
Die Aufregung ums Pferdefleisch in der Lasagne ist längst vergessen, drei Jahre liegt der Skandal zurück. Das tiefer liegende Problem, der systematische Lebensmittelbetrug, ist nicht gelöst. Zwischen 2011 und 2016 beschlagnahmten Interpol und Europol in fünf konzertierten Aktionen auf fünf Kontinenten mehr als 30 Millionen Kilogramm falsch deklarierte Lebensmittel. Darunter allein 31 Tonnen tiefgefrorene, wieder aufgetaute und als frisch ausgewiesene Fische in Italien, deren Verwesung die Betrüger mit Säure, Phosphat und Wasserstoff gestoppt hatten. Darüber hinaus 275 000 Liter Getränke, Wein, Wodka und Whisky, dazu in einer Fabrik in Großbritannien 20 000 leere Flaschen mit Markenetiketten, die mit billigem Fusel gefüllt werden sollten. Gleich daneben befand sich eine Osmose-Anlage, die die Farbe von Chemikalien aus dem falschen Wodka filtern sollte.

Jährlicher Schaden von bis zu 13 Milliarden Euro
"Menschen werden sehr ernsthaften Gesundheitsrisiken ausgesetzt, um die kriminelle Gier zu befriedigen", so ein Beamter von Interpol. Wie dieser gefährliche Betrug effektiv bekämpft werden kann, ist nicht ersichtlich. In der EU ist bislang nicht einmal juristisch geklärt, wo Produktoptimierung aufhört und Lebensmittelbetrug beginnt. Entsprechend schwer fällt es den Behörden, das Ausmaß des Problems zu benennen. Sicher sei nur, dass Olivenöl, Fisch, Bio- Lebensmittel, Milch, Kaffee, Wein und Fruchtsaft in besonderem Maße betroffen seien. Das deckt sich zwar grob mit den Erkenntnissen von US-Wissenschaftlern, die in einer Datenbank alle in den USA bekannten Fälle seit 1980 versammelt haben (siehe Grafik). Am jährlichen Schaden von bis zu 13 Milliarden Euro, die der Betrug die Lebensmittelbranche weltweit kostet, dürfte die Liste aber wenig ändern.
Je teurer ein Produkt, desto lukrativer der Betrug. Die Tricks:
1. Minderwertige Produkte werden falsch etikettiert (Olivenöl, Edelfisch, Spirituosen).
2. Der Proteingehalt wird manipuliert, etwa durch Zugabe von Billigeiweiß zu Rindfleisch oder Stickstoff zur Milch.
3. Hochkonzentrierte Produkte werden verdünnt (Apfelsaft, Milch und Gewürze, insbesondere der teure Safran, der mit Stärke, Zwiebeln oder gar gefärbtem Gras gestreckt wird).
4. Der Fettgehalt wird erhöht (Milchprodukte, Öl).
5. Die Süße wird künstlich gesteigert (Honig, Ahornsirup, Saftkonzentrate).