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Die Germanen Leseprobe: Zeitläufte - Die Germanen

Fast ein Jahrtausend lang bestimmten die Germanen die Geschichte unseres Kontinents. Alle wichtigen Daten und Fakten über den Aufstieg der rätselhaften Völkerschar im Überblick

Inhaltsverzeichnis

Lesen Sie einen Ausschnitt aus GEOEPOCHE Nr. 34 "Die Germanen":

Ab 600 v. Chr.

Zwischen Weser und Ostsee entwickelt sich die Jastorf-Kultur – nach Ansicht vieler Wissenschaftler die Keimzelle

der späteren germanischen Stämme. Wahrscheinlich zur gleichen Zeit entsteht aus der gemeinsamen Sprache

vieler Bewohner Mitteleuropas (zu denen auch die weiter südlich lebenden Kelten gehören) das Urgermanische. Die Menschen der Jastorf-Kultur beginnen damit, kleine Geräte aus Eisen zu schmieden; dieses Metall verdrängt langsam die weichere Bronze.

Die Menschen leben verstreut auf Bauernhöfen oder in kleinen Dörfern und wirtschaften für ihren Eigenbedarf. Technisch sind sie vergleichsweise rückständig; alle schwieriger zu produzierenden Güter, wie Waffen aus Eisen sowie Glas oder Goldschmiedearbeiten, müssen von den fortschrittlicheren Kelten importiert werden.

Um 325 v. Chr.

Der griechische Entdecker Pytheas von Massalia unternimmt eine Schiffsexpedition zur Erforschung Nordwesteuropas. Er ist der erste antike Abenteurer, der sich so weit in den Norden vorwagt und von den dortigen Völkern berichtet. So erwähnt er auch die an der Nordseeküste siedelnden Stämme der Guionen und Teutonen – möglicherweise Germanen.

Die Germanen: Dieser Kriegshelm gehörte einem alamannischen Fürsten, dessen Grab Archäologen südlich von Stuttgart gefunden haben
Dieser Kriegshelm gehörte einem alamannischen Fürsten, dessen Grab Archäologen südlich von Stuttgart gefunden haben
© Groebbels, Gammertingen

120 v. Chr.

Die Kimbern verlassen ihre Heimat in Jütland, vermutlich, weil Sturmfluten ihre Äcker und Dörfer verwüstet haben. Auch Teutonen, Ambronen und weitere Germanen schließen sich der Suche nach Siedlungsplätzen an. Als der Zug sich dem Gebiet der Römer nähert, senden die Truppen, die jedoch mehrmals unterliegen. So fallen in der Schlacht von Arausio in der heutigen Provence 105 v. Chr. rund 80 000 Legionäre.

Drei Jahre später, nachdem die Kimbern bis auf die Iberische Halbinsel gezogen sind und zusammen mit den Teutonen weite Teile Galliens verwüstet haben, rüsten die Germanen zum Sturm auf Italien: Der Treck teilt sich und dringt von zwei Seiten vor. Doch in der Schlacht bei Aquae Sextiae (Aix-en-Provence) werden die Teutonen und Ambronen von den Römern unter der Führung von Gaius Marius vernichtet. Am 30. Juli 101 v. Chr. besiegen die Römer in der Po-Ebene auch die Kimbern. Doch der Schock, dass Barbaren bis nach Oberitalien eindringen konnten, sitzt tief.

Um 80 v. Chr.

Der griechische Geschichtsschreiber Poseidonios von Apameia berichtet über einen kleinen Stamm am Rhein, der wilder sei als die Kelten: Die Menschen würden „zum Frühstück gliederweise gebratenes Fleisch genießen und dazu Milch und den Wein ungemischt trinken“. Poseidonios bezeichnet die Gruppe als germanoí und verwendet damit als erster antiker Autor diesen Begriff. Tatsächlich jedoch handelt es sich bei dem beschriebenen Stamm wahrscheinlich um Kelten.

Um 72 v. Chr.

Größere Gruppen von Germanen überschreiten den Rhein und lassen sich im Elsass nieder. Anführer dieser Verbände, die später zusammenfassend als Sueben bezeichnet werden, ist der König Ariovist.

58 v. Chr.

