Borkenkäfer haben in der Forstwirtschaft keinen guten Ruf. Denn ihre Larven zerstören unter der Rinde die Lebensadern eines Baumes – und lassen ihn schließlich absterben. Wo die Fichte kränkelt, besonders offensichtlich in den Nationalparks Harz und Schwarzwald, macht der Borkenkäfer ihr den Garaus.
Dennoch: Die Käfer sind möglicherweise zu Unrecht als "Schadinsekten" in Verruf geraten. Sie nützen dem Wald nämlich auch – indem sie die Artenvielfalt befördern. Das konnten jetzt Forschende der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) nachweisen.
Das Team untersuchte anhand von Daten aus fast 30 Jahren insbesondere, wie sich das Vorkommen von Borkenkäfern auf die Bestände von drei Spechtarten auswirkt. Das Ergebnis der im Fachjournal "Journal of Animal Ecology" veröffentlichten Studie: Nach einem starken Borkenkäferbefall gibt es mehr Spechte im Wald. Ein Effekt, der bis zu neun Jahre anhält, besonders bei den Dreizehenspechten (Picoides tridactylus). Der Grund dafür ist der Studie zufolge das Totholz, das die Spechte als Nahrungsreservoir oder für ihre Schutz- und Nisthöhlen nutzen.
Zwar sei schon bekannt gewesen, dass Dreizehenspechte von einem größeren Borkenkäferangebot profitieren. Unklar war jedoch bislang, ob der positive Einfluss auf die Vogelpopulation auf das Nahrungsangebot oder auf das Totholz zurückgeht. "Die Forschungsarbeit zeigt den Wert von langfristiger Wissenschaft, die oft schwierig zu finanzieren ist", erklärt Marco Basile, Ökologe und Vogelexperte in einer Pressemitteilung des WSL. "Diese Daten helfen uns, ökologische Fragen zu beantworten, die wir mit kurzfristigen Studien von ein oder zwei Jahren nicht beantworten könnten."
Borkenkäfer helfen auch weiteren Arten im Wald
Mit ihren fast drei Jahrzehnte zurückreichenden Daten konnten die Forschenden nicht nur zeigen, dass das zusätzliche Angebot an Totholz einen positiven Effekt auf die Spechtpopulationen hat. Denn die Höhlen, die die "Zimmerleute des Waldes" in das morsche Holz meißeln, helfen weiteren Spezies, die auf die Vorarbeit von Spechten angewiesen sind. Darunter Wespen, Bienen, Käfer, Fledermäuse, kleine Säugetiere und Eichhörnchen.
Die Forschungsergebnisse aus der Schweiz dürften auf mitteleuropäische Wälder, auch deutsche, übertragbar sein. Tatsächlich ist die Bedeutung von Totholz für die Artenvielfalt und die Waldgesundheit schon länger bekannt. So sind mehr als 2000 in Deutschland heimische Pilzarten auf Totholz angewiesen. Und auch größere Säugetiere, wie die seltene Wildkatze, nutzen häufig bodennahe Baumhöhlen oder Baumstämme als Kinderstube.