Jemen Entstehung der Huthi-Miliz: Wer war der Mann, der der Bewegung seinen Namen gab?

Porträt von Hussein Badreddin al-Huthi
Hussein Badreddin al-Huthi gründete "Ansar Allah", eine poltitische Bewegung mit militärischem Arm, um gegen die Regierung im Jemen zu kämpfen. Nach dem frühen Tod ihres Anführers benannten sich die Rebellen nach ihm: Huthi
© Bridgeman Images
Offiziell bezeichnen sich die Huthi-Rebellen als "Anhänger Gottes". Ihre Bewegung geht auf Hussein Badreddin al-Huthi zurück. Er stammte aus einer hoch angesehenen Familie, führte jahrelang den Widerstand gegen die offizielle jemenitische Regierung an – und wurde gnadenlos gejagt

Die Verlautbarung des jemenitischen Innen- und Verteidigungsministeriums war nur wenige Zeilen lang. Sie wurde im September 2004 in die Welt hinausgeschickt. "Heute endeten alle Militär- und Sicherheitsoperationen zur Niederschlagung der Rebellion des so genannten Hussein al-Huthi und seiner Anhänger mit der Ermordung von Huthi und einer Reihe seiner Helfer", hieß es in der Erklärung. 

Hussein Badreddin al-Huthi war tot, getötet von jemenitischen Sicherheitskräften. Die von ihm angeführten Proteste allerdings hörten nicht auf. Seine Anhänger machten weiter. Sie benannten sich um, nach ihrem Führer und dem Begründer ihrer Bewegung: "Huthi". Bis heute kämpfen sie im jemenitischen Bürgerkrieg und sind nun auch Kriegspartei in Israel, beschießen Frachter im Roten Meer. 

Wer war der Mann, der der Bewegung seinen Namen gab? 

Seit über 1000 Jahren herschten Zaiditen im Norden Jemens

In den Wochen vor seinem Tod hatte sich Hussein al-Huthi mit mehreren Männern in Höhlen nahe der Grenze zu Saudi-Arabien versteckt. Die jemenitische Regierung hatte auf ihn ein Kopfgeld von 75.000 US-Dollar ausgesetzt. Ihm wurde vorgeworfen, religiöse Zentren ohne Lizenz errichtet, eine bewaffnete Gruppe namens "Gläubige Jugend" gegründet und antiamerikanische Proteste organisiert zu haben. Al-Huthi hatte kurz gesagt eine Rebellion gegen den jemenitischen Präsidenten Ali Abdullah Saleh angezettelt. Dabei war er selbst ein paar Jahre lang Mitglied des jemenitischen Parlaments gewesen. 

Hussein Badreddin al-Huthi wurde 1959 in der Region Marran in eine hoch angesehene Familie hineingeboren. Sein Vater war ein prominenter Geistlicher, die Familie lebte im Nordosten Jemens. Dort herrschten schon seit mehr als 1000 Jahren Imame der Zaiditen, eine Rechtsschule innerhalb des schiitischen Islams. Im Jemen stellen die Zaiditen ein gutes Drittel der gesamten Bevölkerung. Al-Huthi und seine Vorfahren waren immer Angehörige dieser Rechtsschule gewesen. 

Huthi Rebellen, Jemen
Die Huthi-Miliz wird inzwischen von Brüdern Hussein al-Huthis angeführt. Nach einem militärischen Training marschieren die Milizen Ende Februar mit schweren Waffen durch die Stadt Sanaa und skandieren pro-palästinensische Slogans
© Anadolu / picture alliance

Als 1962 der letzte zaiditische Imam im Norden Jemens von der Regierung gestürzt wurde, brach ein Bürgerkrieg aus: Eine Jemenitische Arabische Republik im Norden kämpfte gegen einen kommunistischen Einheitsstaat nach sowjetischem Vorbild im Süden. 

1990 hatte sich dieser Konflikt zwischenzeitlich beruhigt, der Norden und der Süden Jemens feierten eine "Wiedervereinigung". Hussein Badreddin al-Huthi war zu einem jungen Mann herangewachsen – ein überzeugter Zaidit mit politischen Ambitionen. Die zaiditischen Stämme im Norden fühlten sich weiterhin abgehängt und unterdrückt. 

Al-Huthi bricht mit seiner Partei - sie ist ihm nicht radikal genug

Al-Huthi wurde Mitglied der Zaiditen-Partei "Al-Haqq" (Die Wahrheit) und saß in den 1990er-Jahren für die Partei im jemenitischen Parlament. Bald aber zogen "Al-Haqq" und dessen prominentester Abgeordneter al-Huthi den Zorn des Präsidenten Ali Abdullah Saleh auf sich. Die Partei hatte die erneute Teilung des Landes unterstützt. Hussein al-Huthi musste fliehen.

Wenig ist darüber bekannt, wie und wo al-Huthi die folgenden Monate verbrachte. Angeblich zog er zunächst nach Syrien und dann in den Iran, wo er wohl in der heiligen schiitischen Stadt Ghom lebte. 

Er tauchte für die Öffentlichkeit erst wieder auf, als er in den Jemen zurückkehrte. Er brach mit "Al-Haqq". Seiner Meinung nach war die Partei nicht radikal genug, um die Regierung herauszufordern – und den Zaiditen wieder mehr Selbstbestimmung zu geben. Al-Huthi hatte schon Jahre zuvor die "Gläubige Jugend" gegründet, nun führte er eine aggressivere Form des Zaiditen-Aktivismus an. Es entstand "Ansar Allah" ("Anhänger Gottes"), eine politische Bewegung mit militärischem Flügel. Und Hussein al-Huthi war ihr Anführer. Tatsächlich gelang es ihm, eine schlagkräftige Bewegung aufzubauen.

 

Die Spannungen zwischen "Ansar Allah" und der jemenitischen Regierung nahmen Anfang der 2000er-Jahre erheblich zu. Jemens Präsident Saleh unterstützte 2003 die US-amerikanische Invasion des Irak. Al-Huthis Anhänger demonstrierten und skandierten "Tod für Amerika". Sie protestierten gegen die Regierung, gegen Israel. Im Juni 2004 erließ die Regierung einen Haftbefehl gegen Hussein al-Huthi. Seine Anhänger reagierten mit Angriffen auf Regierungstruppen. 

Am 18. Juni 2004 verhaftete die jemenitische Polizei 640 von Al-Huthis Anhängern, die vor der Großen Moschee von Sanaa demonstrierten. Zwei Tage später setzte die jemenitische Regierung ein Kopfgeld von 55.000 US-Dollar für seine Gefangennahme aus.

Im Juli töteten Streitkräfte der jemenitischen Armee 25 Mitglieder von "Ansar Allah", das Kopfgeld für al-Huthi wurde auf 75.000 US-Dollar erhöht. Und im September schließlich veröffentlichte das Ministerium die Meldung, Hussein al-Huthi sei bei der versuchten Gefangennahme getötet worden. Er starb in der Provinz Marran, in der zaiditischen Heimat, in der er auch geboren worden war. 

"Ansar-Allah" benannte sich um – in "Huthi", in Erinnerung an den Tod des Anführers. Die Kontrolle über diese Bewegung übernahmen nach dem Tod Hussein al-Huthis zunächst sein Vater Badreddin al-Huthi und nach dessen Tod weitere seiner Söhne. Die Huthis sind nun ein Familienprojekt.