Während ihres Eroberungsfeldzugs in dem von Kelten bewohnten Gallien treffen die Truppen des römischen Feldherrn Gaius Julius Caesar auf Verbände der Sueben. Im September kommt es im Elsass zur Schlacht; ein Großteil der

Germanen wird getötet. Nur wenige, unter ihnen Ariovist, retten sich über den Rhein.

55 v. Chr.

Zwei germanische Stämme, die Usipeten und Tenkterer, flüchten vor Angriffen anderer Germanen über den Rhein nach Gallien. Verhandlungen mit den Römern über Siedlungsgebiete scheitern. Caesar greift daraufhin die Eindringlinge an. Von angeblich 430 000 Usipeten und Tenkterern sterben die meisten. Fliehenden, die jenseits des Flusses Zuflucht suchen, setzt Caesar nach; zu diesem Zweck lässt er eine Brücke bauen: Erstmals betreten römische Truppen das rechtsrheinische Germanien, wo sie zahlreiche Dörfer und Gehöfte in Brand setzen.

53 v. Chr.

Als Sueben aufständischen Galliern

zu Hilfe eilen wollen, lässt Caesar eine zweite Brücke über den Rhein schlagen. Die Germanen

weichen daraufhin zurück.

51 v. Chr.

Gallien wird nach der Niederschlagung kleiner Aufstände endgültig römisch. Nun markiert der Rhein die Grenze zwischen dem römischen Imperium und dem unbesetzten Germanien.

Um 50 v. Chr.

In Rom erscheinen die „Commentarii de bello Gallico“, Caesars Berichte vom Gallischen Krieg. Darin widmet der Feldherr den Völkern rechts des Rheins ausführliche Exkurse und gibt ihnen einen gemeinsamen Namen: Germanen. Doch die Germanen selbst verwenden diese Bezeichnung nicht. Denn die Stämme unterscheiden sich kulturell, besitzen weder ein Zusammengehörigkeitsgefühl noch politische Zentralstrukturen. Wichtigstes Bindeglied ist ihre gemeinsame Sprache.

19 v. Chr. - 77

19 v. Chr.

Marcus Vipsanius Agrippa, römischer Statthalter in Gallien, siedelt die Ubier auf deren Wunsch auf

die linke Rheinseite bei Köln um. Dieser Germanenstamm ist bereits seit dem Gallischen Krieg Caesars mit dem

Imperium verbündet. In ihrer neuen Heimat werden die Ubier rasch romanisiert – sie übernehmen römische Sitten und Bauweisen; zumindest die Eliten lernen Latein.

16 v. Chr.

Nach einer verheerenden Niederlage des gallischen Statthalters Marcus Lollius gegen die Sugambrer beschließt Kaiser Augustus (regiert 31 v. Chr. bis 14 n. Chr.), offensiv ins Feindesland vorzustoßen. Zuvor waren germanische Stämme über Jahre immer wieder in die römischen Provinzen eingedrungen.

12 v. Chr.

Nero Claudius Drusus, Stiefsohn von Kaiser Augustus, greift die Stämme zwischen Rhein und Elbe an und unterwirft unter anderem Cherusker und Brukterer. Nach dessen Tod 9 v. Chr. setzt Drusus’ Bruder Tiberius den Krieg fort. Um die Sugambrer besser kontrollieren zu können, siedelt er sie auf der linken Rheinseite an – in jenem Gebiet, das sie zuvor immer wieder geplündert haben.

1 n. Chr.

Unruhen erschüttern Germanien. Tiberius, Oberbefehlshaber der Truppen im Norden, schlägt diese auf weiteren großen Feldzügen nieder. 4 n. Chr. zieht er von der Rheinmündung über die Flüsse Lippe und Ems bis zur Weser und lässt neue Legionslager errichten. Zwei Jahre später betrachten die Römer das Gebiet bis zur Weser, möglicherweise sogar bis an die Elbe, als befriedet. Im Inneren Germaniens entstehen römische Städte wie Waldgirmes an der Lahn, wo Germanen und Römer miteinander Handel treiben.

5

Der Markomanne Marbod, einer von nur wenigen frühen Germanenherrschern, die den Königstitel tragen, ist auf dem Höhepunkt seiner Macht. Sein in Ansätzen zentralistisch strukturiertes Reich erstreckt sich von seinem Kernland, den Landschaften Böhmen und Mähren, bis an die Ostsee; seine Streitmacht umfasst 70 000 Fuß- und 4000 Reitersoldaten.

