Der Ausbau der Windkraft spielt bei der Umstellung von fossilen auf erneuerbare Energien eine entscheidende Rolle. Doch neue Windparks stoßen oft auf Widerstand in der Bevölkerung. Welche Rolle dabei falsche oder irreführende Informationen über Windenergieanlagen spielen, darüber war bislang wenig bekannt. Nun haben Forschende aus Deutschland und Australien in repräsentativen Umfragen untersucht, welchen Aussagen Menschen in den USA, Australien, Großbritannien und in Deutschland zustimmen. In allen diesen Ländern, so erklären die Forschenden, haben die fossilen Energien bislang eine große Rolle bei der Energieversorgung gespielt. Gleichzeitig kommt den Erneuerbaren, vor allem der Windkraft, hier eine immer größere Rolle zu.
20 Prozent der Befragten halten Windkraft für ein Gesundheitsrisiko
Das Ergebnis der im Fachmagazin "Nature Communications" veröffentlichten Studie ist ernüchternd: Etwa jeder fünfte Befragte stimmte demnach zu, dass Geräusche von Windkraftanlagen ein Risiko für die menschliche Gesundheit darstellen. Dabei ist nach heutigem Stand der Forschung die These, dass der sogenannte Infraschall sich drehender Rotorblätter krank machen könne, nicht haltbar. In den USA glaubt jeder fünfte Befragte sogar, dass die elektrischen Leitungen von Windkraftanlagen Krebs verursachen.
Noch mehr Zustimmung erhielt die Aussage, dass die Regierung Informationen über Windkraft zurückhalte oder – zusammen mit der Wissenschaft – Informationen manipuliere. Etwa 40 Prozent der Befragten waren laut den Umfragen dieser Ansicht. Nur in Deutschland sei die Zustimmung etwas geringer gewesen, schreiben die Autorinnen und Autoren der Studie.
"Überrascht hat uns, dass die Zustimmung zu thematisch sehr unterschiedlichen falschen Aussagen von denselben Personen kam", erklärt Kai Sassenberg vom Leibniz-Institut für Psychologie in Trier laut einer Pressemitteilung. Glaubt jemand, dass Windräder krank machen können, wird er oder sie auch eher der Aussage zustimmen, Windkraft rentiere sich ökonomisch nicht. Kaum überraschend, führen solche Überzeugungen dazu, dass Menschen dem Ausbau der Windkraft skeptisch gegenüberstehen und eher bereit sind, sich auch aktiv gegen den Bau von Windrädern zu engagieren.
Wer zu Verschwörungstheorien neigt, glaubt eher Falschaussagen zur Windkraft
Besonders besorgniserregend: Die Auswertung der Umfragen zeigte, dass fundierte wissenschaftliche Kenntnisse die Zustimmung zu falschen oder irreführenden Behauptungen kaum verringert. Und dass der Grad der Bildung überhaupt keine Rolle spielt. "Es dürfte schwierig sein, Falschinformationen allein durch das Bereitstellen von Fakten zu begegnen, solange diese nicht ins Weltbild der Menschen passen", resümiert Kevin Winter von der Universität Hohenheim.
"Windparkgegnerschaft (ist) ein Mainstream-Phänomen, das in den Weltanschauungen der Menschen verwurzelt ist und eine Herausforderung für Kommunikatoren und Institutionen darstellt, die sich für eine Beschleunigung der Energiewende einsetzen", resümieren die Autorinnen und Autoren der Studie. Und bestätigen damit das Ergebnis einer Studie aus dem Jahr 2022, nach der die Neigung, an Verschwörungstheorien zu glauben – die sogenannte Verschwörungsmentalität – weitaus eher eine ablehnende Haltung gegenüber der Windkraft erklärt als politischer Konservatismus oder mangelnde Bildung.
Doch die Forschenden skizzieren auch eine Lösung: die Aussicht auf private Vorteile. Finanzielle Anreize zu setzen, etwa durch die Möglichkeit, sich selbst an Windkraftparks zu beteiligen, könne die Einstellung gegenüber der Windkraft positiv beeinflussen.