wird zwar längst kein Bier mehr gebraut, dafür handelt es sich aber um eine der ältesten Gaststätten Westfalens – von 1638. Drinnen in dem Fachwerkhaus sitzt man gemütlich und im Sommer auch besonders schön draußen in dem begrünten Biergarten im Hinterhof. Wenn wir Gäste haben, reservieren wir dort meist einen Tisch. 

Wer sich ein Stück aus dem Stadtkern herauswagt, stellt fest, dass Soest noch heute von den Resten seiner Stadtmauer umgeben ist. Über die Wälle, die einst zum Schutz vor Feinden dienten, führt heute ein Spazierweg, schön zu jeder Jahreszeit. Jetzt im Herbst wandert man zwischen bunten Bäumen umher, das abgeworfene Laub raschelt unter den Schuhsohlen. Auf diesem Weg kommt man am Kattenturm vorbei, einem der noch erhaltenen ehemaligen Wehrtürme. Und immer wieder fällt der Blick in die Gräfte, den angrenzenden historischen Graben, der heute begrünt ist. Der Ringgraben führt fast einmal um die Stadt herum und lohnt sich ebenfalls für einen Spaziergang, zum Joggen oder Fahrradfahren.

Ausflugsziele in der Umgebung

Möhnesee Sperrmauer
Entspannung am Wasser im Umland von Soest: Blick von der Sperrmauer des Möhnesees in Günne 
© Олександр Луценко / Adobe Stock

Was ich an meiner Heimat liebe, ist die Kombination aus Stadt und Land. Denn auch die Gegend rund um Soest hat einiges zu bieten. Mein Lieblingsziel ist der Möhnesee im angrenzenden Sauerland. Hier kann man über die Sperrmauer in Günne wandern mit einem Blick auf den See zur linken und das Tal zur rechten Seite. Wanderwege führen zudem in den Naturpark Arnsberger Wald. Auch Schiffstouren werden angeboten.

Ein Ausflug in den Seepark in Körbecke lohnt sich ebenfalls. Im Sommer zum Schwimmen, Tretboote-Ausleihen und Adventure-Golf-Spielen – eine Minigolf-Variante, bei der die Bahnen mitten durch die Natur führen – zum Beispiel über einen Bachlauf oder grüne Wiesen. Wer zum Baden Sand bevorzugt, findet ein Stück weiter das "Uferlos", ein Strandbad mit Beachbar, das im Sommer tolle Sonnenuntergänge bietet und zu einer Erfrischung im kühlen Wasser einlädt. 

Im Sauerland lohnt sich besonders für Familien auch das Bilsteintal mit seiner Tropfsteinhöhle und dem angrenzenden Wildpark. Für alle, die Lust auf eine Radtour haben, empfehle ich rund um Soest zudem das flachere Lippetal. Seine Ahsewiesen sind Heimat einer reichen Tierwelt. Hier brüten rund 80 Vogelarten jährlich und bis zu 150 Vogelarten können beobachtet werden. 

Zur Ruhe kommen

Während die einen Entspannung in der Natur finden, kommen andere bei Wellness zur Ruhe: Etwa im Schwimmbad "Aquafun" mit seiner Saunalandschaft aus kleinen Hütten und einem Saunagarten mit Teich.

Kleiner und ruhiger ist die Bördetherme im Kurort Bad Sassendorf, ebenfalls mit Saunalandschaft. Der Besuch lässt sich gut mit einem Spaziergang durch den angrenzenden Kurpark mit seinem Gradierwerk verbinden. Hier rieselt Sole über Schwarzdorn-Äste, was zu einer besonders guten Luft führen soll. 

Die Soester Allerheiligenkirmes

Allerheiligenkirmes
Immer im November findet die Allerheiligenkirmes statt, für viele Soester die "fünfte Jahreszeit"
© Gero Sliwa QRFoto / www.so-ist-soest.de

Neben seiner reichen Geschichte und Natur darf ein Soester Event nicht unerwähnt bleiben. Für mich und viele Soesterinnen das Highlight des Jahres und aus gutem Grund als "fünfte Jahreszeit" bezeichnet: die Soester Allerheiligenkirmes. Es handelt sich um die größte Innenstadtkirmes Europas, die immer Anfang November nach Allerheiligen stattfindet.

Wenn Buden und Karussells zwischen Fachwerkhäusern und Kirchen in den Gassen aufgebaut werden, ist die Vorfreude auf die "fünf Tage Trubel" in der Stadt zu spüren, wahre Soester gehen bei jedem Wetter hin. Aus ganz Deutschland kommen jährlich etwa eine Million Besucher in die Stadt, um zu feiern, Karussell zu fahren und den Duft von Zuckerwatte und Popcorn zu genießen.

Nicht fehlen darf dabei das typische "Bullenauge" – der Mokkalikör mit einem Schuss Sahne verdankt den Namen seinem Aussehen. Das auch als Souvenir beliebte Getränk wird an diversen Ständen ausgeschenkt. Wer keinen Mokkalikör mag, macht einen Abstecher zu "Amelunxen". Der Imker Heinrich Amelunxen ist in Soest längst ein Prominenter. An seinem Kirmesstand schenkt er Honigschnaps aus, gönnt sich auch selbst immer wieder einen Schluck und unterhält die Kundschaft mit Gesang. Kein Abend vergeht dabei ohne den Song "Drei weiße Tauben". Für mich jedes Jahr ein Muss.

Jetzt ist wieder Kirmeszeit, ich kann es kaum erwarten, bis es heißt "Nächster Halt: Soest", sich die Zugtüren piepsend öffnen und ich den ersten Atemzug Soester Luft nehmen kann – dieses Mal gemischt mit dem süßen Duft von Popcorn und Zuckerwatte. Dann weiß ich: Ich bin zu Hause. 

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