7

Der Politiker und Feldherr Publius Quinctilius Varus wird Oberbefehlshaber der Truppen in Germanien. Er führt dort römische Verwaltungsstrukturen ein. Angesichts dessen ist es wahrscheinlich, dass die Römer das germanische Gebiet nun als Provinz und damit offiziell als Teil des Imperiums betrachten – wobei die Quellen nicht eindeutig sind.

9

Die römische Expansion im Barbarengebiet wird jäh unterbrochen. Am saltus teutoburgiensis (ob dieser Ort mit dem heutigen Teutoburger Wald gleichzusetzen ist, ist in der Forschung umstritten) gerät der Feldherr Varus mit drei Legionen in einen Hinterhalt germanischer Krieger, die der Cherusker Arminius anführt. Ein Großteil der mehr als 10 000 Römer stirbt in einer mehrtägigen Schlacht, ihr Befehlshaber stürzt sich in sein Schwert. Anschließend überrennen Germanen römische Lager zwischen Weser und Rhein. In Rom fürchtet man einen Sturm auf die Rheingrenze – doch der bleibt aus.

13

Nero Claudius Germanicus übernimmt das Oberkommando der römischen Truppen am Rhein. Nach vereinzelten Vorstößen startet er im Jahr 15 einen groß angelegten Angriffskrieg im Barbarenland. Nicht immer gehen die Römer siegreich aus den Schlachten hervor, mehrfach erleiden sie immense Verluste. Daher zieht Kaiser Tiberius

(14–37) im Jahr 16 alle Legionen aus Germanien ab.

17

Nach dem Rückzug der Römer brechen schon lange schwelende innergermanische Konflikte offen aus. In einer großen Schlacht treffen die rivalisierenden Fürsten Arminius und Marbod mit ihren jeweiligen Verbündeten aufeinander. Marbods Heer wird erheblich geschwächt; im folgenden Jahr stürzt ihn ein mit ihm rivalisierender markomannischer Adeliger. Arminius wird drei Jahre später von Verwandten ermordet.

28

Friesen rebellieren in den heutigen Niederlanden gegen die von Rom geforderten Tributzahlungen: Sie sollen der Armee besonders hochwertige Ochsenhäute liefern. Legionäre schlagen den Aufstand unter schweren Verlusten nieder.

50

Die Römer gründen die Stadt Colonia Claudia Ara Agrippinensium (Köln). Die Bevölkerung besteht unter anderem aus Angehörigen des linksrheinischen Stammes der Ubier – romanisierten Germanen. Etwa zur gleichen Zeit fallen Chatten und Chauken mehrfach in Gallien ein.

69

Nachdem Machtkämpfe um den römischen Kaiserthron das Imperium in eine Krise gestürzt haben, erheben sich die Bataver, bislang treue Verbündete Roms, die sogar die Leibgarde der Kaiser stellten. Auch Gallier schließen sich der Revolte an. Die Aufständischen unter ihrem Anführer Julius Civilis brennen Legionslager nieder und rufen sogar ein eigenes Reich aus. Erst nach mehr als einem Jahr gelingt es römischen Soldaten, die Rebellion niederzuschlagen.

70

Wiederaufnahme der römischen Expansion im südlichen Teil des freien Germanien. Legionäre besetzen das Land zwischen Rhein und Donau. Wenige Jahre später unternimmt Kaiser Domitian (81–96) mehrere Feldzüge gegen die Chatten, einen der größten Germanenstämme.

77

In seinem enzyklopädischen, 37 Bände umfassenden Werk über die Naturgeschichte beschreibt Gaius Plinius Secundus der Ältere die Geographie Nord- und Osteuropas und liefert eine Übersicht über die Völker Germaniens. Er unterscheidet fünf Hauptstämme und berichtet über ihre Essgewohnheiten, Kleider sowie Bodenschätze des Landes.

Den gesamten Text finden Sie in GEOEPOCHE Nr. 34 "Die Germanen".

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GEO EPOCHE Nr. 34 - 12/08 - Die Germanen

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