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Noch sieht es im Garten trostlos aus, aber die Temperaturen klettern schon in den zweistelligen Bereich, und die ersten Frühblüher sprießen: Krokusse, Winterlinge, Maiglöckchen ... Und manchen Hobbygärtner packt auch wieder die Lust, den Garten zu gestalten, einen kleinen Teich anzulegen, eine Sitzecke für Sommerabende zu planen, selbst anzupacken, in schwarzer Erde zu wühlen und auszusäen. Prima! Aber dann doch bitte gleich so, dass auch Insekten und Vögel etwas davon haben, meint der Biologe und Gartenfreund Uwe Westphal.
"Umwelt- und Artenschutz finden nicht irgendwo statt - sondern vor der eigenen Haustür", sagt Westphal. "Und ein natürlicher Garten ist nicht nur für viele wild lebende Tiere, sondern auch für den Menschen ein artgerechter Lebensraum." Aber worauf muss man achten, wenn man seinen Garten naturnah gestalten möchte?
Bepflanzung: Strukturreichtum statt Monotonie
Das große Plus eines naturnahen Gartens ist die Abwechslung. Denn Strukturreichtum macht für viele Tiere den ganz besonderen Reiz einer Garten-"Landschaft" aus. Die Monotonie aus kurz geschorenem, sortenreinem Rasen, geharkten Beeten und gepflasterten Wegen dagegen bietet kaum Lebensraum und Nahrung.
Wo sich auf kleinem Raum Stauden- und Gemüsebeete, Grasflächen, Einzelbäume, Hecken und dichte Gebüsche abwechseln, fühlen sich Zaunkönig, Mönchsgrasmücke und Heckenbraunelle wohl. Auch Wasserflächen im Bottich auf dem Balkon oder als Teich im Garten ziehen viele Tiere magisch an. Und wirken beruhigend auf menschliche Betrachter.
Ein bisschen Unordnung darf sein. So kann man zum Beispiel Gartenabfälle wie Reisig und Totholz an geeigneter Stelle aufschichten, statt sie lärm- und energieintensiv zu schreddern. "Wenn man sie mit Geißblatt, Brombeere, Klettenlabkraut oder Wildrose überwuchern lässt, können sie sehr natürlich wirken - wie ein dichtes Gebüsch", sagt Uwe Westphal. Zudem bieten sie auch "Zaungästen" wie Igel, Kröten und Mauswiesel Unterschlupf.
Rasenpflege: Weniger ist mehr
Auch der Rasen, Ruhepunkt fast jedes Gartens, lässt sich mit wenig Aufwand naturnah gestalten. Einfach die Schnitthöhe beim Rasenmäher etwas höher einstellen, nicht düngen oder vertikutieren und nicht so oft mähen, rät Westphal. Das spart Zeit und schafft Raum für Blumen, die nährstoffarme Böden bevorzugen.
Ein weiterer wichtiger Punkt: Verwenden Sie, wenn möglich, heimische Pflanzen. Dieser Tipp von Uwe Westphal hat nichts mit Nationalismus zu tun - sondern mit den Ernährungsgewohnheiten von Raupen und Gartenvögeln: Die meisten Schmetterlingsraupen sind hoch spezialisiert, viele Arten fressen nur an einer einzigen Futterpflanze.
Und das sind nicht etwa die Exoten, die wir wegen ihrer bunten Blüten gerne kultivieren. Die Forsythie etwa, Schmuck vieler Vorgärten, ist für Insekten "komplett wertlos", erklärt der Experte: "Kein Nektar, keine Früchte - das ist totes Grün."
Insekten: heimische Pflanzenarten begehrt
Nicht viel besser: der oft gepflanzte Weiße Hartriegel (Cornus alba), der mit seinen Früchten nur drei Vogel-Spezies ernährt. Warum also nicht den heimischen Roten Hartriegel (Cornus sanguinea) nehmen, dessen Früchte immerhin 24 Vogelarten zu schätzen wissen? Oder statt des Chinesischen (nur für eine einzige Vogelart interessant) den einheimischen Wacholder verwenden, dessen Beeren immerhin 43 Vogelarten schmecken. Der wunderschöne Sommerflieder (Buddleja), der noch im Spätsommer mit seinem betörenden Duft Scharen von Faltern und anderen Insekten anlockt, bietet zwar Nektar in verschwenderischer Fülle - aber kein Futter für Raupen.
Brennnesseln sind zwar nicht gerade das Highlight eines "ordentlichen" Gartens - aber als Futterpflanzen zahlreicher Schmetterlinge unverzichtbar. Oder der Beifuß, eine Pflanze, die sonnige Wegränder bevorzugt und vielen Allergikern ein Begriff ist: Sie dient immerhin 180 Insektenarten als Nahrungsquelle. Und die dienen wiederum als Lebensgrundlage für die Insektenfresser unter den Gartenvögeln.
Düngen: Pestizide und Torf sind Tabu
Ein lebendiger Boden ist wichtig für die Artenvielfalt. Wer mit Laubsauger und Pestiziden totem und lebendigem, unerwünschtem Pflanzenmaterial zu Leibe rückt, nimmt Klein- und Kleinstlebewesen am und im Boden und in Bodennähe die Lebensgrundlage. Und damit die Lebensgrundlage für höher entwickelte Lebewesen in der Nahrungskette. Also ruhig mal etwas Laub liegen lassen! Und die Überreste von Stauden erst im Frühjahr entfernen. Vögel finden im Winter an den abgeblühten Samenständen und den Stängeln pflanzliche und tierische Nahrung.
Wer glaubt, seinen Boden "verbessern" zu müssen, sollte es mit Kompost tun. Nicht mit Torf. Torf, sagt Westphal, verbessert den Boden - entgegen landläufiger Meinung - überhaupt nicht. Und gehört ausschließlich ins Moor. Der Torfabbau zerstört wertvolle Biotope und treibt den Klimawandel voran.
Für Azaleen oder Rhododendren empfiehlt Westphal Rindenmulch. Achtung: Auch in Blumenerde ist meist Torf enthalten. Also im Bau- oder Gartenmarkt auf torffreie Produkte achten. Ganz allgemein rät Westphal: "Wenn der Standort es nicht hergibt, sollte man auf Exoten ganz verzichten."
Hilfreiche Links zum Thema Naturgarten
- Die Fotos zu diesem Artikel wurden im Naturgarten des Nabu Hamburg aufgenommen. Mehr dazu: hamburg.nabu.de/projekte/garten
- Informationen vom Nabu Hamburg für das natürliche Gärtnern: hamburg.nabu.de/projekte/garten/gartentipps
- Hier gibt es weitere Tipps und Bezugsquellen für den Naturgarten: www.Naturgarten.org