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Gemüsegarten Peter Wohlleben erklärt: Wie Familien zu Selbstversorgern werden

Peter Wohlleben
Mit Kohlsorten hatten wir jahrelang Pech: Kaum bilden sich die ersten kleinen Köpfe, nagen bereits die Raupen von Kohlweißlingen an ihnen. Erst seit wir Neemöl als Pflanzenschutz einsetzen, hält sich die Plage in Grenzen
© Ramon Haindl
Auf einem Gehöft in der Eifel führe ich ein Leben als Teilzeit-Selbstversorger – und erfreue mich an reichlich frischem Gemüse und Obst in Bio-Qualität

Vor fast drei Jahrzehnten sind meine Familie und ich in ein altes Forsthaus gezogen, in Hümmel in der Eifel. Ich hatte als Förster die Stelle des Re­vierleiters übernommen. Das Gehöft besteht aus einem typischen Eifelhaus der 1930er Jahre, einem Nebengebäude mit Ställen sowie einem 5000 Qua­dratmeter großen Garten. Traditionell versorgten die Förster sich früher teil­weise selbst mit Lebensmitteln. Das wollten auch wir so halten. 

Hinzu kam, dass eine Lebensmittelkrise die nächste jagte: BSE, Pesti­zide im Gemüse, Massentierhaltung. Uns verging mit jeder Nachricht im­mer mehr der Appetit auf industriell erzeugte Nah­rung. Der Gemüsegarten wuchs deshalb im Laufe der Jahre auf 300 Quad­ratmeter. 

Zu den ersten zwei Apfelbäumen gesellten sich Kirschbäume, Pflau­menbäume und Beeren­sträucher. Den Hühnern folgten Kaninchen sowie Schafe und Ziegen. Inzwi­schen ernähren wir uns allerdings rein vegeta­risch. 

All das kostet natür­lich enorm viel Zeit. Wir rechnen mit knapp zwei Stunden pro Person und Tag, sodass wir auf maxi­mal 20 Prozent Eigen­anteil an Lebensmitteln kommen. Das klingt we­nig, aber wir haben den­noch täglich rund ums Jahr eigene Produkte auf dem Tisch. Im Sommer arbeiten wir natürlich mehr draußen, da fällt der Fernsehabend schon mal aus. Aber das zahlt sich im Winterhalbjahr in Form eingemachter Le­bensmittel mehrfach wie­ der aus. 

Vielfalt für jedermann 

Wer allzu viel Aufwand scheut, sollte auf Kartof­feln setzen, das Grund­nahrungsmittel von Selbstversorgern. Pro Quadrat­meter lassen sich zwei Kilo Ertrag erzielen, und durch den hohen Stärke­anteil ist der Nährwert hoch. Bei uns ist daher ei­nes von vier Beeten für Kartoffeln reserviert – mit gut 60 Quadratmetern decken wir unseren kom­pletten Bedarf. 

Peter Wohlleben im Gewächshaus
Kürbisse, Zwie- beln, Tomaten, Zucchini – all das wächst im Frei- land oder im Gewächshaus. Unser Saatgut beziehen wir aus Biobetrieben
© Ramon Haindl

Als etwas ungewöhnli­cheres Gemüse kann ich Pastinaken für den Eigen­anbau empfehlen. Die großen Rüben erinnern vom Geruch her an Möh­ren, vom Laub dagegen an glatte, überdimensio­nale Petersilie. Gekocht verwandelt sich das Ge­müse geschmacklich in eine Mischung aus Kar­toffeln und Möhren. Pastinaken enthalten aller­dings Substanzen, die fototoxische Reaktionen hervorrufen. Wir wussten das im ersten Anbaujahr nicht und haben uns bei der Entfernung des Laubs von den Rüben unbeabsichtigt Saft auf die Arme geträufelt, was zu schmerzhaften „Verbrennungen“ führte. 

Anfangs hat man bei der Gemüsezucht zudem oft ein zu großes Sicher­heitsbedürfnis. Man kauft etwa ein Tütchen Zuc­chini­-Samen, da sind acht Stück drin, die alle ge­pflanzt werden. Eigent­lich reichen aber ein oder zwei Pflanzen für den Ei­genbedarf. Plötzlich hat man eine Riesenmen­ge Zucchini. Man verar­beitet dann die größten zuerst, die schon ein we­nig holzig sind. Die klei­nen, schmackhaften lässt man noch dran, aber eine Woche später sind die auch groß und holzig. 

Ein anderer Tipp sind Dicke Bohnen. Nicht je­der mag sie, aber sie sind sehr robust, vertra­gen leichten Frost und ei­nen verregneten Sommer. Außerdem liefern sie hohe Erträge, und das schon recht früh im Jahr, sodass sich danach noch anderes pflanzen lässt. 

Täglich frische Beeren 

Unser Lieblingsobst sind Erdbeeren. Die schme­cken gut und sind viel­seitig. Um unseren Bedarf an Früchten, Milchshakes, Marmelade und Eis zu de­cken, bewirtschaften wir 24 laufende Meter Erdbeerreihen. Davon kön­nen wir in der Erntesaison täglich zwei Kilo Früchte pflücken. 

Auch ein Kräutergar­ten ist eine Selbstverständ­lichkeit für uns, denn Kräuter aus dem eigenen Garten schmecken beson­ders gut. Das liegt vor al­lem daran, dass viele Ge­schmacks­ und Geruchs­stoffe flüchtig und daher in erntefrischer Ware be­sonders hoch konzentriert sind. Da Kräuter aber über Jahre an demselben Standort stehen, würden sie im normalen Beet die Fruchtfolge stören. Des­ halb ist es sinnvoll, ein ei­ genes kleines Areal dafür vorzusehen. Um auch im Winter zumindest Schnitt­lauch ernten zu können und im Frühjahr zeitig etwas für den Salat zu haben, reservieren wir immer einen Teil unse­res kleinen Gewächshau­ses für Kräuter.

Längst nicht jeder hat so einen großen Garten wie wir. Doch auch in ei­nem Schrebergarten las­sen sich substanzielle Ern­ten erzeugen. Man sollte allerdings auf die Frucht­ folge achten, weil man die Kulturen jährlich wechseln muss, um den Boden nicht zu sehr aus­zulaugen.

Man fängt beispiels­weise mit Radieschen an, im Mai kommen Kartof­feln und danach Winter­rüben oder Feldsalatsor­ten. So lässt sich auf einer Fläche bis zu drei Mal im Jahr ernten.

Peter Wohlleben
Anstelle von Roggen und Weizen bauen wir jetzt Mais an – der reift, ohne dass Vögel ihn plündern
© Ramon Haindl

Wem nur ein Balkon zur Verfügung steht, der stößt mengenmäßig na­türlich an Grenzen, aber die Freude ist nicht weni­ger groß. Erdbeeren und Tomaten gehen immer, etwas außergewöhnlicher sind Kürbisse und Melo­nen. Beides lässt sich in Maurerkübeln heranzie­hen, die sind groß, preis­ wert und bruchfest.

Selbst Mais funktio­niert auf dem Balkon, er ist allerdings ein Windbe­stäuber, man braucht also mehrere Pflanzen. Nicht zuletzt ist Mais sehr deko­rativ – die Nachbarn wer­ den staunen.

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