
Lebensmittelverschwendung beginnt bereits auf dem Feld. Zu krumme, zu knollige, zu dünne und zu dicke Feldfrüchte bleiben jedes Jahr tonnenweise auf den Äckern liegen, weil sie nicht der Handelsnorm oder dem Schönheitsideal des Verbrauchers entsprechen. Bis zur Hälfte der Ernte wird aussortiert: der Preis der Perfektion.
Der Discounter Penny will dem nun entgegenwirken. Ab kommender Woche verkauft die Rewe-Tochter in seinem Bio-Sortiment der Eigenmarke „Naturgut“ ein gutes Dutzend Produkte (darunter Kartoffeln, Karotten, Gurken und Äpfel), die es bislang wegen optischer Makel nicht den Weg in die Regale schafften.
"Genauso geschmackvoll wie ihre uniformen Geschwister"
"Bio-Landwirte sollen auch äußerlich nicht perfekte Erzeugnisse in den Handel bringen können, statt sie unter ihrem Wert in die industrielle Weiterverarbeitung geben zu müssen", so Penny-Chef Jan Kunath. Einen Preisnachlass werde es auf die als „Bio-Helden“ vermarkteten Produkte daher nicht geben. Sie werden zusammen mit dem herkömmlichen Obst und Gemüse verpackt, ohne dabei eigens gekennzeichnet zu werden.
Wie viel Obst und Gemüse mit Schönheitsfehlern dabei ist, hänge von Saison und Witterung ab und ist nicht vorgeschrieben. "Das bedeutet also nicht, dass künftig automatisch jede zweite Kartoffel im Netz einen Makel hat", sagte Jochen Baab, Mitglied der Geschäftsleitung von Penny. Ziel sei es, dass die Kunden darauf möglichst bald gar nicht mehr achten. „Denn fest steht: Die Naturgut Bio-Helden sind qualitativ einwandfrei und genauso geschmackvoll wie ihre uniformen Geschwister.“ Bis zu 40 Millionen Packungen mit zweibeinige Möhren oder verwachsenen Kartoffeln will der Discounter binnen eines Jahres unter die Leute bringen.
Auch die Konkurrenz wird offener für krummes Gemüse
Verbraucherschützer begrüßen den Vorstoß: „Vor allem Äpfel müssen häufig behandelt werden, auch im Bio-Bereich mit den erlaubten Mitteln. Wenn die Erzeuger das nicht tun, werden sie ihre Ware nicht los“, erklärte Silke Schwartau, Lebensmittelexpertin der Verbraucherzentrale Hamburg, gegenüber dem Kölner Stadt-Anzeiger.
Auch andere Ketten testen bereits mit krummem Gemüse. Aldi Nord etwa habe bei Produkten aus ökologischem Anbau „eine höhere Toleranz bezüglich Form, Ausfärbung oder der äußeren Beschaffenheit“, betonte eine Sprecherin gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Bei anderen Supermärkten wie Edeka oder Netto gab es zumindest schon zeitlich befristete Verkaufsaktionen für Obst und Gemüse mit Schönheitsfehlern.