Gartenschläfer, auch Bilche genannt, gab es einst überall in Deutschland. Heute sind sie so selten, dass kaum jemand einmal eines der etwa faustgroßen Nagetiere mit der unverwechselbaren Augenmaske gesehen hat. Innerhalb weniger Jahre ist die Art in vielen Regionen sehr selten geworden – oder ganz verschwunden. Deutschlandweit ist die Spezies mittlerweile laut der Roten Liste der bedrohten Arten "stark gefährdet". Liegt es an fehlender Nahrung? Dezimieren Krankheiten oder Fressfeinde den Bestand?
Über die Gründe für das plötzliche Verschwinden konnten Biolog*innen und Umweltschützer*innen bislang nur spekulieren. Darum machten sich der BUND, Wissenschaftler*innen der Uni Gießen und Genetiker*innen der Senckenberg Gesellschaft, unterstützt von hunderten Ehrenamtlichen, vor fünf Jahren gemeinsam auf die Spurensuche.
Gartenschläfern fehlt es an Lebensräumen und Nahrung
Nun liegen die ersten Ergebnisse auf dem Tisch: Dem typischen Bewohner der waldreichen Mittelgebirge fehlt es demnach an geeigneten Lebensräumen. Das Waldsterben infolge der Dürrejahre in Verbindung mit der intensiven Forstwirtschaft habe seine Spuren hinterlassen, erklärt Johannes Lang, Wildtierbiologe der Uni Gießen und Gartenschläfer-Experte für den BUND. "Es fehlt an Nahrung, insbesondere an Insekten, einer der Nahrungsgrundlagen der Gartenschläfer, sowie an Versteck- und Rückzugsmöglichkeiten."
Auffällig: Während die Expert*innen in den Mittelgebirgen aktuell ein Aussterben beobachten, ist der Nager in einigen Städten im Südwesten des Landes immer noch "recht häufig" anzutreffen.
Auch in Städten schrumpfen die Lebensräume
Doch die Flucht in die Städte könnte sich für den Bilch als Sackgasse erweisen. Denn auch hier schwinden die geeigneten Lebensräume durch den Verlust von Stadtnatur und durch die Nachverdichtung der Bebauung. Zudem verenden Gartenschläfer auch an Rattengift und Pestiziden.
Auf der Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse will der BUND nun für das Wildtier des Jahres 2023 aktiv werden: "Wir wollen gemeinsam mit Freiwilligen für diese und viele andere Arten wieder Rückzugsräume schaffen, etwa durch Pflanzungen, durch das Zulassen von verwilderten Flächen oder konkret durch das Anbieten von Nistkästen", sagt Mechthild Klocke, Projektleiterin der "Spurensuche Gartenschläfer". Allein in diesem Winter sollen im Rahmen des Projekts mehr als 12.000 Büsche und Bäume gepflanzt und 1000 Nistkästen aufgehängt werden. "Wir wollen zeigen, wie sich jede und jeder – ob privat oder beruflich – für das Überleben des Gartenschläfers und damit für die Artenvielfalt in Deutschland einsetzen kann."
Was Gartenbesitzer*innen tun können
Je verwilderter und naturnäher der Garten, heißt es auf der Projekt-Homepage, desto attraktiver ist er für den Gartenschläfer. In Hecken, Wildblumenwiesen, Staudenbeeten und Obstgärten findet er alles, was er zum Leben braucht – vor allem Insekten, Würmer, Schnecken, Früchte, Samen und Knospen. Wichtig ist darüber hinaus, dass der Schlafmaus-freundliche Garten frei von Pestiziden und Rattengift ist. Auch offene Regentonnen werden den Bilchen immer wieder zum Verhängnis; sie sollten darum abgedeckt werden. Und wer handwerklich etwas begabt ist, kann nach dieser Bauanleitung einen Nistkasten für die bedrohten Nager bauen.